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Lifestyle

Koreanische Krankenversicherung: Geschichte und Leistungen

#Sie fragen, wir antworten l 2018-07-28

Hörerecke

ⓒ Getty Images Bank

Q: Zuletzt haben Sie ausführlich über die medizinische Versorgung auf dem Land berichtet. Da scheint man in Korea ja sehr proaktiv zu reagieren. In Deutschland geht die Krankenversicherung schon auf Bismarckche Zeiten zurück. Wie alt ist das koreanische Krankenversicherungssystem? Wie umfassend ist der Versicherungsschutz?


A: Deutschland kann sich rühmen, das älteste soziale Krankenversicherungssystem der Welt zu besitzen, es wurde am 15. Juni 1883 erlassen und hatte weltweit Vorbildcharakter. Verglichen damit ist das koreanische Krankenversicherungs- und Gesundheitssystem noch vergleichsweise jung. Mit der Befreiung von der japanischen Kolonialherrschaft 1945 starteten die Amerikaner erste Gesundheitsprogramme in Korea, wobei der Fokus auf der Prävention von Krankheiten lag. Ein Beispiel: 1945 wurde das Joseon Quarantäne-Labor eingerichtet, das einen Cholera-Impfstoff entwickelte. 1954, nach dem Koreakrieg, folgten weitere Impfprogramme gegen Pocken, Diphterie, Keuchhusten, Typhus, Tuberkulose und Polio. 


Zurück ins Jahr 1946: Damals wurde in Seoul das erste moderne Gesundheitszentrum des Landes gebaut. 1948 wurde zwar eine Nationale Gesundheitsorganisation eingerichtet, sie bestand aber mehr oder weniger nur auf dem Papier. Während des Koreakriegs von 1950-1953 wurden alle medizinischen Einrichtungen und Ausstattungen zerstört. Das Land war zu arm, um von staatlicher Seite aus ein umfassendes und gut funktionierendes öffentliches Gesundheitssystem aufbauen zu können, wie es zu dieser Zeit in Westeuropa schon weit verbreitet war. Hochwertigere medizinische Dienstleistungen standen nur dem betuchteren Teil der Bevölkerung zur Verfügung, die Masse musste sich mit schlecht ausgestatteten öffentlichen Gesundheitseinrichtungen zufriedengeben. 


Erst 1980 wurde ein Gesetz erlassen, dass in den entlegeneren Landwirtschafts- und Fischergemeinden des Landes, die bis dahin von der medizinischen Versorgung so gut wie ganz abgeschnitten waren, vor Ort Gesundheitszentren eingerichtet wurden. Und erst 1977 wurde für die Angestellten der großen koreanischen Konglomerate ein Krankenversicherungssystem auf den Weg gebracht. 1979 wurde der Versicherungsschutz dann auf Beamte, Professoren und Lehrer ausgeweitet. Es dauerte aber noch bis 1989, bis die gesamte koreanische Bevölkerung krankenversichert war. 


Bis heute gilt, dass die Krankenversicherung nicht alle Kosten übernimmt. Dabei orientiert sich der jeweilige Anteilsbetrag des Versicherten an 10 Einkommensstufen. Im Schnitt muss der krankenversicherte Patient 30% der Kosten für Behandlung, Krankenhausaufenthalt und Medikamente selbst tragen. Sobald er zu Fachärzten oder in ein Krankenhaus geht, steigt der Eigenanteil. Je nach Niveau des Krankenhauses - also allgemeines Krankenhaus, Spezialklinik, Universitätsklinik usw. - ist der Eigenanteil für die jeweilige Behandlung oder OP ebenfalls unterschiedlich. Das System an sich ist kompliziert und für den Laien schwer verständlich, da es einfach zu viele Variablen gibt, die Einfluss darauf haben, was man bei einer Behandlung letztendlich zu zahlen hat. 


Ein Beispiel für die Kosten: Bei einem Orthopäden mit eigener Privatpraxis bezahlt man für Konsultation, Rezeptausstellung und grundlegende physiotherapeutische Behandlung einen Eigenanteil von 13.000 Won, rund zehn Euro, am Samstag sind es 13.500 Won. Für die für 4 Tage in der Apotheke abgepackten Medikamente kommen dann noch mal 2 bis 3.000 Won, rund 2 Euro, hinzu. Glücklich kann sich in Korea derjenige schätzen, der in der Verwandtschaft Ärzte und damit Beziehungen hat. Auch Kranksein muss man sich leisten können, weshalb bis heute Ärzte begehrte Schwiegertöchter und Schwiegersöhne sind. 

Heutzutage ist es gerade mit Blick auf die höhere Lebenserwartung in Korea üblich geworden, dass diejenigen, die es sich leisten können, private Zusatzversicherungen abschließen, die im Fall der Fälle einspringen, v.a. bei chronischen oder schweren Krankheiten wie Krebs, Diabetes, aber auch bei Zahnersatz usw.

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