FRAGE: Heinz Günther Hessenbruch aus Remscheid schreibt: Können Sie einmal über die künstliche Befruchtung in Südkorea berichten? Gibt es überhaupt einen Bedarf daran? Wie sieht es mit der Rechtslage aus? Wie ist die Erfolgsquote?
ANTWORT: Es gibt auch in Korea einen in den letzten Jahren steigenden Bedarf an künstlicher Befruchtung. Im Internet finden sich statistische Schätzungen für die Unfruchtbarkeitsrate der einzelnen Länder der Welt. Für Deutschland werden bei einer Bevölkerung von etwas über 82,4 Mio. etwas mehr als 1,848 Mio. unfruchtbare Menschen im fortpflanzungsfähigen Alter angenommen. Für Korea wird geschätzt, dass 1,081 Mio. Menschen im fortpflanzungsfähigen Alter keine Kinder bekommen können. Dies wird bezogen auf eine Gesamtbevölkerung von 48,233 Mio. Koreanern. D.h. die Rate der Unfruchtbarkeit ist im Vergleich zu Deutschland und zur jeweiligen Gesamtbevölkerung nicht gerade niedrig. Nach Angaben von Kwang Yul Cha, einem international bekannten Gynäkologen und Spezialisten für Unfruchtbarkeit, haben etwa 15% aller verheirateten Frauen Probleme, schwanger zu werden bzw. sind unfruchtbar. Die Zahl soll in den letzten Jahren um 5% gestiegen sein. Als Hauptursachen dafür werden angegeben Heirat in vergleichsweise fortgeschrittenem Alter, schädliche Umwelteinflüsse und Gebärmutterschleimhautkrebs.
Das erste, in der Petrischale erzeugte Baby wurde in Korea 1984 geboren. Seitdem ist dieser medizinische Bereich sehr schnell gewachsen. Heute gibt es landesweit über 100 Spezialkliniken, die sich mit der Behandlung von Unfruchtbarkeit beschäftigen. Nach Schätzungen sollen in Korea pro Jahr an die 8.000 Babys durch künstliche Befruchtung zur Welt kommen, das macht weltweit etwa 20 Prozent aller Geburten auf Basis von künstlicher Befruchtung aus. Die diesbezügliche koreanische Industrie ist entsprechend hoch entwickelt. Das Cha General Hospital in Seoul etwa, dessen gynäkologische Abteilung auf künstliche Befruchtung spezialisiert ist, kann folgende Erfolge vorweisen: Das erste Baby weltweit, für das unreife Eizellen in der Petrischale zur Reife gebracht und dann befruchtet wurden, die erste Schwangerschaft in Asien bei einer Frau ohne Eierstöcke und das erste Eizellen-Konservierungscenter der Welt. Daneben wurden in diesem Krankenhaus bereits bestehende Behandlungstechniken verfeinert und verbessert, so dass man fast 9 von 10 unfruchtbaren Frauen auf künstlichem Wege zu einem Kind verhelfen kann.
Generell soll die Erfolgsrate bei künstlichen Befruchtungen in Korea so hoch wie in den USA liegen, wo es bei in-vitro-Behandlungen pro Zyklus in 33% der Fälle zu Schwangerschaften und in 27% der Fälle zu anschließenden Lebendgeburten kommen soll. Die Erfolgsrate hängt natürlich von einer Reihe von Faktoren ab wie Alter der Frau, gespendete Eizellen oder eigene Eizellen usw.
Seit 2006 unterstützt das koreanische Ministerium für Gesundheit und Soziales künstliche Befruchtungen, wobei es hauptsächlich darum geht, damit die Geburtenrate zu erhöhen. Künstliche Befruchtungen sind diesbezüglich keine schlechte Option, da es in etwa 30% aller Fälle zu Mehrlingsgeburten kommt. Eine künstliche Befruchtung kostet in Korea rund 2.500 Euro pro Versuch, wobei die Regierung die Hälfte der Kosten übernimmt. Die Unterstützung kann beantragt werden von verheirateten Frauen unter 45, die als unfruchtbar diagnostiziert wurden. Dabei darf das Einkommen des Paares allerdings rund 3. 630 Euro pro Monat nicht überschreiten. Es werden nur zwei Versuche unterstützt.
Nach Angaben des Ministeriums für Gesundheit und Soziales soll 2006 die Zahl der künstlich herbeigeführten Schwangerschaften im Vergleich zu 2005 um 100% gestiegen sein. 2006 haben 14.262 Paare Regierungsunterstützung für künstliche Befruchtung beantragt. 40% dieser Fälle waren erfolgreich. 2007 soll 12.000 unfruchtbaren Paaren durch Finanzierungshilfe von staatlicher Seite zu Kinderglück verholfen werden.
In Korea greifen hauptsächlich verheiratete Paare zu künstlicher Befruchtung. Fälle, in denen Frauen ein Kind aber keinen Mann wollen, dürften so gut wie nicht existieren, da es ledige Mütter in der koreanischen Gesellschaft immer noch schwer haben. Auch lesbische Paare dürften sich auf diesem Wege kaum ihren Kinderwunsch erfüllen, das Thema ist noch weitgehend tabu.
Leihmütter, und auch diese Frage hat mir künstlicher Befruchtung zu tun, haben in Korea allerdings eine gewisse alte Tradition, v.a. um den Weiterbestand der männlichen Linie der Familie zu sichern. Die Leihmutterschaft wird in Korea nicht reguliert, allerdings hat die Korea Medical Association ethische Richtlinien herausgegeben, die entmutigen sollen, gegen Geld ein Kind für jemand anderen auszutragen.
Nach einer Untersuchung der Hallym Universität Ende 2005 waren 83,4% von 1.000 befragten erwachsenen Koreanern gegen Leihmutterschaft gegen Entgelt und 83,3% gegen jede Art von Leihmutterschaft. 89% der befragten Frauen meinten, sie würden noch nicht einmal für ein Familienmitglied als Leihmutter ein Kind austragen wollen. 57% der befragten Frauen sagten, bei Leihmutterschaft sollte die auftraggebende Mutter rechtlich als Mutter anerkannt werden, während 41,7% meinten, es sollte die Frau sein, die das Kind ausgetragen hat. Die Frage wurde Ende 2005 in Korea heiß diskutiert, als bekannt wurde, dass eine japanische Firma für ihre Kundinnen Leihmütter in Korea suchte. In einem Fall handelte es sich um eine alleinstehende Japanerin in den Dreißigern und im zweiten Fall um ein lesbisches japanisches Paar.