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Kultur

Lee Hye-gyeong: „Bukchon“

2019-01-22


Aus dem Sendeinhalt


Sie lief in die Gasse wie ein kleiner Vogel, der sich im Busch versteckt. Er hatte sich gerade umgedreht, nachdem er einen Müllsack weggeworfen hatte.
 Sein Haus befand sich am Eingang einer schmalen Gasse, zwei Schritte von der Seitenstraße entfernt, breit genug für ein Auto. In der Gasse befanden sich nur sein Haus, ein Hanok direkt nebenan, und am Ende zwei Häuser die durch eine kleine Aluminiumtür erreichbar waren.
 Sie ging an ihm vorbei und stürmte durch die offene Tür.
 "Hey, Moment!"
 Als der aufgebrachte Mann ihr zurief, legte die Frau, die sich bereits hinter der Haustür versteckt hatte, den Zeigefinger an die Lippen und flüsterte:
 "Pscht. Schnell. Kommen Sie rein und schließen Sie die Tür!“
 Er folgte ihrem Befehl, wie ein Roboter, der von ihrer Stimme gesteuert wurde.
 Eilig brachte er ihr eine Tasse Wasser.
 Sie nahm zittrig die Tasse und schluckte das Wasser hinunter.
 „Ich habe jemanden getroffen, den ich lieber nicht sehen würde“, sagte sie.
 Sie drehte den Kopf zum Hof. Ihr Blick wanderte von einer Sache zur anderen, von der Schiebetür des Innenraums zu einem Granitfußstein, auf dem ein zufällig hingeworfenes Paar Hausschuhe lag, und zu der Mauer, die an die Gasse angrenzte.



 
Literaturkritikerin Jeon So-yeong: 

Die Autorin beschreibt die Straßen von Bukchon als Tore in die Vergangenheit. Die alten Zeiten von Seoul sind hier noch lebendig, so dass sich die Menschen bei einem Spaziergang durch diese Gegend in nostalgische und friedliche Stimmung geraten. Vielleicht hat die Autorin deshalb Bukchon als Hintergrund für die Geschichte gewählt. Bukchon ist ein Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart nebeneinander existieren, ein Ort, an dem Erinnerungen lebendig sind. Die Figuren in der Geschichte ähneln diesem Ort, insofern als ihre bisherigen Erfahrungen ihre Gegenwart prägen. Bukchon wurde als Kulisse verwendet, um zu zeigen, dass die Vergangenheit und Gegenwart der Charaktere eng miteinander verbunden sind.



Die Räder seines neuen Gepäckkoffers kratzten auf dem Betonboden. Nachdem er die Straße in Samcheong-dong hinuntergegangen war, blieb er für eine Sekunde stehen und bog dann ab. Die Granitplattform war vom Regen nass und glitzerte unter der Straßenlaterne um so kälter.
 Er nahm sein Handy heraus. Er öffnete die Nachrichtendatei und löschte alle bittenden und drohenden Texte von ihr und damit auch die anhaltende Sehnsucht, die an ihnen hing.

 



Lee Hye-gyeong, geboren 1960 in Boryeong, Chungcheongnam-do debütierte 1982 mit „Unsere Amputation" und gewann 1995 den 19. Today Literature Award für „Ein Haus auf der Straße“. 

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