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Open the window of AODEin Traum wird wahr: die WM 2002 in Korea und Japan

Ein Traum wird wahr: die WM 2002 in Korea und Japan

2015-10-20

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Am 31. Mai 2002 begann das größte Fußballfest der Welt, die Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Korea und Japan, um 20.30 Uhr mit einer fulminanten Eröffnungsfeier. Die Fußball-WM 2002 war nicht nur die erste, die in Asien stattfand, sondern auch die erste, die in zwei Ländern, in Südkorea und Japan, ausgetragen wurde. Nach der Eröffnungsrede von Kim Dae-jung gab es spektakuläre Auftritte, die die digitale Spitzentechnologie und traditionelle Schönheit Koreas kombinierten. Die Fußball-Weltmeisterschaft 2002 war ein Sportfest mit 736 Fußballern aus 32 Ländern, die an 31 Tagen in 20 Städten in Japan und Korea insgesamt 64 Spiele durchführten.

Die erste Fußball-Weltmeisterschaft im 21. Jahrhundert lenkte die weltweite Aufmerksamkeit auf die beiden Gastgeberländer Südkorea und Japan von dem Moment an, als sich die beiden Nationen um die Ausrichtung der Mega-Sportveranstaltung bewarben. Korea begann damit im Dezember 1993, als Chung Mong-Joon, der damalige Vorsitzende des koreanischen Fußballverbands (KFA), offiziell seine Absicht verkündete, die Weltmeisterschaft nach Korea zu holen. Die koreanische Regierung versprach ihre volle Unterstützung, und im März 1994 wurde das WM-Bewerbungskomitee gegründet. Dies war der Startschuss zu einem hart umkämpften Wettrennen mit Japan um die Ausrichtung der WM 2002. Herr Kim Se-hoon, damaliger Sportjournalist bei der Zeitung Kyunghyang Shinmun, erzählt uns mehr über das Duell.

Die WM 1994 hatte in Amerika stattgefunden. Es war ein Konsens innerhalb der FIFA, dass die nächste Weltmeisterschaft in Asien stattfinden sollte. Der stärkste Kandidat war die wirtschaftliche Supermacht Japan, das bereits 1988 mit Vorbereitungen für die Weltmeisterschaft angefangen hatte. Japan befand sich also längst im Rennen um die WM-Vergabe, als Korea sich dazu entschloss, mit einzusteigen. Bis dahin hatte Japan alle Vorteile, aber Korea machte unter dem damaligen FIFA-Vize-Präsidenten Chung Mong-Joon in den nächsten zweieinhalb Jahren bemerkenswerte Fortschritte.

Während sich Japan und Korea ein erbittertes Tauziehen um die WM-Ausrichtung lieferten, schlug der asiatische Fußballverband (AFC) im April 1994 die gemeinsame Ausrichtung vor. Doch die beiden konkurrierenden Länder lehnten diesen Vorschlag rundweg ab. Der Streit zwischen den beiden Seiten verstärkte sich, bis auch die FIFA am 23. Mai 1996 den Vorschlag der gemeinsamen Ausrichtung aufgriff. Das FIFA-Exekutivkomitee entschied sich dann am 31. Mai einstimmig für den Vorschlag. Korea und Japan hatten keine andere Wahl, als die Entscheidung der FIFA zu akzeptieren. Sie begruben ihre Streitigkeiten und gelobten, ein neues Kapitel der Versöhnung und der Zusammenarbeit in der WM-Geschichte zu schreiben. Hier ist erneut der Sportjournalist Kim Se-hoon.

Die erste Fußball-Weltmeisterschaft fand 1930 in Uruguay statt, und 72 Jahre später war Asien, und gleich mit zwei Ländern, erstmals Gastgeber der WM. Da die gemeinsame Geschichte von Korea und Japan sehr problematisch ist, wurde den beiden Seiten klar, dass die Bevorzugung eines der beiden Länder als WM-Gastgeber die bilateralen Beziehungen extrem verschlechtern würde. Also entschlossen sich die beiden Länder dazu, die WM als Chance zu nutzen, die vorbelasteten Beziehungen zu verbessern.

Als die Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Korea und Japan endlich eröffnet wurde, verfolgten sechs Milliarden Augenpaare jeden Moment der Mega-Sportveranstaltung. Zur allgemeinen Überraschung geschah bereits im Eröffnungsspiel etwas Unerwartetes. Frankreich, der amtierende Weltmeister, spielte gegen Senegal, damals auf Platz 42 der Weltrangliste und zum ersten Mal bei der WM dabei. Alle Fußballexperten sagten eine vernichtende Niederlage Senegals voraus, doch die französische Mannschaft hatte gegen die unbekannten Afrikaner ohne ihren abwesenden Star Zinedine Zidane von Spielbeginn an Probleme. In der 29. Minute passierte das Unvermeidliche: Senegals Papa Bouba Diop erzielte das erste und einzige Tor des Spiels, das 1:0 gegen Frankreich. So hatte die Weltmeisterschaft 2002 bereits ihre erste Sensation, als der Underdog Senegal dem Titelverteidiger Frankreich eine peinliche Niederlage bescherte. Zur Freude ungläubiger Fußballfans rund um den Globus sollte noch eine ganze Reihe von Überraschungen folgen. Der Sportjournalist Kim Se-hoon listet einige dieser Überraschungen auf.

Die französischen Fußballer gewannen die WM 1998 im eigenen Land. Die meisten Mitglieder der siegreichen Mannschaft von damals spielten noch, sodass natürlich jeder damit rechnete, dass Frankreich den Titel verteidigen könnte. Ein anderer Kandidat, Argentinien, hatte in den Vorrundenspielen starke Leistungen gezeigt. Portugal war ebenfalls sehr stark, angeführt durch seinen Starspieler Luis Figo. Aber alle diese Mannschaften sind bereits in der Gruppenphase ausgeschieden. Die Mannschaft aus dem Senegal, der ein Überraschungssieg gegen Frankreich gelungen war, kam ins Viertelfinale, ebenso wie die USA. Es war ein Turnier voller unerwarteter Ergebnisse.

Aber die größte Überraschung war der atemberaubende Sturmlauf der Koreaner. Koreas erstes Gruppenspiel gegen Polen am 4. Juni in Busan gab die Richtung für den weiteren Turnierverlauf vor. In der 26. Minuten erzielte Hwang Sun-Hong das erste Tor der koreanischen Mannschaft, und in der 8. Minute der zweiten Hälfte gelang dem Stürmer Yoo Sang-Chul der entscheidende zweite Treffer gegen Polen. Das war der erste Sieg der südkoreanischen Fußball-Nationalmannschaft bei einer Weltmeisterschaft, seit Korea vor 48 Jahren das erste Mal bei der WM 1954 in der Schweiz dabei gewesen war.

Der erste Sieg bei einer WM löste im ganzen Land Begeisterung für die koreanischen Fußballspieler aus. Menschen aus allen Altersgruppen und sozialen Schichten strömten auf die Straßen, jubelten der Mannschaft zu und trugen zur Unterstützung rote T-Shirts mit dem Aufdruck: „Be the Reds!“ Ausländische Journalisten waren über Koreas unerwartete Siegesserie und die durchorganisierte, aber leidenschaftliche Unterstützung der koreanischen Fans begeistert. Der Sportjournalist Kim Se-hoon beschreibt den Jubel auf Koreas Straßen.

Die Ausländer waren sicher nicht vertraut mit der Art und Weise, wie die Koreaner in Gruppen organisiert ihre Mannschaft anfeuerten. Ausländische Sportfans jubeln jeweils auf ihre eigene Weise, anders als die Koreaner, die alle gemeinsam vorher eingeübte Fangesänge anstimmten oder choreografierte Tanzroutinen durchführten. Die ausländische Presse war auch von der Tatsache beeindruckt, dass diese Jubelorgien ganz ohne Gewalt auskamen. Bei Spielen im Ausland kommt es bei den beinahe regelmäßigen Ausschreitungen von Hooligans immer wieder zu Personen- und Sachbeschädigungen und sogar zu Spieleunterbrechungen. Doch das alles gab es nicht bei den koreanischen Fans. Journalisten aus der ganzen Welt waren begeistert darüber, dass bei den großen Menschenansammlungen Unfälle oder Übergriffe ausblieben.

Das zweite Gruppenspiel Koreas gegen die USA am 10. Juni endete mit einem 1:1-Unentschieden. Vier Tage danach war das Spiel gegen Portugal, ein Mitfavorit auf den Titel. Die Koreaner nahmen die Stürmer der gegnerischen Mannschaft in Manndeckung und ließen sie während des ganzen Spiels nicht mehr aus den Augen. Ihre Mauertaktik blockierte jeden Angriff Portugals wirksam ab. Der Sportjournalist Kim erklärt es uns.

Die koreanischen Spieler waren für das Spiel topfit. Das war nämlich die oberste Priorität von Trainer Guus Hiddink, nachdem er das Ruder der koreanischen Nationalmannschaft übernommen hatte: die körperliche Fitness der Spieler. Seiner Ansicht nach war die Fitness dasjenige, das die koreanischen Spieler effektiv verbessern konnten, um bei stärkeren Gegnern mitzuhalten. Gleich als der neue Trainer Hiddink nach Korea kam, legte er den Spielern einen strengen Trainingsplan vor, um sie in Form zu bringen. Einige Sportkommentatoren sagen, dass die koreanische Mannschaft bemerkenswerte fußballerische Fähigkeiten zeigte, aber in Wahrheit spielten die Koreaner einen primitiven Fußball. Wenn der Gegner einen Schritt machte, machten wir zwei. Auf diese Weise konnte Korea Weltklassegegner schlagen.

Nach etwa 30 Minuten in der zweiten Hälfte erzielte der Mittelfeldspieler Park Ji-Sung ein Traumtor: Er nahm den Ball im gegnerischen Strafraum mit der Brust an, versetzte einen Gegenspieler und knallte den Ball durch die Beine des Torwarts ins Tor. Die koreanische Mannschaft besiegte ihren Gegner Portugal mit 1:0 und erfüllte sich damit den Traum, wenigstens die Gruppenphase zu überstehen.

Die Dynamik der koreanischen Mannschaft setzte sich auch nach dem Weiterkommen in die Runde der letzten Sechszehn fort. Gegen Italien lieferte sich Korea ein packendes Spiel und kam in die Verlängerung. Dort gelang Stürmer Ahn Jung-Hwan ein unglaubliches Golden Goal als Siegtor zum 2:1. Die Nachricht, dass die koreanische Mannschaft im Viertelfinale war, versetzte die gesamte Nation in einen Rausch. Ein ohrenbetäubender Jubel und Wellen knallroter T-Shirts, Schals und anderer Kleidungsstücke schienen das ganze Land zu bedecken. Nachfolgend ein enthusiastischer KBS-Bericht über die ekstatischen Reaktionen in Korea.

Als nächstes kam Spanien. Das Viertelfinalspiel endete ohne ein Tor in der regulären Spielzeit. Es kam zu einem Elfmeterschießen. Die strahlenden Helden waren am Ende Torwart Lee Woon-jae, der einen Schuss der Spanier hielt, und Kapitän Hong Myung-Bo, der sein Team durch einen wuchtigen Schuss zum 5:3-Endstand ins Halbfinale führte. Nachfolgend ein Interview mit dem damaligen Trainer Koreas, Guus Hiddink, der bei der Weltmeisterschaft zum koreanischen Nationalhelden wurde.

Ich kann meine Gefühle jetzt gar nicht beschreiben. Ich bin so froh, dass die Spieler so gut gespielt haben. Wir haben unseren Traum wahr gemacht und werden dies auch weiterhin tun. Die Spiele werden schwieriger, aber die Mentalität in unserer Mannschaft wird auch immer stärker. Ich bin sehr stolz auf unsere Spieler.

Doch das koreanische Sommermärchen kam am 25. Juni zu einem abrupten Ende, als Korea im Halbfinale 1:0 gegen Deutschland verlor. Der Sportjournalist Kim Se-hoon beschreibt es uns.

Im Halbfinale gegen Deutschland kassierte Korea ein Tor von Michael Ballack und wurde Null zu Eins besiegt. Aber die koreanischen Spieler hatten einen guten Kampf geliefert. Wenn Korea gewonnen hätte, hätten wir für das Endspiel nach Yokohama in Japan fliegen müssen. Es war schön, von dieser Reise zu träumen. Aber die koreanischen Fußballer spielten besser als wir erwartet hatten, sie setzten sich gegen Weltklassemannschaften durch und kamen bis ins Halbfinale. Die Ergebnisse waren sehr ermutigend und stellten die Koreaner im In- und Ausland am Ende zufrieden.

Die 31-tägige Fußball-Weltmeisterschaft 2002 in Korea und Japan ging in Yokohama zu Ende, als Brasilien 2:0 gegen Deutschland siegte und zum fünften Mal Weltmeister wurde. Deutschland wurde Zweiter, und Korea errang nach einer Niederlage gegen die Türkei im kleinen Finale in Seoul den vierten Platz. Die Weltmeisterschaft 2002 war ein historischer Wendepunkt für den koreanischen Fußball, nicht nur, weil europäische Fußballligen sich jetzt noch mehr für koreanische Spieler interessierten. Es war auch eine Chance für die Koreaner, das Vertrauen ins eigene Land wieder zu erlangen, dass sie seit der Finanzkrise 1998 verloren hatten, und dieser Sinneswandel war auch in den Köpfen der Menschen auf der ganzen Welt zu spüren. Die Freude und Begeisterung der Koreaner während der Fußball-Weltmeisterschaft 2002 wird im Herzen des koreanischen Volkes für immer lebendig bleiben.