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Nordkorea

Die Kaffee- und Tee-Kultur in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-01-19

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank

Der Kaffeegenuss ist heute in Südkorea ein fester Bestandteil der allgemeinenen Lebenskultur. Aber auch Tee wird nach wie vor viel getrunken. Wie sieht es damit in Nordkorea aus? Dazu sagt Jeon Young-seon vom Institut für Humanwissenschaften und Vereinigung an der Konkuk-Universität:


In Nordkorea trinken die Menschen vor allem Tee, wenn sie sich unwohl fühlen oder etwas für ihre Gesundheit tun wollen. Das Teetrinken hat in dem Land eine eher kurze Geschichte als persönliche Vorliebe bei Getränken. Unter dem jetzigen Machthaber Kim Jong-un ermutigt Nordkorea die Menschen dazu, ihr Leben nach dem Motto zu genießen, ein zivilisiertes sozialistische Land aufzubauen. In diesem Sinn können wir sagen, dass die Leute, wenn sie Tee trinken, ein zivilisiertes Leben genießen. In Südkorea ist der Genuss von Kaffee und Tee ein wichtiges Element im sozialen Leben, und die entsprechende Industrie hat sich stark entwickelt. Auch Nordkorea will die einheimische Dienstleistungsindustrie und den Konsum fördern, indem Kaffee- und Teeprodukte entwickelt werden, obschon der Umfang kleiner ist. Anders als früher findet man heute Tee- und Kaffeehäuser in Nordkorea.


Schauen wir uns zunächst die Teekultur an. Die wichtigsten Regionen für den Anbau des grünen Tees in Südkorea sind vor allem die ländlichen Gebiete im Süden des Landes, wie etwa Hadong in der Provinz Süd-Gyeongsang, Boseong in der Provinz Jeolla sowie die Insel Jeju. Teepflanzen gedeihen besonders gut in warmen Gegenden. Es ist daher leicht zu verstehen, dass das kalte Klima in Nordkorea nicht die besten Voraussetzungen für den Teeanbau schafft. Doch begann das Land Anfang der 1980er Jahre damit, unter der Herrschaft von Kim Il-sung Tee anzubauen: 


Generell werden Teepflanzen in warmen, südlichen Regionen angebaut. Die südwestliche chinesische Provinz Yunnan ist bekannt für den Teeanbau. Als der frühere nordkoreanische Machthaber Kim Il-sung die Region Shandong besuchte, kam er auf die Idee, auch in einigen nordkoreanischen Regionen auf ähnlichen Breitengraden Tee zu kultivieren. Doch lief das lange Zeit wegen der klimatischen Verhältnisse nicht so wie erwartet. Nach 25 Jahren Forschung hatte Nordkorea schließlich Erfolg damit, Teesträucher in Regionen mit kaltem Klima anzubauen. Tee kann so in den südlichsten Regionen des Landes, wie etwa Kangryong in der Provinz Süd-Hwanghae und Kosong in der Provinz Kangwon kultiviert werden. Die Teeproduktion ist aber nach wie vor in dem Land in der Frühphase. Nordkorea ist bekannt dafür, nur wenige Teesorten zu haben, wie etwa grüner Tee, schwarzer Tee und Tie Guan Yin-Tee. 


Beim innerkoreanischen Gipfeltreffen im April 2018 im Grenzort Panmunjom servierte Nordkorea einen speziellen Tee, der grüner Kangryong-Tee genannt wird. Auch im September desselben Jahres gab es bei dem innerkoreanischen Gipfel in Pjöngjang den gleichen Tee, der auch Unjong-Tee genannt wird. Der Tee aus dem Landkreis Kangryong ist die Premium-Teemarke in Nordkorea. Er wurde so vom früheren Machthaber Kim Jong-il benannt. “Unjong” soll soviel heißen wie “Zuneigung für Kim Il-sung” und “Kim Il-sungs Freundlichkeit zurückzahlen”: 


Viele nordkoreanische Namen und Titel enthalten das Wort “un”, was “Gefallen” oder “Wohlwollen” bedeutet. Das Wort wird benutzt, um die Sorge des Staats für die Öffentlichkeit oder die Zuneigung des Machthabers für die Menschen zu betonen. Nordorea begann 1982 damit, Teepflanzen anzubauen, doch wurden lange Zeit keine Ergebnisse erzielt. Der Genuss von Tee galt als spezielle Erfahrung. Der grüne Kangryong-Tee wurde Unjong-Tee genannt, um die Zuneigung des Machthabers zu unterstreichen, und in der Hoffnung, dass mehr Menschen Tee genießen.


Nordkorea hatte seit den 2000er Jahren Erfolg mit dem Teeanbau. Kim Jong-il besuchte damals den Unjong-Tee-Anbaubezirk, um die Beamten anzuweisen, die Produktion zu erhöhen. Auch wurde ein Teehaus in Pjöngjang eingerichtet: 


Das Unjong-Teehaus öffnete im Juli 2012. Während Nordkorea den Kaffee importieren muss, kann es den Tee lokal produzieren. Auch erhöhte es die Teeproduktion. Um die Menschen mit Tee als Spezialität zu versorgen, hat Nordkorea ein Teehaus eingerichtet. Der Teekonsum ist Teil der Dienstleistungsindustrie des Landes und ein Symbol für ein zivilisiertes sozialistisches Land. Auch hat er wirtschaftliche Bedeutung. Das Unjong-Teehaus bietet grünen Tee, Gerstentee, Buchweizentee und Maisbarttee. Für die Bürger ist es ein spezieller Treffpunkt, wo der Tee eher teuer ist. Es scheint, als ob es die meisten Teehäuser in Pjöngjang gibt. Doch werden neue im ganzen Land hinzukommen, wenn die Teeproduktion erhöht wird.


In den nordkoreanischen Medien wurde zuletzt über die Fertigstellung der Unjong-Tee-Getränkefabrik berichtet, in der der Unjong-Tee als Industrieprodukt produziert und als Gesundheitsgetränk vorgestellt wird. In einer Broschüre heißt es, der grüne Kangryong-Tee verhindert, dass die Arterien sich verhärten und sich Blutgerinnsel im Gehirn bilden. Auch stärkt es angeblich das Herz, verbessert den Blutkreislauf und fördert den Stoffwechsel. Der Tee könne auch als effizienter Keimabtöter dienen und die Eingeweide schützen:


Die richtige Ernährung und das Gesundheitsmanagment gehören zu den wichtigsten Elementen des öffentlichen Gesundheitswesens in Nordkorea. Deshalb ermutigt Nordkorea die Menschen, Tee zu trinken. Nordkorea erklärt, dass der Kangryong-Tee sogar hilft, Strahlungsschäden zu beheben. Das klingt übertrieben, doch versucht es damit zu sagen, dass Tee gesünder ist als andere Getränke. Doch denke ich, dass Nordkorea den Teekonsum vor allem aus wirtschaftlichen Gründen fördert. Nordkorea hängt beim Kaffee und bei Kakao komplett von Importen ab. Angesichts der harten internationalen Sanktionen lenkt das Land deshalb die Aufmerksamkeit stärker auf die einheimische Teeproduktion.


Kaffee ist in Nordkorea jedoch genauso populär wie Unjong-Tee. Zusammen mit Wohnungen und einer Sauna ist Kaffee eines der Schlüsselwörter, die die obere Schicht im Land repräsentieren. Tatsächlich war Kaffee lange Zeit nicht für die breite Öffentlichkeit erhältlich, weil er mit dem Kapitalismus verbunden wurde:


Als Kaffee in Korea eingeführt wurde, wurde er zuerst am königlichen Hof getrunken. Es wird gesagt, dass König Gojong so viel Kaffee trank, dass er davon süchtig war. Kaffee wurde in Nordkorea langsam eingeführt, weil ihn das Land nicht selber produzieren konnte. Doch jetzt ist Kaffee in Nordkorea weit verbreitet. Nach dem Korea-Krieg wurde Kaffee in Nordkorea schrittweise durch ausländische Diplomaten in Pjöngjang bekannt gemacht. Die Kaffeekultur kam ins Land, als ethnische Koreaner aus Japan unter dem sogenannten Repatriierungsprogramm, das von der pro-nordkoreanischen Generalvereinigung koreanischer Einwohner in Japan gefördert wurde, nach Nordkorea emigrierten. In Nordkorea symbolisiert Kaffee die kapitalistische Kultur, wie etwa Pizza und Cola. In nordkoreanischen Filmen sieht man dann Leute, die Kaffee trinken, wenn die südkoreanische Gesellschaft beschrieben werden soll. In Nordkorea war es daher schwierig, Kaffee bekannter zu machen.


Der innerkoreanische Kaeseong-Industrie-Komplex spielte eine wichtige Rolle, den Kaffee unter Nordkoreanern zu verbreiten. Südkoreanische Unternehmen, die dort produzierten, verteilten Instant-Kaffee an die nordkoreanischen Arbeiter: 


Südkoreanische Produzenten im Kaeseong-Industriepark gaben Choco Pie-Snacks, Instantnudeln und Instant-Kaffepulver an die nordkoreanischen Arbeiter. Zuerst fragten sich die Arbeiter, warum die Leute Kaffee tranken, der eher bitter schmeckt. Einige Arbeiter hatten Schwierigkeiten, zu schlafen, wenn sie Kaffee tranken. Doch begannen die Arbeiter genau aus diesem Grund Kaffee zu trinken, um also die Müdikgeit zu bekämpfen und wach zu bleiben. Sie gewöhnten sich an die südkoreanische Instant-Kaffeemischung, die sehr populär wurde. Die Kaffeemischung tauchte auch auf den Privatmärkten, oder Jangmadang, auf, und verbreitete sich schnell im ganzen Land durch Mundpropaganda. 


Vor der Hungersnot in Nordkorea in den 1990er Jahren brachten ethnische Koreaner aus Japan den Kaffee zu den wohlhabenderen Menschen in einigen großen Städten wie Pjöngjang oder Hamhung. Dank des Kaesong-Industrieparks, der 2016 geschlossen wurde, verbreitete sich dann auch der Instant-Kaffee. 


Kaffee, Zucker und Crème in der Kaffemischung kann Entspannung bringen, und sie haben eine Suchtqualität. Viele Nordkoreaner waren daher enttäuscht, als der Industriepark geschlossen wurde. Nordkorea begann damit, seine eigene Instant-Kaffeemarke namens Sambok herzustellen. Sambok bedeutet “drei Wohltaten”. Jede Packung wiegt zwölf Gramm, und sie sieht aus wie der südkoreanische Kaffeemix. Es scheint, als ob die Produktion des Sambok-Kaffees seit 2019 zurückgegangen ist, als das Gipfeltreffen Nordkoreas mit den USA in Hanoi scheiterte. Ich denke, die Kaffeeimporte und die lokale Produktion von Kaffeeprodukten fiel wegen der immer schlechter werdenden Beziehungen Nordkoreas zur Außenwelt und der Änderungen der Außenpolitik Pjöngjangs.


Nachdem Kim Jong-un Ende 2011 an die Macht gekommen war, tauchten immer mehr Kaffeeläden in Pjöngjang auf. Die zentrale Fernsehstation zeigte 2012 eine Szene, in der Kim mit seiner Frau Ri Sol-ju das Sunrise Café besuchte. Doch ist es aufgrund der internationalen Sanktionen und der Grenzschließungen wegen der Corona-Pandemie nicht leicht für Nordkorea, Kaffee zu importieren. Es wurde berichtet, dass in Pjöngjang im vergangenen Jahr eine Packung Kaffee bis zu 100 Dollar und eine Packung schwarzer Tee bis zu 70 Dollar gekostet hätten:


Vor dem Ausbruch von Covid-19 verfolgte Nordkorea eine Öffnung, weil es versuchte, sich das Image eines normalen sozialistischen Staats zu verschaffen. Was die kulturelle Vielfalt betrifft, so wird Nordkorea wahrscheinlich mehr Orte einrichten, an denen man Kaffee genießen kann. Doch denke ich, dass es sich mehr auf die Verbreitung der Teekultur wegen des lokal produzierten Tees konzentrieren wird. Nordkorea könnte so eine zweigleisige Politik verfolgen: Kaffee für Ausländer und die Oberschicht und Tee für die allgemeine Öffentlichkeit. 


Zwar trinken immer mehr Nordkoreaner Kaffee oder Tee. Doch scheint es für die normalen Bürger nach wie vor schwierig zu sein, sich diese Getränke zu leisten. Um den Genuss beider Getränke zu verbreiten, müsste Nordkorea den Austausch mit der Außenwelt verstärken und seine Wirtschaft weiterentwickeln.

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