Schritte zur Wiedervereinigung

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Schritte zur Wiedervereinigung

Beliebte Jobs in Nordkorea

2023-03-08

ⓒ YONHAP News

In einigen südkoreanischen Filmen aus den 1970er und 80er Jahren sieht man noch Busschaffnerinnen. Dass es diesen Beruf gab, mag für die jüngere Generation heute ungewöhnlich klingen. Die Schaffnerinen sammelten Fahrgebühren ein und kündigten unter anderem die nächsten Haltestellen an. Doch den Beruf gibt es schon seit langem nicht mehr. Mit der Zeit entstanden neue Berufsfelder. Unter dem Titel “digitaler Bestatter” etwa löschen Spezialisten auf Anfrage die persönlichen Daten von Kunden im Netz, darunter Online-Beiträge, Fotos und Videoclips. Populär sind angesichts der wachsenden Zahl von Haustieren in Südkorea zum Beispiel auch Dienste, die Verhaltensweisen von Haustieren untersuchen und nötigenfalls ein Änderungsprogramm entwickeln. Im Bereich der Informationstechnologie tauchen neue Jobs mit bisher unbekannten Bezeichnungen auf. Ein sogenannter Growth Hacker ist beispielsweise jemand, der auf der Grundlage der Datenalyse den effektivsten Weg aufzeigt, wie sich der Absatz eines Unternehmens fördern lässt. Ein Devops-Ingenieur etwa übernimmt die Arbeiten eines Software-Entwicklers und Administrators. Im Laufe der technologischen Entwicklung und der sozialen Veränderungen sind dagegen einige Jobs verschwunden. Wie sieht die Situation im weithin abgeschotteten Nordkorea aus? Artikel 23 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte besagt, dass jeder das Recht auf Arbeit, freie Berufswahl, gerechte und befriedigende Arbeitsbedingungen sowie auf Schutz vor Arbeitslosigkeit hat. Auch die Verfassung Nordkoreas besagt: “Die Bürger haben das Recht zu arbeiten. Alle arbeitsfähigen Bürger wählen Berufe in Übereinstimmung mit ihren Wünschen und Fähigkeiten aus, und ihnen werden stabile Arbeitsstellen und Arbeitsbedingungen gewährt.” Doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Zum Thema sagt die Leiterin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der Korea Hana Foundation in Südkorea, Kim Young-hee: 


In Nordkorea ist es Einzelpersonen nicht erlaubt, ihren Arbeitsplatz frei zu wählen. Im Grunde werden Arbeitsstellen vom Staat zugeteilt. Ein Traumjob in Nordkorea hat fast nichts mit der aktuellen Arbeit zu tun, die er oder sie hat. Absolventen der Oberschule werden bestimmte Stellen von der Arbeitsabteilung des Volkskomitees innerhalb der Unternehmen in ihrer Region zugeteilt. Wenn Sie eine Landwirtschaftsschule besucht haben, werden Sie in einer Fabrik arbeiten. Wenn Sie eine allgemeine Oberschule absolviert haben, können Sie überall hin geschickt werden. Bei Hochschulabsolventen wird das Studiumfach berücksichtigt. Sie haben ein Gespräch mit einem Parteifunktionär. Doch in vielen Fällen können auch sie ihren Arbeitsplatz nicht frei wählen. 


Früher wurden Tätigkeiten als hochrangiger Funktionär in der Arbeiterpartei sowie Sicherheitsbeamter als die besten Jobs in Nordkorea angesehen. Auch galten sie als die besten potenziellen Ehepartner. Doch heutzutage gewinnen Jobs mit einem “Ei zum Essen”, wie Koreaner sagen, immer mehr an Beliebtheit. Die Wendung bezieht sich auf etwas Nützliches oder Praktisches, das ein Extraeinkommen garantiert: 


Nordkoreaner hören sich oft bei anderen Leuten in ihrer Umgebung um, ob sie eine Arbeit mit einem “Ei zum Essen” haben, was sich auf Extrageld bezieht. Sie könnten sich zum Beispiel zusätzliches Einkommen verschaffen, indem sie Bestechungsgeld oder heimlich Geld zugesteckt bekommen, während sie arbeiten. Die Menschen bevorzugen Jobs, die mit vielen Vorteilen verbunden sind. Seeleute zum Beispiel werden im Ausland in Dollar bezahlt, und sie können ausländische Waren mit nach Hause bringen. Sie können diese auf dem Schwarzmarkt verkaufen. Daher haben Seeleute eine Arbeit mit einem “Ei zum Essen”. 


Beliebte Arbeiten in Nordkorea unterscheiden sich nicht von solchen in anderen Ländern. In diesen Tagen ist in Nordkorea der Job des Taxifahrers hoch im Ansehen. Taxis tauchten in dem Land erstmals 1987 auf. Nach 2010 nahm ihre Zahl stetig zu. Taxifahrer treffen meist auf Ausländer oder wohlhabende Kunden. Sie verschaffen sich oft ein Extraeinkommen: 


Taxifahrer erhalten die Gebühren in Dollar. Wenn die Taxigebühr 37 Dollar ist, so geben Ausländer normalerweise 40 Dollar, und der Fahrer streicht den Rest ein. So sammeln Taxifahrer ein “Ei zum Essen” ein. Es gibt keine Taxifahrerinnen in Nordkorea, wo der Fahrer nicht nur fährt, sondern sein Auto nötigenfalls auch selber reparieren sollte. Wenn ein Taxi defekt stehen bleibt, sollte der Fahrer das eigenständig beheben. Angehende Taxifahrer eignen sich die Fahrfähigkeiten und die Reperaturtechniken üblicherweise ein Jahr lang an. 


Früher gab es in Südkorea in jeder Nachbarschaft mindestens einen Elektronikladen. In Nordkorea zählt das Reparieren von Elektrogeräten zu den beliebtesten Jobs: 


Bis Mitte der 1990er Jahre bestand in Nordkorea eine Nachbarschaftseinheit, auch als Inminban bezeichnet, aus etwa 40 Haushalten. Damals hatte eine Einheit nur wenige Elektrogeräte, wie etwa einen elektronischen Lüfter oder ein Fernsehgerät. Seit sich der private Markt Mitte und Ende der 90er Jahre auszudehnen begann, kauften immer mehr Haushalte Elektroprodukte. Einige Familien in Pjöngjang verfügen sowohl über eine Waschmaschine als auch über Mobiltelefone. Als es noch wenige Elektroprodukte gab, wurden sie von staatlichen Läden repariert. Heute haben viele Leute Elektrogeräte, doch die Zahl der Mechaniker ist klein. In Südkorea lieben es die Leute, neue Elektrogeräte zu kaufen. Einige ersetzen ihr Smartphones nach nur zwei Jahren. Doch in Nordkorea sind Elektrogeräte ziemlich teuer. Wenn jemand eines hat, wird es für lange Zeit gebraucht und immer wieder repariert. Es ist also kein Wunder, dass die Tätigkeit des Mechanikers zu den beliebtesten Jobs gehört. 


Im Mai 2001 berichtete die offizielle Zeitung Rodong Sinmun, dass im selben Jahr drei neue Berufe aufgetaucht seien. Das seien Ingenieur für die Computerkontrolle und Management, Computer-Schreibkraft sowie Entwickler von Computerprogrammen. Der Computeringenieur bezieht dabei auf eine Person, die den automatischen Produktionsprozess beaufsichtigt. Das Blatt betonte, dass das Land bestrebt sei, eine informationsorientierte Wirtschaft aufzubauen, wie man an der Einführung von Computern in jedem Wirtschaftsbereich und der Schaffung von Computerjobs erkennen könne. Auch nehme die Zahl der Arbeitskräfte für geistige Arbeit einschließlich der Arbeit mit Computern ständig zu. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un betonte seit seiner Machtübernahme, wie wichtig die Globalisierung und Informationstechnologie für das Land seien:


Bis Anfang der 2000er Jahre waren Computerfächer an den Hochschulen nicht besonders populär. Doch jetzt ist ein Computerstudium sehr beliebt. Der Grund ist, dass jemand, der Computerwissenschaft studiert hat, als Programmierer arbeiten, Apps entwickeln und Websites erstellen kann. Sie werden gut bezahlt und haben die Chance, in anderen Ländern wie etwa China zu arbeiten und Devisen anzuhäufen. Auch sind sie in den Streitkräften wie im Bereich der Wissenschaft und Technologie nützlich. Die Arbeit im IT-Sektor ist wahrscheinlich der beste neue Job in Nordkorea. 


Auch das Servieren in bekannten Hotels und Restaurants oder die Arbeit auf einer Bühne werden in Nordkorea immer beliebter. Als Serviererin zu arbeiten, erscheint besonders jüngeren Frauen als attraktiv. Sie können zum Beispiel ausländische Sitten aufnehmen, während sie in nordkoreanischen Restaurants im Ausland arbeiten, wo die Trinkgelder ihren Monatslohn um das Zwei- oder Dreifache übersteigen. Sie sind Berufstätige, die staatlichen Institutionen angehören, wie etwa der Volksservice-Komission oder einer Behörde, die Dienstleistungen im Ausland anbietet. Für ausländische Touristen in Nordkorea gehört es zum Pflichtprogramm, Gedenkstätten und historische Orte, darunter zum Beispiel Mangyongdae, den Geburtsort des Republikgründers Kim Il-sung, zu besuchen. Dort treffen sie meistens auch auf einen Tourbegleiter, der über das Vermächtnis des Landes spricht. Als sogenannter Erbe-Kommentator zu arbeiten, ist ebenfalls populär in Nordkorea:


Ein Kommentator ist kein Job, den jeder machen kann. Servierer oder Reiseführer müssen nicht unbedingt ein College absolviert haben. Doch Kommentatoren sollten das Fach der revolutionären Geschichte von Kim Il-sung and Kim Jong-il studiert haben. Nicht jeder, der das studiert, kann ein Kommentator werden. Sie sollten gut aussehen und gut reden können sowie andere Menschen überzeugen können. Am Berg Paektu gibt es Kommentatoren, die etwas über das geheime Militärlager auf dem Berg erzählen. Sie tragen die Uniform von anti-japanischen Guerillakämpfern. Ein Kommentator ist einer der Berufe, die am meisten gewünscht werden. 


Nordkoreaner und Nordkoreanerinnen, die im Ausland arbeiten oder in Devisen bezahlt werden, werden als privilegiert angesehen. Es wird gesagt, dass viele Nordkoreaner im Ausland arbeiten wollen. Dazu sagt ein nordkoreanischer Flüchtling: 


Das durchschnittliche Monatseinkommen eines Arbeiters in Nordkorea beträgt 4000 Won, was etwa 50 Cent ist. Doch im Ausland können Arbeiter mindestens 150 Dollar im Monat verdienen. Die Unterkünfte sind schlecht. Doch hoffen die Arbeiter, viel Geld zu machen, wenn sie drei Jahre oder mehr aushalten. 


Kim Young-hee sagt: 


Nordkoreanische Arbeitskräfte im Ausland können normalerweise nicht frei ausgehen, und sie leben in Schlafsälen. Ihre Unterkunft ist extrem ärmlich. Sie erhalten nur einen Teil des Verdiensts, und sie müssen den Rest an den Staat abgeben. Das ist der Grund, warum einige in solchen Fällen auch den Schutz ihrer Menschenrechte ansprechen. Trotzdem hoffen zahlreiche Nordkoreaner, im Ausland arbeiten zu können, weil sie zuhause nicht viel Geld verdienen, es sei denn, sie haben zusätzliche Einkünfte duch Marktaktivitäten. Aber das ist natürlich nicht einfach. Einmal ins Ausland entsendet, können sie relativ schnell Hunderte von Dollar machen. Auch können sich noch mehr Geld durch heimliche Jobs verdienen. Der Wettbewerb für diese Arbeiten ist sehr stark. Ohne entsprechende Verbindungen ist es schwierig, ins Ausland geschickt zu werden. Aufgrund internationaler Sanktionen wurden Nordkoreaner im Ausland wieder nach Hause geschickt. Es gibt noch eine kleine Zahl von nordkoreanischen Arbeitskräften in einigen Ländern wie etwa Russland. Seit dem Covid-19-Ausbruch kehrte die Mehrheit der Arbeitskräfte im Ausland nach Nordkorea zurück.

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