Q: Gilt in Korea beim Bier auch das deutsche Reinheitsgebot? Sind deutsche Biere bekannt? Seit wann trinkt man Bier in Korea?
A: Das deutsche Reinheitsgebot scheint eine spezifisch deutsche Sache zu sein, jedenfalls gilt es in Korea weder gesetzlich noch als Ehrenkodex. Allerdings ist man sich des Rufs des deutschen Biers durchaus bewusst und nicht wenige Bierbrauer in Korea haben ihr Handwerk in Deutschland gelernt, was natürlich abfärbt. Die meisten koreanischen Konsumenten gehen aber mehr oder weniger davon aus, dass koreanische Biersorten Geschmacks- und Haltbarkeitszusätze enthalten, auch wenn z.B. Hite Beer, die beliebteste koreanische Marke, damit wirbt, dass das Bier nur mit bestem unterirdischem Quellwasser, kanadischer Harrington-Gerste, Yakima-Hopfen und Hefe hergestellt ist, also keinerlei chemische Zusätze oder Konservierungsmittel enthält. Da kein gesetzliches Reinheitsgebot besteht, kann man das glauben oder auch nicht.
Mittlerweile sind aber in Korea eine ganze Reihe von Mikro-Brauereien entstanden, die auf dem Wellness-Trend, der Korea heimgesucht hat, schwimmen, und entsprechend ihr Bier anders produzieren. Repräsentatives Beispiel ist 7brau, deren Bier sich im Geschmack völlig von den in Fabriken hergestellten großen koreanischen Biermarken wie OB, Cass oder Hite unterscheiden soll. Der Geschmacksunterschied ergibt sich dabei aus der Reinheit, heißt es. Das Wasser stammt z.B. aus einer 800m tiefen Quelle in den Bergen der Gangwon-Provinz, wo die Brauerei angesiedelt ist. Verwendet werden nur reine, natürlich Zutaten, also Gerste, Hopfen und Malz. Auf Extrakte oder Zusätze wird völlig verzichtet.
Das Pils von 7brau ähnelt im Geschmack dem koreanischen Lager, ist aber weicher, vollmundiger und hat eine leicht süßliche Note. Der schlaffe, bittere oder schale Geschmack, über den sich manche koreanische Biertrinker bei den Fabrik-Bieren beklagen, soll dem 7brau Pils fehlen. Da hatte man auch die ausländische Klientel in Korea im Auge. Das Starkbier von 7brau wird mit gerösteter Gerste und dunklem Malz hergestellt, ist aber immer noch vergleichsweise leicht, da Koreaner wirklich starke Starkbiere nicht so besonders mögen.
In Korea ist heutzutage neben den vorhin genannten großen koreanischen Sorten Bier aus aller Welt zu haben, aus Deutschland ist z.B. Erdinger, Bitburger oder Warsteiner zu nennen. Auch ein Hefeweizen ist zu kriegen, leider alles mehrfach teurer als koreanische Marken. Auch amerikanische und japanische Marken sind beliebt.
Ein Blick zurück in die koreanische Biergeschichte: Die Koreaner sollen zum ersten Mal auf den Geschmack von Bier im Jahr 1884 gekommen sein, als die koreanischen und amerikanischen Delegierten den Abschluss des Freundschaftsvertrags feierten. Bis heute erhaltene Fotos von dem Bankett zeigen eindeutig Bierflaschen auf den Tischen. Ob die Koreaner nun wirklich davon gekostet haben, ist natürlich ungewiss, aber womöglich gebot es die Höflichkeit.
Von nachhaltigerer Wirkung dürfte gewesen sein, dass die Japaner in den 1890er Jahren eine Biermarke aus Sapporo einführten. Das koreanische Wort für Bier, Maekju, ist denn auch japanischer Herkunft, weshalb allgemein die Japaner als diejenigen gelten, die Bier nach Korea gebracht haben, auch wenn das Wort Maekju in geschriebener Form aus zwei chinesischen Zeichen besteht, die „Gersten-Alkoholgetränk“ meinen.
Die Brauerei Hite ist die größte in Korea. Sie beherrscht über 50% des koreanischen Marktes mit verschiedenen Marken wie Hite, Hite Prime, dem Starkbier Hite Stout und dem kalorienarmen Bier Hite Exfeel. Am beliebtesten ist das mikrogefilterte Hite Lager mit einem Alkoholgehalt von 4,5%. Es ist ein leichtes Bier, das am besten kalt schmeckt.
Die Brauerei Hite wurde 1933, also während der japanischen Besatzungszeit, als Chosun Beer Co., Ltd. gegründet, war aber entgegen dem auf Korea verweisenden Namen in japanischem Besitz. Sie wurde 1945 von der koreanischen Regierung konfisziert und kurz darauf privatisiert. Dasselbe gilt für die Marke OB, die sich ebenfalls zunächst in japanischer Hand befand. In den Jahrzehnten darauf stellten diese beiden Brauereien das Rückgrat der koreanischen Bierindustrie. Bis in die 1970er Jahre wurden die meisten Zutaten importiert, d.h. bis dahin war Bier teuer und quasi ein Oberschichtgetränk. Das änderte sich erst, als die Preise durch die einheimische Produktion der Zutaten reduziert werden konnten. Die Regierung sah hier gleich eine gute Steuereinnahmequelle. 1997 wurde Bier z.B. mit einer Steuer von 130% belegt, während für den Reisschnaps Soju, damals immer noch das Getränk der Massen, nur 35% erhoben wurden.
Der Bierkonsum in Korea stieg bis kurz nach der Millenniumwende kontinuierlich an und begann danach langsam zu sinken, was auch mit der Marktöffnung, der steigenden Beliebtheit von Wein, v.a. Rotwein als gesundheitsförderndes Getränk, und der Wellness-Welle zu tun hatte. Generell kann man sagen, dass in Korea der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch an Bier nur ein Viertel dessen in Europa beträgt, auch wenn Bier längst mit über 50% des Konsums den traditionellen alkoholischen Getränken wie dem klaren Reisschnaps Soju mit an die 19% Alkohol und dem niedrigprozentigen, trüben, gegorenen Reiswein Makgeolli ernsthaft Konkurrenz gemacht hat.