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Blick auf Nordkorea

Der Straßenverkehr in Nordkorea

2021-11-11

ⓒ YONHAP News

Viele nordkoreanische Flüchtlinge in Südkorea erzählen, dass sie anfangs Schwierigkeiten gehabt hätten, die verschiedenen Straßenschilder auseinander zu halten. Der Straßenverkehr in Nordkorea dagegen ist um ein Vielfaches ruhiger. Dazu sagt der Vorsitzende des koreanischen Instituts für Wirtschaftskooperation, Ahn Byung-min:


Nodkorea hat 2004 das Gesetz zum Straßenverkehr verabschiedet. Das Gesetz beschreibt das Prinzip für Autos, auf der rechten Fahrbahnspur zu fahren, den Fußgängern, Straßenbahnen und Bussen Vorrang zu geben sowie das Prinzip, schneller fahrende Fahrzeuge vorbeizulassen. Karren, die von Pferden oder Rindern gezogen werden, dürfen nur auf die dafür vorgesehenen Straßen mit bestimmten Lasten fahren und nicht auf Brücken parken. Solche Karren werden interessanterweise noch immer in Nordkorea genutzt.


Seit der Machtübernahme von Kim Jong-un gibt es in Nordkorea mehr Autos auf den Straßen. Das hat auch mit der Ausbreitung der Märkte zu tun. Auch die Zahl der Verkehrsunfälle nimmt zu, was dazu führt, dass die Behörden aktiver eine Verkehrserziehung durchführen. So verteilten sie 2013 und 2015 unter anderem landesweit Unfallwarnungen. Das Fahren unter Alkoholeinfluss, Fahren ohne Erlaubnis sowie Fahrerflucht werden als Behinderung des Aufbaus der sozialitischen Wirtschaft beschrieben: 


Nordkorea setzt die Verkehrsregeln streng um. Autos, die die Bewegung von anderen Fahrzeugen oder von Passanten behindern, werden beschlagnahmt. Wenn Fahrer Straßeneinrichtungen beschädigen, wenn sie parken oder unvorsichtig fahren, müssen sie dafür sorgen, dass die Einrichtungen wiederhergestellt werden oder dafür zahlen. Autos werden auch bei Fahrerflucht beschlagnahmt. Die Beschlagnahme wird in Nordkorea als großes Problem für Fabriken und Unternehmen gesehen. 


Ein weiteres interessantes Detail ist, dass alle Fahrer ihre Autos waschen müssen, wenn sie in die Stadt fahren. Autos werden verboten, wenn sie mit Staub oder Schlamm bedeckt sind. Darüber hinaus hat Nordkorea keine internationalen Standards für Straßenschilder: 


Im Einklang mit der Genfer Konvention für den Straßenverkehr von 1949 folgt Südkorea internationalen Standards bei Straßenschildern. Nordkorea ist hingegen nicht Unterzeichner der Übereinkunft. Es entwirft seine eigenen Schilder. Sie sind einfach und deutlich, doch viele sind nicht damit vertraut. So steht zum Beispiel auf dem Stoppschild das koreanische Wort für “Stopp”, während auf einem anderen Schild ein großes Ausrufezeichen steht, was zur Vorsicht mahnt. Einige Schilder zeigen Zeichnungn von Rindern oder eines Karrens. Für Ausländer ist es oft schwierig, die Schilder zu deuten.


Es gibt in Nordkorea Oberleitungsbusse, U-Bahnen und Stadtbusse für den öffentlichen Transport. Auch sieht man seit den 2000er Jahren Doppeldeckerbusse. Besonders die Zahl der Taxis nahm in den vergangenen Jahren deutlich zu. Gab es anfangs weniger als 100 Taxis in Pjöngjang, so waren es bis 2019 schätzungsweise bis zu 6000:


Taxis sind die teuersten Transportmittel in Nordkorea. Selbst öffentliche Institutionen betreiben Taxis als lukratives Geschäft, weil viele Nutzer in Dollar bezahlen. Die Taxigebühren sind um das Zehn- bis Fünfzehnfache höher als solche für Busse und U-Bahnen. In den Grenzregionen chartern ausländische Geschäftsleute Taxis, wenn sie zwischen Rajin in Nordkorea und Hunchun in China fahren.


Nordkorea hat sich bemüht, das öffentliche Transportnetz zu verbessern. Neue Lieferfahrzeuge, sogenannte Servi-Cha, tauchten auf. Der Ausdruck kombiniert das englische Wort für “Service” und das koreanische “Cha”, was Auto bedeutet. Einzelne Personen nutzen sie für den Transport von Waren und Menschen. Die Servi-Cha kosten mehr als öffentliche Transportmittel, doch werden sie immer wichtiger: 


Das Militär, Unternehmen, Behörden und die Arbeiterpartei sind die vier öffentlichen Sektoren, die ihre eigenen Fahrzeuge haben in Nordkorea. Kaufleute leihen sich Fahrzeuge gegen eine Gebühr. Öffentliche Fahrzeuge werden somit als Mittel für den Privattransport gebraucht, und auf diese Weise arbeiten die Servi-Cha. Das Servi-Cha-Geschäft gillt als nützlich und profitabel. Händler kaufen Gebrauchtautos in China, lassen sie in einem der vier Sektoren registrieren und betreiben sie als privates Transportgeschäft. Auch Stadtbusse und Reisebusse werden als Servi-Cha eingesetzt.


Das Verkehrsaufkommen war in Nordkorea früher eher gering. Doch die Verbreitung der Privatmärkte, oder Jangmadang, hat die Nachfrage für neue Transportmittel verstärkt: 


Als das Rationierungssystem in Nordkorea früher noch störungsfrei funktionierte, versorgte der Staat die Menschen mit Wohnungen und Arbeit. Sie brauchten nur kurze Distanzen zwischen Wohnung und Arbeitsplatz zurückzulegen. Nach dem Kollaps des Systems bestritten viele Bewohner ihren Lebensunterhalt mit Marktaktivitäten. Dadurch reisten sie mehr umher. Mit den Jangmadang werden Autos also immer wichtiger als Transportmittel. Doch Fahrzeuge und Kraftstoff sind beschränkt. Um die Ausrüstung für den Ausbau der Straßen zu sichern, wird Nordkorea mit der Außenwelt zusammenarbeiten müssen.

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