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Nuklear-Problematik um Nordkorea

Raketenpotential

Raketen

Eine Rakete ist eine Waffe, die die Fähigkeit zum Hochgeschwindigkeitsflug hat und bei der ein Eigenantrieb zum Einsatz kommt, wie etwa ein Strahltriebwerk. Im modernen Sprachgebrauch bezieht sich die Bezeichnung in der Regel auf Lenkraketen oder Raketen, die in der Lage sind, ihre Flugbahn während des Fluges zu modifizieren, um das Ziel präzise zu treffen.

Lenkraketen lassen sich aufgrund ihrer Lenksysteme (ferngesteuert oder autonom gesteuert) kategorisieren. Grundsätzlich besteht eine Rakete aus einem Antriebssystem, einem Führungssystem, einem Kalibrierungs-/Stabilisierungssystem, aus Explosiva/Zündern sowie dem Raketenrumpf, in dem die genannten Teile der Rakete untergebracht sind. Raketen, die Ziele zwischen 1.000 und 5.500 km Entfernung erreichen können, werden als Mittelstreckenraketen bezeichnet, während solche mit einer Reichweite zwischen 500 und 1.000 km als Kurzstreckenraketen bezeichnet werden. (Definition: Washingtoner Vertrag über nukleare Mittelstreckensysteme (INF), 1987).

Somit ist eine Rakete ein Fluggerät, das Waffen tragen kann, normalerweise Bomben oder Explosiva, und das seine Flugbahn beeinflussen kann, um ein unbewegliches oder bewegliches Ziel präzise zu treffen. Daher macht eine Diskussion über das nukleare Potential wenig Sinn ohne eine Diskussion der Leistungsfähigkeit der Trägersysteme: der Raketen. Auch eine technisch äußerst ausgereifte Atombombe wäre unbrauchbar ohne ein Trägersystem, das sie präzise zu ihrem Ziel transportiert. Daher bezieht sich die Bezeichnung „Nuklearwaffe“ gemeinhin auf eine Rakete, die mit einem oder mehreren Nuklearsprengköpfen ausgerüstet ist. Raketen können sich im Hinblick auf ihre Reichweite unterscheiden: Das Spektrum reicht von Kurzstreckenraketen bis hin zu Interkontinentalraketen (Intercontinental Ballistic Missiles), die auf der anderen Seite des Globus befindliche Ziele treffen können. Raketen können von einem festen Startplatz, von Eisenbahnwagons, Lastwagen, Flugzeugen, Kriegsschiffen und U-Booten aus gestartet werden. Es gibt sogar tragbare Raketen, die von einzelnen Personen transportiert und gestartet werden können.
Wenn man über das Nuklearraketenpotential Nordkoreas spricht, denkt man in der Regel an strategische Waffen, besonders an ballistische Mittelstreckenraketen.

Nordkoreas Raketenentwicklung

Der Entstehungsgeschichte des nordkoreanischen Raketenprogrammes scheint um das Jahr 1969 ihren Anfang genommen zu haben, als die UdSSR die Boden-Bodenrakete FROG (NATO-Bezeichnung), die eine Reichweite von 60 km hatte, an Nordkorea lieferte.

Allerdings scheint Nordkorea erst im Jahre 1976 mit der Entwicklung eigener Raketen begonnen zu haben. Während des Jom-Kippur-Krieges im Jahre 1973 erhielt Nordkorea Raketen des Typs Scud-B (NATO-Bezeichnung) als Gegenleistung für seine Unterstützung Ägyptens. Nach dem Erhalt der Scud-B-Raketen und entsprechender Startrampen nahm Nordkorea zunächst durch Reverse Engineering die Entwicklung eigener Raketen auf. Nordkoreas Raketensystem baut also auf der Scud-Raketenserie auf. In der Folge entwickelte Nordkorea die Scud-C, die über eine größere Reichweite verfügte, die ballistische Mittelstreckenrakete (IRBM) „Rodong“ und die mehrstufige ballistische Mittelstreckenrakete „Taepodong“.

Es wurde davon ausgegangen, dass aufgrund dieser Entwicklungen Nordkorea um die Jahrtausendwende im Besitz einer Interkontinentalrakete war, die das US-Festland erreichen konnte. Am 5. April 2009 demonstrierte Nordkorea sein Interkontinentalraketenpotential – wenn auch nur teilweise – mit dem Start einer Langstreckenrakete. Die Technologie für die Rakete – von der Nordkorea behauptete, dass es sich dabei um die Eunha-2-Trägerrakete handelte, die angeblich den nordkoreanischen Kommunikationssatelliten Gwangmyeongseong-2 in eine Umlaufbahn beförderte – kann auch in der Entwicklung von Interkontinentalraketen Anwendung finden. Beobachtungen zufolge flog die Rakete 3100 Kilometer weit. (Andere Schätzungen gehen von 3900 Kilometern aus.)

Nordkorea startete im April 2012 erneut eine Langstreckenrakete, Euhna-3, die angeblich eine Trägerrakete zur Beförderung des Satelliten Gwangmyeongseong-3 in eine Erdumlaufbahn sein soll. Der Start misslang. Im Dezember startete Nordkorea erneut die Eunha-3-Rakete, diesmal jedoch erfolgreich. Demnach wurde davon ausgegangen, dass Nordkorea die Technologie für Interkontinentalraketen vorerst vervollkommnet hat.

Chronologie des nordkoreanischen Raketenprogrammes (die meisten Zeitangaben sind Schätzungen)

  • 2012 : 13. April
    Start der Rakete Eunha-3. Die Rakete verfehlt die geplante Umlaufbahn. (Eunha-3 wurde ausnahmsweise vor dem Start ausländischen Journalisten gezeigt. Dies wird als Versuch interpretiert, ausländische Kritik abzuschwächen, dass es sich um den Test einer ballistischen Interkontinentalrakete handelt.)
    12. Dezember
    Start der Rakete Eunha-3. (Die Rakete wurde um 9.51 Uhr an der Startbasis in Dongchang-ri, Cheolsan-gun, Nord-Pyeongang-Provinz abgeschossen. Der Start war erfolgreich.)
  • 2009 : Am 5. April startete Nordkorea eine Langstreckenrakete. (Der Norden behauptet, dass es sich bei der Rakete um die Eunha-2-Trägerrakete mit dem Kommunikationssatelliten Gwangmyeongseong-2 als Nutzlast gehandelt habe. Die Rakete legte innerhalb von 15 Minuten 3100 Kilometer zurück. Es hat den Anschein, dass sich die dritte Stufe nicht abgetrennt hat, allerdings wird auch eine gegenteilige Meinung vertreten. Pjöngjang ist es nicht gelungen, einen Satelliten in eine Umlaufbahn zu befördern.)
  • 2007 : Nordkorea beginnt mit der Stationierung von Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite von mehr als 3000 Kilometern, ohne diese testgestartet zu haben. (Experten vermuten, dass Nordkorea diesen Raketentyp im Iran getestet hat.)
  • 2006 : Nordkorea führt am 5. Juli einen Teststart der Taepodong-2 durch. (Allerdings dauerte der Flug lediglich 42 Sekunden, da sich die erste Stufe nicht abtrennte.)
  • August 1998 : Test der Daepodong-1-Rakete (Nordkorea meldet den Start eines Satelliten an Bord dieser Rakete)
  • 1998 : Indienststellung der Rodong-Raketen
  • Januar 1994 : Erste Sichtung der Daepodong-1-Rakete
  • Mai 1993 : Test der Rodong-Rakete
  • Juni 1991 : Start der Scud-C-Rakete
  • Mai 1990 : Erster Test der Rodong-Rakete
  • 1988 : Indienststellung der verbesserten Scud-B/C-Raketen
  • Mai 1986 : Test der Scud-C-Rakete
  • April 1984 : Test der verbesserten Scud-B-Rakete
  • 1976~81 : Einfuhr von in der UDSSR hergestellten Scud-B-Raketen und Abschussrampen aus Ägypten und Reverse Engineering/Development
  • Frühe 70er Jahre : Beteiligung an Chinas Raketenentwicklungsprogramm und vermutlich Erwerb von Raketentechnologie