Auszug ausdem Sendeinhalt

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Einmal passierte es mir, dass ich auf eine Schnecke trat. Es war Hochsommer, so heiß, dass die Feuchtigkeit unter der Achselhöhlen herausdampfte, und ich ging einen Bergweg entlang.  
Knirsch! Als dieses Geräusch an meine Ohren drang, wachte ich auf aus dem Nickerchen, das ich gerade gehalten hatte. In der Nackengegend spürte ich die schleimige Schnecke, die gerade dabei war, über meinen gesamten Körper zu kriechen. Zufällig war es auch ein Sonntag.

Die Ich-Erzählerin und Protagonistin der Geschichte hat an einem Sonntag Nachmittag auf dem Sofa ein Buch gelesen und ist eingeschlafen. Sie träumt von einer Schnecke und wacht dann plötzlich auf. 

Literaturkritikerin Jeon So-yeong : Der Sonntag ist ein Ruhetag, ein Ankerpunkt in der hektischen Arbeitswoche. An Sonntagen wollen wir unserer Alltagsroutine entfliehen und eine geruhsame Zeit haben. Doch für die Protagonistin der Geschichte haben diese Sonntage etwas Unerträgliches, denn sie hat jemanden verloren. Die Schnecke steht für einen Menschen mit zarten, weichen Gefühlen im Inneren, für jemanden, der dem Gefühl des Verlustes um jeden Preis entkommen will. Der Sonntag bedeutet hier auch die Zeit des Neuanfangs, die Möglichkeit, sich auf die Zukunft vorzubereiten. Wer in seinem Schneckenhaus gefangen ist, der muss es zerbrechen, um frei zu werden. 
 

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Choi Ok-jeong, 1964 in Iksan in der Provinz Jeollabuk-do geboren, gab ihr literarisches Debüt im Jahre 2001 mit der Erzählung „Haus der Erinnerung“. Sie gewann unter anderem den Heo-Gyun-Literaturpreis und den Ku-Sang-Literaturpreis für junge Schriftsteller. Die Erzählung „Schnecke an einem Sonntag“ erschien im Dezember 2017 in dem Erzählband „Ich traf eine alte Frau“.