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Nordkorea

Künstlergruppen in Nordkorea für Propaganda und Agitation

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2022-10-19

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ KBS

Im Juni berichtete die nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA über einen Wettbewerb zwischen Künstlergruppen für die Propaganda und Agitation auf einer Baustelle in Pjöngjang, auf der 10.000 neue Wohnungen entstehen sollten. Im August stellte die offizielle Zeitung Rodong Sinmun eine mobile Künstlerriege eines Kohlenbergwerks für Agitationszwecke vor. Anfang dieses Monats beschrieb die Zeitung eine Reihe von Künstlergruppen für die Agitation in landwirtschaftlichen Betrieben. Es scheint, als ob Nordkorea kontinuierlich über solche Aktivitäten berichten lässt. Solche Künstlergruppen sind für Nordkorea typisch, sie haben Aufführungen in Fabriken, Unternehmen, Landwirtschaftsbetrieben oder militärischen Einheiten, um politische Botschaften zu übermitteln und die Arbeiter zu ermutigen, ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung zu leisten. Dieses Konzept scheint für die Südkoreaner heutzutage eher ungewöhnlich zu sein. 

Vor dem Beginn der Vorführung einer solchen Künstler-Propagandagruppe in einer nordkoreanischen Schuhfabrik etwa kündigten die Mitglieder an, dass es der Zweck der Show sei, die Arbeiter anzutreiben, damit sie härter arbeiten. Die Präsentation reichte von Liedern und Tänzen bis zu Sketchen, um die politischen Botschaften der Regierung, wie etwa die Notwendigkeit zur Selbstständigkeit, zu übermitteln. Die Aufführung dauerte nur etwa 30 Minuten und wurde von den Zuschauern mit großem Applaus bedacht: 


(Arbeiter): Das war wirklich gut. Alle Arbeiter, mich eingeschlossen, waren entschlossen, das heutige Ziel zu erfüllen. 


(Arbeiterin): Diese großartige und anregende Show stärkt meine Entschlusskraft, mein Bestes zu geben, um die wirtschaftlichen Pläne im ersten Jahr der neuen Fünf-Jahres-Strategie auszuführen. 


Über die Rolle dieser Künstlergruppen sagt Bae Ihn-gyo vom Forschungsinstitut für Darstellende Künste an der staatlichen Pädagogischen Hochschule Gyeongin in Südkorea: 


Nordkorea bildet ständig die Bürger mit dem Ziel weiter, den Sozialismus in ihrem Bewusstsein zu verankern. Propaganda und Agitation sind dafür sehr wichtig. Unter den 22 Organisationen unter der herrschenden Arbeiterpartei ist die Abteilung für Organisation und Führung die mächtigste. Danach folgt die Abteilung für Propaganda and Agitation, die eine Schlüsselrolle für die ideologische Erziehung der Öffentlichkeit spielt. Der frühere Machthaber Kim Jong-il begann seine politische Karriere in dieser Abteilung, und die Schwester des jetzigen Machthabers Kim Jong-un, Kim Yo-jong, arbeitet in der selben Abteilung. Es ist wichtig, dass die größten Künstlergruppen in der Zentralregion eigene Shows aufführen. Doch wenn kleinere Gruppen die Menschen schon auf der elementarsten Ebene, die in Nordkorea als “Zelle” bezeichnet wird, anspornen, ist das sehr effektiv. Darum haben Künstler-Propaganda-Einheiten und mobile Künstlergruppen für die Agitation eine große politische Bedeutung. 


Die Geschichte der nordkoreanischen Künstler-Propagandatruppen geht bis ins Jahr 1927 zurück, als die “Propagandagruppe für Unterhaltung” gegründet wurde. Der Republikgründer Kim Il-sung rief die Kulturtätigen 1946 in einer Rede auf, Vorkämpfer an der kulturellen Front zu sein. Im Jahr darauf begann Nordkorea damit, Künstlerriegen und mobile Künstlergruppen in der Zentralregion und anderen Provinzen innerhalb sozialer Organisationen zu gründen. 1973 etablierte jede Provinz ihre eigene Propagandagruppe. Diese Gruppen dienten als wichtigstes Instrument für die Propaganda und Agitation. 


Künstler-Propagandariegen sind keine professionellen Einheiten, sondern halb-künstlerische Gruppen. Sie reisen zu verschiedenen Orten, wie etwa Fabriken, Unternehmen, Kollektivfarmen, Minen und Baustellen im ganzen Land. Sie motivieren Arbeiter durch Singen, Tanzen und Musizieren, Sketche und einfache theatralische Vorführungen, härter zu arbeiten. Die Shows werden oft durch Erklärungen zur Parteipolitik unterbrochen. 


Neben den Propagandaeinheiten führen die mobilen Künstlergruppen ähnliche Aktivitäten durch. Die staatlichen Medien loben diese Gruppen dafür, selbst während der als “mühsamer Marsch” bezeichneten Hungersnot in den 1990er Jahren zu den Kohlenminen, landwirtschaftlichen Betrieben und an Fischereiorte gereist zu sein, um die sogenannten Frontlinien-Aktivitäten für politische Propaganda durchzuführen:


Mobile Künstlergruppen für die Agitation erläuterten dem Parteimitgliedern und Arbeitern an den Produktionsstandorten schnell die Parteipolitik und förderten aktiv die Wirtschaftspolitik der Partei. Sie werden wegen ihrer schnellen Aktivitäten auch als “militante Künstlergruppen” bezeichnet. Nordkorea sah es als notwendig an, kleine Agitationsgruppen zu bilden, um die Basiseinheiten, oder Zellen, in den Fabriken, Unternehmen und Kollektivfarmen zu erreichen, um die Parteipolitik zu vermitteln. Solche Gruppen umfassten zuerst Kriegsveteranen, später gab es Studenten- und Frauengruppen. 


Während die Propagandariegen als halb-künstlerische Einheiten gelten, bestehen die mobilen Künstlergruppen für Agitation aus talentierten Bürgern. Die verschiedenen Künstlerriegen und -gruppen füllen ähnliche Rollen aus. Neben dem Personenkult um die Machthaber haben Propaganda- und Agitationsaktivitäten des sozialistischen Landes eine große Bedeutung. Sie sollen auch die vererbbare Machtnachfolge in dritter Generation unterstützen. Dazu müssen sie auch Propagandalieder verbreiten, die von der Regierung vorgegeben werden:


Sobald ein neues Lied durch eine zentrale Musikgruppe auf positive Resonanz stößt, wird es im Fernsehen gesendet, und die Notenblätter werden an die “Zellen” weitergereicht. Vor den Mitgliedern der “Zelle” führen die Agitationsgruppen das Lied zusammen vor. Das Stück wird von Instrumenten wie dem Akkordeon, einer Gitarre oder einer Trommel begleitet, damit die Zuhöhrer leichter mitsingen können. 


Die nordkoreanischen Medien heben die “Frontlinien”-Aktivitäten dieser Gruppen hervor. Der Ausdruck Frontlinie bedeutet in diesem Fall, dass die Gruppen zu den Produktionsstandorten eilen, um dort aufzutreten. So sind sie auch immer zur Reisernte in den landwirtschaftlichen Betrieben anwesend, wenn diese zuwenig Arbeitskräfte haben, oder sie eilen zu Orten, die von Naturkatastrophen wie etwa Überflutungen betroffen sind. Auch werden Mitglieder der am meisten gefeierten Künstlergruppen manchmal zu Produktionsstätten entsendet. Die Mansudae-Künstlertruppe, eine der wichtigsten Musikgruppen in Nordkorea, wurde unter anderem zu der Baustelle in Pjöngjang geschickt, auf der nach der Anweisung Kim Jong-uns zehntausend Wohnungen entstehen sollen. Der Schauspieler Ri Kyong-hoon, der den Titel “verdienstvoller Schauspieler” trägt, war ebenfalls dabei: 


Mein Herz ist mit Freude erfüllt, und ich bin so aufgeregt. Ich werde heute ganz bestimmt unsere Bauarbeiter ermutigen, und ich komme morgen wieder und die Tage danach, bis die Arbeit fertig ist. 


Die Expertin Bae: 


Zu wichtigen politischen oder wirtschaftlichen Ereignissen treten die wichtigsten Musikgruppen an bestimmten Orten auf, um vor den Menschen zu demonstrieren, dass die Partei ihnen große Aufmerksamkeit schenkt. Katastrophen wie Überschwemmungen tendieren dazu, die allgemeine öffentliche Stimmung zu trüben. Die Partei will wachsende Unruhe unterdrücken und lässt dafür größere Künstlergruppen auftreten. Berühmte Musikgruppen wurden seit den 1950er Jahren traditionell zu beliebten Orte geschickt. Das Land glaubte, dass die Künstlergruppen keine Lieder oder andere Musikstücke, die die Menschen ansprechen, kreiieren können, wenn sie nur in Pjöngjang bleiben und nichts über das Leben der anderen Einwohner in den Regionen wissen. Die Gruppen werden also angewiesen, solche Orte für ihre “Felderfahrungen” aufzusuchen und herauszufinden, was die Menschen wirklich wollen. Zur Erfüllung dieser zwei Ziele sind ab und zu größere Künstlergruppen aus der Zentralregion in ferneren Regionen aufgetreten.

 

Die Moranbong Band hat oftmals Kim Jong-un bei seinen Inspektionsreisen begleitet: 


Die Band wurde oftmals an Stellen gesehen, an denen der Machthaber seine Vor-Ort-Anweisungen an Arbeiter und Soldaten weitergegeben hat. So trat die Band zum Beispiel vor einer Militäreinheit an der östlichen Front auf, sowie in einer Traktor-Fabrik in der Provinz in Jagang und im Landkreis Samjiyon. Nordkorea baute in dem Kreis Häuser, um eine touristische Sonderzone unweit des Paektu-Bergs einzurichten. Die Moranbong Band wurde zur Baustelle geschickt, um die Arbeiter anzuspornen.


Nordkorea hielt im März eine erste Sitzung mit Vorlesungen für Propaganda-Kräfte ab. Damals erklärte die Regierung, der Zweck des Workshops sei es, das Ideologie-Projekt der Partei zu erneuern. Kim Jong-un rief die Teilnehmer auf, die Bürokratie zu beseitigen und das Projekt umzusetzen. Auch soll er angeordnet haben, neue Methoden der Propaganda und Agitation in allen Bereichen, Film, Fernsehen und Presse eingeschlosen, einzuführen. Allerdings führen die nordkoreanischen Künstlergruppen weiter ihre traditionellen Propaganda-Aktivitäten ohne Änderung durch:


Der wichtigste Grund dafür ist, dass die Gruppen vor Ort auftreten, um das lokale Publikum direkt zu erreichen. Das ist das wichtigste Element der darstellenden Künste. Sie können der Aufführung eines Sängers im Radio oder auf YouTube folgen. Doch wenn Sie den Auftritt bei einem Live-Konzert genießen, berührt es Sie mehr. Ähnliches gilt für die Künstlerriegen: Wenn diese an gleicher Stelle mit dem Publikum atmen, während sie auftreten, kommt der gemeinsame Jubel in Echtzeit rüber, was den Sinn für die Präsenz stärkt. Die Arbeiter an Ort und Stelle werden die Parteipolitik besser verstehen können und sich motiviert fühlen, ihre Ziele schnell zu erreichen. In diesen Tagen entwickeln sich neue Medienformen. Doch sind sie ohne Bedeutung, wenn die Nordkoreaner sie nicht nutzen. Sie müssen dagegen die Aufführungen der Künstlerriegen für Propaganda und Agitation verfolgen, ob sie es wollen oder nicht. Aus diesem Grund werden diese Künstlergruppen in Nordkorea weiter ihre Rolle ausfüllen, ohne die Entwicklung neuer Medien zu berücksichtigen. 


Nordkorea hat weiter mit enormen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Ein Grund dafür sind auch die harten internationalen Sanktionen gegen das Land. In dieser Situation wird es die Propaganda- und Agitationsaktivitäten innerhalb und außerhalb des Landes eher intensivieren. Doch ist es zweifelhaft, ob die Regierung ihre Ziele allein dadurch erreichen kann.

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