Frage: Volker Willschrey aus Dillingen fragt: Gibt es eigentlich auch Informationen über die Namen der Provinzhauptstädte Koreas? Die Provinzen kann man ja in der Fachliteratur finden, aber die dazugehörigen Hauptstädte habe ich noch nicht ausmachen können. Könnten Sie einmal etwas über die Provinzhauptstädte berichten?
Antwort: Schauen wir uns einmal die grundlegende verwaltungstechnische Struktur der Republik Korea an. Korea besteht aus einer 특별시 (Teukbyeolsi), sechs 광역시 (Gwangyeoksi) und neun 도 (do). 특별시 bedeutet direkt übersetzt Sonderstadt. Es gibt nur eine 특별시 in Korea, nämlich die Hauptstadt Seoul mit ihren an die 10 Millionen Einwohnern. Seoul wurde am 15. August 1946 verwaltungstechnisch von der Provinz Gyeonggi-do, zu der es gehörte, abgespalten, damals als 특별 자유시 (Teukbyeol jayusi), als Besondere Freie Stadt. Am 15. August 1949 wurde es 특별시, Sonderstadt.
광역시 sind regionale Metropolen mit einer Einwohnerzahl von über einer Million, die wie die Provinzen lokale Autonomie besitzen und direkt der Zentralregierung unterstehen. 광역시 Status, der erst 1995 im Zuge der Erweiterung der Lokalautonomie eingeführt wurde, haben sechs Städte, nämlich Incheon, Busan, Ulsan, Daegu, Daejeon und Gwangju. Vor 1995 wurden die 광역시 als 직할시 (Jikhalsi) bezeichnet, als direkt regierte Städte, also Städte, die direkt der Zentralregierung unterstehen. Als erste 직할시 wurde Busan am 1. Januar 1963 von der Süd-Gyeongsang-Provinz abgespalten. Es folgten Daegu und Incheon am 1. Juli 1981, wobei Daegu von der Nord-Gyeongsang-Provinz und Incheon von der Provinz Gyeonggi autonom wurde. Gwangju folgte am 1. November 1986 mit seiner verwaltungstechnischen Unabhängigkeit von der Süd-Jeolla-Provinz und Daejeon, das zur Süd-Chungcheong-Provinz gehörte, am 1. Januar 1989. Das Schlusslicht bildete Ulsan, das erst am 15. Juli 1995 von der Süd-Gyeongsang-Provinz unabhängig wurde.
Neben den 광역시 gibt es wie gesagt die 도, die Provinzen, die in Grenzen und Identität seit etwa dem 11. Jahrhundert historisch gewachsen sind. Die neun do sind Gyeonggi-do, Nord-Chungcheong-do, Süd-Chungcheong-do, Gangweon-do, Nord-Gyeongsang-do, Süd-Gyeongsang-do, Nord-Jeolla-do, Süd-Jeolla-do und die Insel Jeju-do. Die Teilung in nördliche und südliche Provinz im Falle von Chungcheong-do, Gyeongsang-do und Jeolla-do geht übrigens bereits auf das Jahr 1896 zurück. Damals hatte die koreanische Halbinsel insgesamt acht Provinzen, die dann auf 13 erweitert wurden. Pgyongan-do und Hamgyong-do, die heute in Nordkorea liegen, wurden 1896 nämlich auch in eine nördliche und eine südliche Verwaltungseinheit geteilt, was aus acht Provinzen 15 machte. Jeju-do wurde erst nach der Befreiung von der japanischen Besatzung im Jahre 1945 eine autonome Provinz. Bis dahin gehörte es zur Süd-Jeolla-Provinz.
Die einzelnen Provinzen haben dann auch noch Provinzhauptstädte, die allerdings zum Teil nur Verwaltungssitze sind und nicht die Bedeutung der autonomen regionalen Metropolen haben. In einigen Fällen sind allerdings die regionalen Metropolen, also die 광역시, auch Sitz der Provinzregierung. Kommen wir zu den einzelnen Provinzen und den Provinzhauptstädten. Hauptstadt der Provinz Gyeonggi-do ist die Stadt Suwon etwa 40 Kilometer südlich von Seoul. Suwon hat etwas über eine Million Einwohner und ist berühmt für die Hwaseong-Festung aus dem 18. Jh., die 1997 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen wurde. Die Stadt ist ebenfalls bekannt für Galbi, gregrillte marinierte Rinderrippen. Sie wird manchmal auch die Hauptstadt des koreanischen Fußballs genannt, weil sie Heimat der Suwon Samsung Bluewings ist. (http://eng.suwon.ne.kr)
Hauptstadt der Provinz Gangweon-do ist seit 1896 die Stadt Chuncheon mit etwas über 250.000 Einwohnern. Sie liegt etwa 80 km nordöstlich von Seoul. Es ist eine Stadt der Seen und Staudämme, ein Umschlagplatz für Reis und Sojabohnen, die Hauptagrarerzeugnisse aus der Umgebung, und eine Stadt der Festivals wie das Chuncheon Pantomimenfestival und das Chuncheon Puppenfestival. Als kulinarische Spezialität ist Dak-galbi zu nennen, gegrilltes Hühnchen in mehr oder minder scharfen Soßen. (http://www.chuncheon.go.kr)
Hauptstadt der Nord-Chungcheong-Provinz ist seit 1908 die Stadt Cheongju. Sie liegt etwa 128 km südöstlich von Seoul und hat etwas über 615.000 Einwohner. Cheongju blickt auf eine über 1000-jährige Geschichte zurück. Während des Vereinigten Silla-Reiches fungierte die Stadt als zweite Hauptstadt. Während der Joseon-Dynastie (1392-1910) war sie im 15. und 16. Jh. ein wichtiger Armeestützpunkt. Mit der Fertigstellung der Gyeongbu-Eisenbahnlinie im Jahr 1905 wurde sie zum Verkehrsknotenpunkt der Region. 1908 wurde die Provinzverwaltung aus Chungju nach Cheongju verlegt. (http://english.cheongju.go.kr)
Hauptstadt der Süd-Chungcheong-Provinz ist Daejeon. Es ist seit 1932 Provinzhauptstadt und ist es auch geblieben, nachdem es 1989 als autonome regionale Metropole unabhängig von der Süd-Chungcheong-Provinz wurde. Daejeon ist mit knapp 1,4 Mio. Einwohnern die fünftgrößte Stadt des Landes nach Seoul, Busan, Daegu und Incheon, gefolgt von Gwangju an sechster Stelle. Die Entwicklung vom Dorf zur Stadt setzte mit der Fertigstellung der Eisenbahnlinie im Jahre 1914 ein, die Daejeon zum wichtigen Verkehrsknotenpunkt machte. Während des Koreakrieges war die Stadt vorübergehend Hauptstadt Südkoreas. 70% der Stadt wurden damals völlig zerstört. Heute ist Daejeon Zentrum der koreanischen Textilindustrie, des Maschinenbaus und der chemischen Industrie. Südkoreas Weltraumforschungsinstitut hat dort ebenfalls seinen Sitz. Durch die Weltausstellung 1993 wurde Daejeon auch international bekannter. (http://www.daejeon.go.kr/english/index.jsp)
Die Hauptstadt der Nord-Jeolla-Provinz ist Jeonju mit seinen ca. 620.000 Einwohnern. Jeonju liegt etwa 230 km südlich von Seoul. Es ist bekannt für Hanji, das traditionelle koreanische Papier, das aus der Rinde des Maulbeerbaums hergestellt wird – ein faltbarer Papier-Fächer ist Symbol und Logo der Stadt - und auch für seine hervorragende Küche und Gerichte wie Bibimpap, Reis vermischt mit Gemüse, Fleisch, Ei und scharfer Peperonipaste. Es gilt aber nicht nur als Zentrum des kulinarischen Genusses und als wirtschaftlicher, militärischer und kultureller Knotenpunkt der Region, sondern auch als Zentrum des verfeinerten Geschmacks und als geistiges Zentrum des Landes. Denn Yi Seong-gye, der Gründer der Joseon-Dynastie, stammt aus Jeonju. Heute ist weltweit auch das Internationale Filmfestival, das jährlich in Jeonju stattfindet, ein Begriff. (http://www.jeonju.go.kr/eng2004)
Kommen wir zur Süd-Jeolla-Provinz. Bis 2005 war die autonome Stadt Gwangju, das Zentrum der koreanischen Demokratisierungsbewegung, die Hauptstadt dieser Provinz. Heute ist es das Dorf Namak, bzw. der Landkreis Muan-gun, zu dem es gehört. Muan-gun hat etwa 70.000 Einwohner. Im Südwesten liegt die Stadt Mokpo und im Westen das Gelbe Meer. Ein internationaler Flughafen befindet sich im Bau und soll die Flughäfen in Gwangju und Mokpo ersetzen. Der Landkreis Muan-gun, dessen gelbe Erde besonders Germanium-reich ist, ist der Hauptproduzent von Knoblauch und Zwiebeln in Korea. Das Muan-gun Gebiet gilt als wichtige Schnittstelle zwischen Insel- und Küstenkultur sowie zwischen den westlichen und südlichen Regionen des Landes mit ihren jeweiligen kulturellen Eigenheiten. (http://english.jeonnam.go.kr)
Daegu, im Südosten des Landes gelegen, ist die Hauptstadt der Nord-Gyeongsang-Provinz. Es ist mit 2,54 Mio. Einwohnern nach Seoul, Busan und Incheon die viertgrößte Stadt Koreas. Politisch gesehen ist es wie auch Daejeon trotz seines Status als Provinzhauptstadt seit 1989 eine autonome Stadt und damit eine unabhängige Einheit. Daegu ist bereits seit alters her das administrative, kulturelle und wirtschaftliche Zentrum der südöstlichen Region. Zwischen 1392 und 1910, also während der Joseon-Dynastie, war Daegu die Hauptstadt der Provinz Gyeongsang, die 1896 in Nord und Süd aufgeteilt wurde. Daegu gilt mit 21% aller Textilmanufakturen und 61% aller Stoffproduzenten als Mekka der Textilindustrie und als Modezentrum Koreas. Daneben spielen Metallindustrie und Maschinenbau und traditionell der Kleinhandel mit medizinischen Kräutern eine wichtige Rolle. Unter den Agrarprodukten haben sich Daegus Äpfel einen Namen in Ostasien gemacht. (http://english.daegu.go.kr)
Hauptstadt der Süd-Gyeongsang-Provinz ist die Stadt Changwon, die etwa 58 km westlich von Busan und 110 km südlich von Daegu liegt. Bis zu seiner Bestimmung zur autonomen Stadt im Jahre 1963 war Busan Teil der Süd-Gyeongsang-Provinz und blieb auch noch 20 Jahre danach Verwaltungssitz. Als 1983 die Entscheidung getroffen wurde, die Verwaltung in die Provinz zurückzulegen, gab es mehrere Bewerber-Städte wie Masan und Jinju. Überraschenderweise machte Changwon mit seinen etwas über 500.000 Einwohnern das Rennen. Ein Grund mag sein, dass Changwon eine Stadt ist, die weniger organisch-historisch gewachsen ist, als geplant. Seit 1974 wurde Changwon, wo wichtige Unternehmen wie LG Electronics und Samsung Niederlassungen haben, als moderne Industriestadt städteplanerisch entwickelt, was sich z.B. an den überall in der Stadt verstreuten Parks und Grünanlagen für die Bürger bemerkbar macht. (http://www.changwon.go.kr/foreign/english)
Die Insel-Provinz Jeju-do, 154 km von der Südspitze des koreanischen Festlandes entfernt, ist die kleinste Provinz Südkoreas. Hauptstadt ist die Stadt Jeju mit etwa 250.000 Einwohnern. Die Stadt mit Hafen und Flugplatz ist das Tor zur Insel und Ausgangspunkt für die vielen Sehenswürdigkeiten dieses beliebten subtropischen Reiseziels in Korea. (http://english.jeju.go.kr)
Wie lange es die koreanischen Selbstverwaltungseinheiten in ihrer jetzigen Form überhaupt noch geben wird, ist übrigens auch eine aktuelle Frage. Im April 2005 kamen nämlich Regierungs- und Oppositionspartei überein, die jetzigen autonomen Städte und Provinzen als Selbstverwaltungseinheiten zu beseitigen. Die Provinzen und autonomen Städte teilen sich verwaltungstechnisch noch einmal in 구 (gu), das sind die großen Stadtbezirke von Seoul, der autonomen Städte und einiger anderer Großstädte über 500.000 Einwohner, 시 (si), das sind in den Provinzen Städte mit mehr als 150.000 Einwohnern, und 군 (gun), Landkreise in den Provinzen mit weniger als 150.000 Einwohnern. Es gibt noch weitere Unterteilungen in 읍 (eup), Kleinstädte mit mehr als 20.000 Einwohnern, 면 (myeon), ländliche Gemeinden mit wenigstens 6.000 Einwohnern, und 리 (ri), die administrativ kleinste Einheit auf dem Lande mit bis zu 6.000 Einwohnern. Dem entspricht in den großen Städten 동 (dong), das sind die administrativen Untereinheiten der großen Stadtbezirke. All diese administrativen Einheiten sollen beseitigt und neu organisiert werden in etwa 60 administrative Einheiten mit einer Einwohnerzahl von jeweils einer Million. Ziel einer solchen Reform wäre natürlich eine Überholung des Wahlsystems und eine Neuordnung der Wahlkreise, nach der jeder Wahlkreis eine annähernd gleich hohe Wählerschaft hätte, was momentan nicht der Fall ist. Dieses System, so hieß es vor im Frühjahr 2005, soll etwa 2010 eingeführt werden. Bis dahin werden sich sicherlich Stimmen dagegen erheben, die von einer solchen Neuerung negativ getroffen würden. Die Entwicklung bleibt abzuwarten.
(http://times.hankooki.com/lpage/nation/200504/kt2005042817341311990.htm)
Einen schnellen Überblick über die koreanischen Provinzen und Provinzhauptstädte gibt Thomas Schneiders Webseite www.koreainfo.de Gehen Sie dort auf den Menüpunkt Reiseland Korea und dann auf den Unterpunkt Beschreibung aller Provinzen und Städte Koreas.