Frage: Ein Hörer aus Meckenbeuren schreibt: Ich wollte mal nachfragen, ob es stimmt, dass man von koreanischem Knoblauch weniger stinkt als von südeuropäischem Knoblauch. Ich kann mir das kaum vorstellen. Was ich vom Hörensagen kenne ist, dass es in Korea Schnellimbissketten gibt, wo man nur Knoblauchgerichte erhält. Könnt ihr bitte mal bisschen mehr darüber erzählen?
ANTWORT: Auch bei Knoblauch gibt es genauso wie bei Äpfeln und Tomaten nicht nur eine Sorte, sondern viele verschiedene. Diese lassen sich allerdings zusammenfassen in die beiden Hauptkategorien Allium sativum var. ophioscorodon, grob gesagt die Perlzwiebelsorte, bei der einige große Zehen um einen harten Stängel in der Mitte wachsen, und Allium sativum var. sativum, der eigentliche Knoblauch mit mehreren Ringen von Zehen mit noch mal kleineren Zehen in der Mitte und keinem Stängel. Der normale Supermarktknoblauch ist in der Regel der stängellose. Die meisten Kenner bevorzugen jedoch den mit dem harten Stängel als hochwertiger, reicher und komplexer im Aroma. Einige Gourmets beschreiben den Geschmack als süßlicher und eleganter. Diese Sorte hat weniger Allicin, das Element, das den Knoblauch schärfer macht. Das heißt, man erhält mehr Geschmack bei weniger zum Teil unangenehmer Schärfe, selbst wenn man den Knoblauch roh isst. Diese Sorte ist auch wesentlich einfacher zu schälen. Der Vorteil der stängellosen, schärferen Variante ist jedoch, dass sie länger aufbewahrt werden kann, und zwar einfach, indem man sie trocken aufhängt.
In Korea wird in der Regel die hartstängelige Variante angebaut und auch aus China importiert. China ist mit 75% der weltgrößte Produzent von Knoblauch, gefolgt von Indien, Südkorea, den Vereinigten Staaten und Russland. Aber im Pro-Kopf-Verbauch liegen die Koreaner weltweit vorn, weshalb in punkto Knoblauch auch keine Selbstversorgung erreicht werden kann. Der Löwenanteil der Importe kommt aus China. 2004 lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Knoblauch bei rund 10 kg in Korea, in China nur bei 6 kg, in Thailand bei 1,9 kg und in den USA bei 1,1 kg, um nur einige Beispiele zu nennen. Gesunken dürfte der Verbrauch mittlerweile wohl kaum sein.
Was nun die Knoblauch-basierten Restaurants betrifft, so handelt es sich nicht um Schnellimbissketten, sondern um eine Art Weinlokale der mittleren bis oberen Klasse, in der alle Gerichte, angefangen vom Brot, über die Spaghetti und Pizza bis hin zu Steak, Suppe und Salat mit einer ordentlichen Portion Knoblauch zubereitet werden. Und der ist tatsächlich vergleichsweise mild-aromatisch, d.h. es handelt sich meist um die hartstängelige Variante mit weniger Allicin. Dann dürfte aber auch die Zubereitung noch eine Rolle spielen. Die mittlerweile erfolgreich in ganz Seoul verbreitete Kette nennt sich denn übersetzt auch „Verrückt nach Knoblauch“. Sie ist besonders bei Jugendlichen und Junggebliebenen beliebt, da die Atmosphäre gehoben-casual ist. Die Restaurants sind im mitterlalterlichen Weinkellerstil eingerichtet, die Gerichte italienisch und die Weine international.
Der Erfolg der Kette, zu deren beliebtesten Gerichten eine Gorgonzola-Pizza gehört, die mit einem Honig-Dipp mit geröstetem Knoblauch serviert wird, hängt auch mit dem in den letzten Jahren zunehmendem Gesundheitsbewusstsein in Korea zusammen. Und dass Knoblauch gut für die Gesundheit ist und z.B. den Cholesteringehalt im Blut senkt, dürfte ja wohl unbestritten sein. Kein Wunder, dass der Chefkoch des Restaurants auch Knoblauchmarmelade anbietet:
Blanchieren Sie 200g Knoblauch drei Mal für einige Sekunden in kochendem Wasser. Das entfernt die Schärfe, nur ein Tipp zum Entschärfen des Knoblauchs. Mischen Sie den Knoblauch mit zwei Bechern Milch mit Honig, Salz und Pfeffer und geben Sie die Masse durch einen Mixer, bis alles gut zerkleinert und gemischt ist. Nach Belieben noch mal mit Honig, Salz und Peffer abschmecken.
Man muss natürlich auch bedenken, dass Knoblauch in Korea in der Küche viel allgegenwärtiger ist als etwa in deutschsprachigen Landen, da er unabdingbarer Bestandteil des Nationalgerichts Kimchi ist, das drei Mal pro Tag auf den Tisch kommt. Übertrieben ausgedrückt atmet man quasi mit der Luft schon einen Hauch Knoblauch ein, was einige Hörerfreunde denn auch schon bei der Ankunft auf dem Internationalen Flughafen Incheon bemerkten und kommentierten. Ich persönliche merke da überhaupt nichts mehr, kann es mir aber durchaus vorstellen. Das heißt, beim Genuss der gleichen Menge Knoblauch in Korea und in Deutschland, wird es in Korea wahrscheinlich weniger auffallen, selbst wenn die Schärfe des Knoblauchs identisch ist. Auf Namhae, der Insel, auf der sich das Deutsche Dorf befindet, soll es sogar ein Knoblauch-Museum geben. Das ist weiter kein Wunder, denn aus dieser südlichen Gegend der koreanischen Halbinsel stammt ein Großteil der heimischen Produktion.