FRAGE: Heinz Günther Hessenbruch aus Remscheid schreibt: Den Sinn und Zweck bzw. die Vorteile von Schuluniformen, über die Ende Januar berichtet wurde, habe ich noch nicht verstanden. Sollen dadurch soziale Unterschiede bei der Kleidung umgangen werden? Die sind doch nach der Schule wieder präsent. Zudem sind 300 Euro dafür ein sehr stolzer Preis. oder? Ja, und nicht jeder Schüler hat so eine Figur, dass ihm die Uniform gut steht.
ANTWORT: Zunächst einige Hintergründe zum Tragen von Schuluniformen in Korea. Schuluniformen wurden zum ersten Mal im Jahre 1886 eingeführt, und zwar an der Ehwa-Mädchenschule, der Vorläuferin der heutigen renommierten Ehwa-Frauenuniversität in Seoul. Seitdem galt es in Korea als selbstverständlich, dass Schüler Uniformen tragen. Uniformen hatten auch verschiedene positive Effekte: Da alle das Gleiche trugen, mussten sich ärmere Schüüer nicht ausgeschlossen fühlen und modebewusste Teenager brauchten sich keine Gedanken darüber zu machen, was sie denn nun anziehen sollten und konnten morgens ein paar Minuten länger im Bett bleiben. Im Zuge der raschen Wirtschaftsentwicklung und mit zunehmendem Lebensstandard wuchs jedoch die Ablehnung der Schuluniformen, die immer stärker als Beschränkung von Individualität und Kreativität empfunden wurden. Dies dürfte auch mit den politischen Demokratisierungsbestrebungen dieser Zeit in Zusammenhang gestanden haben. 1983 liberalisierte die koreanische Regierung daher die Schuluniformpflicht und die umstrittenen Kleidungsstücke landeten in der Mottenkiste. In den Folgejahren wurde jedoch von Elternseite u.a. auf Grund des sozialen Gefälles zwischen den Schülern, das sich in der Bekleidung äußerte, der Ruf nach Wiedereinführung der Uniformpflicht immer stärker, so dass ab 1986 die einzelnen Schulen selbst darüber entscheiden konnten, ob ihre Schüler Uniformen tragen sollten oder nicht.
Was die sozialen Unterschiede betrifft, muss man wissen, dass es in Korea die Ganztagsschule gibt, d.h. der Unterricht endet erst um 17 Uhr. Danach gehen die meisten Mittel- und Oberschüler noch mal zu einem privaten Lerninstitut, wobei nicht immer die Möglichkeit besteht, nach Hause zu gehen und sich umzuziehen. D.h. es bleibt nicht besonders viel Zeit, in der die sozialen Unterschiede sich kleidungsmäßig bemerkbar machen könnten, eher im Handy- oder MP3-Modell und der Schuhmarke. Ein weiterer Vorteil, so zumindest die Befürworter der Schuluniformen, liegt im Zusammengehörigkeitsgefühl, das damit unter den Schülern hergestellt werden kann. Und dann sind die Schüler leichter zu identifizieren, wenn sie irgendwo Unsinn machen, z.B. im Supermarkt eine Schokolade mitgehen lassen oder sich auf der Straße prügeln. Der Name ist ja auch in die Jacke eingestickt.
In die Kontroverse sind die Schuluniformen in letzter Zeit geraten, weil sie mittlerweile überteuert sind, auch wenn der vorhin genannte Preis für hochklassige Winteruniformen gelten dürfte, die zudem den Körpermaßen des Schülers entsprechend umgeändert worden sein dürften. Gegen die hohen Preise gibt es immer wieder Beschwerden und es gab sogar eine Klage einer Elterngruppe gegen die drei größten Hersteller von Schuluniformen, denen Preisabsprachen vorgeworfen wurden. Um den Preis auf im Schnitt 200.000 Won oder 123 Euro zu drücken, wurde 2009 beschlossen, dass die Hersteller von Schuluniformen keine aufwändigen Werbekampagnen mit teuren Popstars mehr machen dürfen, die Uniformen en gros geordert werden können, so dass sich ein Mengenrabatt ergibt, und Maßschneidern nicht länger angeboten werden soll. Inwieweit diese Maßnahmen ziehen, bleibt abzuwarten. Tricks zum Aufpeppen der Uniformen kennen die Schüler allemal, einer der einfachsten besteht darin, den Rock durch Aufrollen des Bundes um ein paar Zentimeter zu kürzen und bei Lehreralarm schnell wieder runterzurollen.