Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Lifestyle

Rindfleischproduktion und -import

#Sie fragen, wir antworten l 2012-05-12

Hörerecke

Rindfleischproduktion und -import
FRAGE: Hans Kopyciok aus Rostock möchte mit Bezug auf die Fleischimporte aus den USA und den letzten Fall von Rinderwahnsinn dort wissen: Ist Südkorea denn auf Rindfleischimporte aus den USA angewiesen? Gibt es kein eigenes Aufkommen? Keine koreanischen Rinderarten?
ANTWORT: Natürlich hat Korea eine eigene Fleischproduktion. Bis Mitte der 1970er Jahre war Korea auch noch Selbstversorger in Sachen Rindfleisch, denn darum geht es hauptsächlich in Zusammenhang mit den USA. Dass Korea zu der Zeit selbstversorgend war, hing zum einen auch damit zusammen, dass der koreanische Markt damals kaum für Agrarprodukte geöffnet war und die Ernährung nicht verwestlicht, sprich, in dem Falle „verfleischt“, denn die koreanische Küche ist traditionell stark auf Gemüse, Fisch, Sojabohnen- und Sojabohnenprodukte und fermentierte Speisen ausgerichtet. Rindfleisch war zu der Zeit also eher eine Besonderheit auf dem Tisch des koreanischen Normalverbrauchers, die sich nur wenige leisten konnten und das auch nur selten, so dass die Selbstversorgung kein Problem war.
Mit der Industrialisierung, dem damit einhergehenden steigenden Lebensstandard und einer zunehmenden Verwestlichung der Ernährungsgewohnheiten stieg dann zum anderen die Nachfrage nach Rindfleisch. Im Zuge dessen sank von 1975 bis 1992 der Rindfleisch-Selbstversorgungsgrad in Südkorea von 100% auf 44%, während im gleichen Zeitraum der Pro-Kopf-Verzehr pro Jahr von 2kg auf 5,2kg stieg. 5,2kg entsprachen damals 20-24% des totalen Fleischkonsums. Parallel zum Anstieg des Fleischverzehrs pro Jahr sank etwa im gleichen Zeitraum in Korea, also Anfang der 70er bis 1992, der Reiskonsum pro Kopf um 17% was die Änderung der Ernährungsgewohnheiten demonstriert.

Parallel zur Industrialisierung kam es zu einer Landflucht und erhöhten Verstädterung Koreas, die auch vehement von der Regierung, die alles auf die Entwicklung des Fertigungssektors und des Exports setzte, gefördert wurde. Das führte zu Umstrukturierungen in der Landwirtschaft. So sank die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe, die Rinder hielten, von 1975 bis 1993 von 1,27 Mio. auf 570.000, also um mehr als die Hälfte. Im gleichen Zeitraum stieg aber die Zahl der Rinder von 1,2 pro Betrieb auf 3,9. Und die Zahl der Betriebe mit mehr als 3-9 Rindern stieg von 2% auf 43%, d.h. die Rinderzucht wurde intensiviert. Aus diesen Zahlen geht auch schon hervor, dass die Mehrheit der Betriebe in Korea kleine und mittlere Betriebe sind, Großbetriebe stellen die Ausnahme dar. Das hat auch einfach damit zu tun, dass der größte Teil des Landes gebirgig ist und sich nur beschränkt für Landwirtschaft und Viehzucht eignet. Große Viehzuchtbetriebe, wie man sie aus den klassischen Züchterländern wie den USA, Australien oder auch Argentinien kennt, gibt es in Korea nicht.

Eine weitere Besonderheit ist die in Korea heimische Rinderart, die Hanwoo, auf lateinisch Bos taurus coreanae. Dabei handelt es sich um eine Kreuzung von Bos indicus und Bos primigenius, die um etwa 2000 v. Chr. aus Nordchina und der Mandschurei auf die koreanische Halbinsel wanderten. Mütterlicherseits stammt die Sorte von europäischen Rindern ab. Sie wurden hauptsächlich als Arbeitstiere gehalten und nicht für den Verzehr oder die Milchproduktion gezüchtet. Die Hanwoo sind im Vergleich zu ausländischen Rinderarten relativ klein und bringen bei der Geburt nur 23 bis 25 kg auf die Waage. Entsprechend liefern die reinrassigen ausgewachsenen Tiere vergleichsweise weniger Fleisch und auch weniger Milch. Seit den 1960er Jahren hat man aber durch gezielte Kreuzungen mit fleischergiebigeren Rassen wie z.B. Angus, Hereford, Charolais oder Holsteinern Gewicht und auch Milchproduktion gesteigert.

Dieser kleiner geschichtliche Rückblick auf die koreanische Viehwirtschaft und die Entwicklungen der koreanischen Landwirtschaft und Gesellschaft dürfte reichen, um zu erklären, warum die heimische Produktion den Bedarf nicht decken kann, v.a. nicht preisgüstig decken kann. So werden Fleisch und Fleischprodukte neben den USA v.a. auch noch aus Australien, Kanada, Europa und auch Südamerika importiert. Rindfleischimporte aus den USA machen zurzeit rund 44,2% aller Rindfleischimporte aus und haben damit die Importe aus Kanada, die bei 42,9% liegen, auf den zweiten Platz verdrängt.

Dass die koreanischen Viehzüchter sich durch das FHA und die Importe in die Enge getrieben sehen, ist wohl nur verständlich. Sie setzen daher bereits seit gut 15 Jahren auf die besondere Qualität des Hanwoo-Fleisches, also Fleisch aus koreanischer Hanwoo-Rinderzucht. Hanwoo-Rindfleisch ist zwar zum Teil zwei bis drei Mal teurer als importiertes Rindfleisch, es ist aber auch von besserer Qualität und natürlich frischer. Es hat mehr Geschmack und ist von gerade der richtigen Zartheit und Kaufestigkeit, weshalb es von den koreanischen Verbrauchern auch geschätzt wird. . In Korea kommt es daher an den hohen Feiertagen auf den Tisch oder wird auch gerne an den Festtagen verschenkt. Inwieweit es sich auf dem ausländischen Markt z.B. auch dem amerikanischen einen Namen als hochwertige Spezialität machen kann, ist eine andere Frage.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >