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Kultur

Jeon Sung-tae: „Über die Grenze“

2018-05-08



Auszug ausdem Sendeinhalt



Jeon Sung-tae : 

Als ich in meinen Zwanzigern war, herrschte in Korea eine freiere Zeit als zu früheren Generationen. Man konnte Rucksackreisen in alle Welt unternehmen und musste sich nicht mehr groß mit Nationalismus herumschlagen. Korea wurde wirtschaftlich konkurrenzfähig und wir versuchten uns als Weltbürger. Das führte mich zu der Frage, wie die innere Teilung sich auf unser Bewusstsein und Unterbewusstsein auswirkte, auch wenn wir, als wir heranwuchsen, keinen Krieg erleben mussten. Ich glaube, ich wollte eine Geschichte schreiben über die Schwierigkeiten, die Koreaner überwinden müssen, um Mitglieder der internationalen Gemeinschaft zu werden. Ich wollte ein psychologisches Porträt von Menschen zeichnen, die in einem geteilten Land leben. Die Grenze stellt für mich nicht einfach nur eine physikalische Teilung dar, sondern eher verschiedene Schichten von psychologischer Barrieren. 



Park, die Hauptfigur der Geschichte, beschließt, zusammen mit anderen Touristen, die er in Kambodscha im Guesthouse getroffen hat, die Grenze nach Thailand zu überqueren. Begleitet wird er unter anderem von einem Deutschen namens Jan, der japanischen Studentin Naoko und Kobayashi, der offenbar ihr Vater ist. Gemeinsam überqueren sie die 20 Meter breite Brücke nach Thailand.



____


Für den Übergang einer Landesgrenze wirkte die Brücke, auf der jeder einzelne Schritt eine Staubwolke aufwirbelte, ziemlich heruntergekommen. Obwohl das Geländer grau überstrichen worden war, konnte man deutlich die Einschusslöcher von Gewehrkugeln erkennen. Als er sich umschaute, konnte er eine ganze Reihe solcher Einschusslöcher sehen. Überall wo er hinblickte, waren Einschusslöcher, so als ob beim Aufkrempeln eines Hemdärmels wunde Stellen zum Vorschein kämen. Park lief es kalt den Rücken herunter und sein Herz begann heftig zu pochen.  


발길마다 뿌옇게 흙먼지가 이는 다리는

국경의 다리치고는 무척 낡아 보였다.

회색 페이트칠로 덮고 있었지만 난간에는 탄흔이 뚜렷했다.

눈을 돌리니 그것은 한 두군데가 아니었다.


박은 등골이 오싹해지면서 심장이 뛰는 것을 느꼈다.

그 때 어디선가 호르라기 소리가 들렸고 박은 저도 모르게 뛰기 시작했다.



Mit Jan, dem deutschen Touristen, verbindet Park die Erfahrung, in einem geteilten Land zu leben, bzw. gelebt zu haben. Besonders gut verstehen sich die beiden trotzdem nicht. 


____


„Ich habe gehört, dass in Nordkorea viele Menschen sterben“, sagte Jan. „Stimmt es, dass viele Kinder leiden müssen, weil es dem Land wirtschaftlich zu schlecht geht?“

„Ja, das habe ich auch gehört,“ antwortete Park und lächelte ein wenig.

Daraufhin verhärteten sich Jans Gesichtszüge. 

„Wie kannst du über so etwas lächeln?“, fragte er plötzlich in missbilligendem Ton. 

Als Park wieder ein gewöhliches Gesicht machte und sich aufrecht hinsetzte, hatte sich Jan schon abgewandt und sah nun aus dem Fenster. Park war erstaunt, dass es nicht die Sprache, sondern ein Gesichtsausdruck gewesen war, das dieses Missverständnis hatte auslösen können.


‘북한 사람들이 많이 죽고 있다고 들었다.

 경제적 어려움으로 아이들이 많이 희생되고 있다는데 사실이냐?‘

‘나도 그렇게 들었다’

박은 싱긋 웃어보였다.

그러자 돌연 얀의 표정이 굳어졌다.

‘어떻게 웃을 수 있느냐’

놀랍게도 그는 힐난조로 물었다.

박이 정색을 하고 자리를 고쳐 앉았는데

얀은 이미 몸을 돌려 창밖으로 시선을 던져 외면한 채였다.

언어가 아니라 표정이 오해를 불러일으켰다니 참 난감했다.





Jeon Sung-tae, geboren 1969 in Goheung in der Provinz Jeollanam-do, begann seine Karriere als Schriftsteller 1994 mit der Erzählung „Hühnerjagd“. Seine erste Kurzgeschichtensammlung mit dem Titel „Weihrauch“ erschien 1999, die Erzählung „Über die Grenze” 2004.

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