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Koreanische Halbinsel von A bis Z

Blick auf Nordkorea

Die Anti-Rauch-Kampagne in Nordkorea

2021-06-10

ⓒ Getty Images Bank

Nordkorea hat im vergangenen Jahr per Gesetz die Kontrolle des Tabakkonsums verschärft und eine Kampagne gegen das Rauchen durchgeführt. Über die entsprechenden Aktivitäten sagt Kim Young Hui vom Zentrum für die Neue Wirtschaft auf der koreanischen Halbinsel bei der Korea Development Bank:


In Nordkorea rauchen und trinken die meisten heranwachsenden Männer. Diejenigen, die nicht rauchen und trinken, gelten nicht als echte Männer. Sie suchen nach Entschuldigungen, wenn sie Zigaretten rauchen. Wenn sie sich zum Beispiel langweilen, müssen sie rauchen. Die meisten Männer haben Aschenbecher zuhause oder in den Büros, und für sie ist es selbstverständlich, wenn sie vor Frauen rauchen. Auch mein Vater rauchte jeden Tag, obwohl er Arzt war, und unsere Wohnung war voll Zigarettenqualm. Es ist normal, Rauchende in nordkoreanischen Filmen zu sehen. Rauchen ist sehr weit verbreitet unter Nordkoreanern, und ich zweifle, dass sich daran etwas ändert.


In Nordkorea werden sogar oft Zigaretten bei Ahnen-Gedenkritualen auf den Zeremonientisch gelegt. Eine richtige “Anti-Rauch”-Kampagne begann erstmals Anfang der 2000er Jahre:  


Der frühere Machthaber Kim Jong-il, der ein starker Raucher war, versuchte, Anfang der 2000er, das Rauchen aufzugeben. Menschen, die damals keinen Sinn für Musik hatten, nicht mit Computern umgehen konnten und rauchten, wurden die dreifachen Idioten genannt. Nordkorea berichtete über die schädliche Wirkung des Rauchens und verbreitete Anti-Rauch-Poster, auf denen stand: “Eine Zigarette ist eine Pistole, die auf der Herz zielt”. Doch die Versuche des Machthabers, nicht mehr zu rauchen, sind gescheitert.  


Der Ständige Ausschuss der Obersten Volksversammlung verabschiedete 2005 ein Gesetz zur Tabakkontrolle, das rauchen auf öffentlichen Plätzen, in Krankenhäusern, Zügen und Bussen verbot. Auch wurde ein Anti-Rauch-Forschungszentrum eingerichtet und Programme entwickelt, die den Menschen helfen sollten, das Rauchen aufzugeben: 


In Nordkorea werden Zigaretten als Geld gesehen, die alle Probleme lösen. Die Bürger können Reiszertifikate erhalten, wenn sie den zuständigen Beamten Zigaretten geben. Sie können ohne Fahrkarte einen Zug besteigen, wenn sie den Schaffnern Zigaretten geben. Zigaretten arbeiten auch, wenn sie bei einem guten Unternehmen oder in der Hochschule anfangen, gute Noten brauchen oder den Militärdienst vermeiden wollen. Die Weitergabe von Zigaretten gilt als Ausdruck der Zuneigung, weil es normal ist, wenn Männer Zigaretten miteinader teilen, was aber nicht als Bestechung gilt. Nach den schweren wirtschaftlichen Problemen Mitte der 1990er Jahre erhielten Zigaretten die Funktion als Geldmittel, weil sie auf dem Markt gegen Geld getauscht werden konnten.


Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation rauchten 2012 noch 52,3 Prozent der Männer in Nordkorea. Der Wert ging 2014 auf 43,9 Prozent zurück, doch war der Anteil der Raucher noch immer hoch. Es wird dagegen gesagt, dass die Frauen in Nordkorea nicht rauchen: 


Frauen, die rauchen, gelten als Menschen ohne Prinzipien. Wenn Frauen rauchen, gilt das als unmoralisch, während rauchen bei Männern als Symbol der Autorität und Überlegenheit gesehen wird. Als ich in Südkorea eintraf, war ich überrascht, als ich von einer geflüchteten Nordkoreanerin hörte, dass sie in Nordkorea heimlich geraucht hatte. In Nordkorea gilt der Tabakkonsum von Frauen als kulturell nicht akzeptabel.  


Seit der Einführung des Tabakkontroll-Gesetzes legte Nordkorea strengere Regeln gegen das Rauchen fest. Eine Gesetzesrevision beschränkte den Import von ausländischem Tabak und untersagte den Gebrauch von E-Zigaretten. Die rauchfreien Zonen wurden erweitert, und auf den Wänden der Unternehmen und in Wohnbezirken wurden Anti-Rauch-Aufkleber angebracht. Da die Kampagne aber wenig effektiv war, verabschiedete die Oberste Volksversammlung im November 2020 das “Tabak-Verbotsgesetz”: 


Das Tabak-Verbotsgesetz mit 31 Paragrafen bestimmt öffentliche Orte, Kinderbetreuungszentren, medizinische Einrichtungen und öffentliche Verkehrsmittel als rauchfreie Zonen. Es verbietet den Verkauf von Zigaretten an Jugendliche, und Zigarettenpackungen enthalten Hinweise auf Gesundheitsrisiken durch das Rauchen. Verstöße werden mit Geldbußen oder anderen Strafen geahndet. Viele nordkoreanische Männer rauchen ohne Rücksicht auf Zeit und Ort, so dass viele Menschen verminderte Lungenfunktionen haben als Ergebnis des Passivrauchens. Vor diesem Hintergrund wurde das Gesetz eingeführt. 


Die nordkoreanischen Medien einschließlich der Fernsehsender beteiligen sich an der Anti-Rauch-Kampagne: 


Das Anti-Rauch-Forschungszentrum soll Information und relevante Dokumente und Bücher verbreiten. Auch entwickelt es Behandlungen gegen die Tabakabhängigkeit und Gesundheitsnahrung. Ein Nikotinersatz, der “nahrhaftes Ei” genannt wird, wird aus natürlichen Kräutern hergestellt. Es ist zehn Jahre her, dass die Tablette entwickelt wurde, und sie ist immer noch beliebt. Andere Hilfen gegen das Rauchen sind Nikotinpflaster, Getränke aus Kräutern und Tee. Mit den Maßnahmen will Nordkorea offensichtlich dem internationalen Trend folgen, der auf die negativen Auswirkungen des Rauchens aufmerksam macht.


Auch Machthaber Kim Jong-un gilt als starker Raucher:


Kim Jong-un raucht so stark, dass seine Frau Ri Sol-ju in den Medien ihre Sorge über die Gewohnheit ihres Mannes äußerte. Viellicht denken die Nordkoreaner, dass ihr geliebter Anführer eine Ausnahme ist. Doch falls der Machtaber den Menschen zeigt, dass er versucht, das Rauchen aufzugeben, werden die Raucher in dem Land dem Beispiel folgen.

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