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Kultur

Yeom Sang-seop: „Vor dem 1. März“ (1924) – Teil 2

2023-03-07

ⓒ Getty Images Bank

Als ich aus der Seitenstraße herauskam, tauchte eine schmale Gasse auf, die zum Strand führte. Dort stand ein zweistöckiges Haus im japanischen Stil, schäbig und planlos gebaut. Es sah nicht aus, als gehöre es einem Koreaner, aber die, die dort ein- und ausgingen, waren eindeutig Koreaner. Schon auf den ersten Blick war klar, dass es sich um einen Ort mit schlechten Ruf handelte, wie man in Hafenvierteln oft vorfindet. 

Ich ging wieder auf die Hauptstraße hinaus und suchte in verschiedenen Gassen nach einem Restaurant. Ich wollte ein Lokal, in dem Kimchi verkauft wurde. Aber ich konnte kein einziges koreanisches Restaurant finden. Das Komische war, dass in diesem kleinen, überfüllten Viertel mehr als die Hälfte der Menschen auf der Straße Koreaner waren. 

Ich fragte mich, wo all diese Menschen nachts hingingen. Gleichzeitig machte ich mir Gedanken über das Schicksal dieser armen, in weiß gekleideten Menschen. 



Gemieden zu werden ist besser als geschlagen zu werden! Wie wahr. 

Wenn du sie mit deinen verrückten, albernen Streichen zum Lachen bringst, kannst du wenigstens vermeiden, verfolgt zu werden. 

Angst, Vorsicht, Verstellung, Unterwerfung, Unterjochung... All das zu vermeiden, ist der hilfreichste und weiseste Überlebensplan für einen Koreaner. Ehrlich gesagt, haben wir diese Lebensphilosophie nicht erst jetzt erkannt. Unser Leben bestand darin, uns immer tiefer in die dicke, verhärtete Haut einzugraben, die sich unter dem langjährigen Feudalismus und der bürokratischen Diktatur gebildet hatte. 



Das ist der öffentliche Friedhof! Diese erbärmlichen Menschen haben Angst, dass sie auf einen öffentlichen Friedhof kommen, obwohl sie schon jetzt auf einem öffentlichen Friedhof leben. Maden krabbeln überall auf den Gräbern herum. Jeder ist eine Made. Du bist eine Made, ich bin eine Made. Aber selbst dort würde die Evolution ohne Unterbrechung weitergehen. Es gibt das Überleben des Stärkeren und die natürliche Auslese. Sie werden darum streiten, wer stärker ist. Aber die Maden werden sich bald auflösen und zu kleinen Teilchen und Staub werden, um in meinen Mund und deine Nase zu gelangen. Und wenn du und ich sterben, werden bald auch wir zu Maden, die zu kleinen Teilchen und Staub werden. 

Stirb einfach! Verschwinde! Verrotte! Wenn die Entscheidung erst einmal gefallen ist, wird vielleicht etwas Nützliches dabei herauskommen.




Yeom Sang-seop (1897-1963): „Vor dem 1. März“ (1924) – Teil 2  

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