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Lifestyle

Schönheitswahn in Korea

#Sie fragen, wir antworten l 2014-05-31

Hörerecke

Q:In einem Lokalpresseartikel wurde um den Schönheitswahn in Korea berichtet. Und im deutschen Fernsehen kam ein Bericht, in dem behauptet wurde, dass in Korea die meisten Schönheitsoperationen durchgeführt werden. Stimmt das?

A:Dass Korea das Mekka der Schönheitsoperationen ist, stimmt voll und ganz. Korea soll weltweit die höchste Rate von plastischen Chirurgen pro Kopf der Bevölkerung haben und auch die höchste Rate an Schönheits-OPs. Nach Schätzungen sollen 50% aller Koreanerinnen zwischen 20 und 30 irgendeine Art von kosmetischer OP hinter sich haben. Und die Kundinnen werden immer jünger. Mittlerweile legen sich auch schon Oberschülerinnen unters Messer und lassen sich Augenlider, Nase und manchmal auch Brust korrigieren (hier wiewohl meist aus psychologisch vertretbaren Gründen bei winzigen Brüsten), manchmal auch als Belohnung für ein gutes Abschneiden bei der Reifeprüfung, für die sie Jahre lang hart gekämpft haben.

Das reiche Angebot sorgt für reiche Konkurrenz bei Gewährleistung internationaler Standards und neuesten Technologien und Techniken! Der internationale Ruf der koreanischen plastischen Chirurgen in Bezug aufs Können ist sehr gut. Die plastische Chirurgie ist denn auch eine der Hauptattraktionen Koreas in puncto Medizintourismus. Dafür sorgt nicht nur die Qualität, sondern auch der Preis. Da es in Korea so viele plastische Chirurgen gibt, hält die hohe Konkurrenz der Anbieter auch die Preise erschwinglich, was v.a. Medizintouristen aus Japan, Singapur und auch China anzieht.

Die weite Verbreitung von Schönheits-OPs hat im Laufe der Jahre auch die gesellschaftliche Akzeptanz erhöht, und diese Tendenz wird wiederum von den Medien und den Stars und Sternchen gefördert. Wie hieß es so schön vor einigen Jahren mit Blick auf die Wunder der kosmetischen Chirurgie in einer koreanischen Soap? „Dummheit kann man entschuldigen, Hässlichkeit nicht mehr!“ Ein Ausspruch, der schnell die Runde machte. Nicht wenige koreanische Stars bekennen sich heutzutage denn auch öffentlich dazu, ihrem Aussehen etwas nachgeholfen zu haben.

Der Schönheit „auf die Sprünge“ zu helfen, wird so quasi öffentlich als mehr oder weniger akzeptabel anerkannt und der Eindruck vermittelt, dass gutes Aussehen der Schlüssel zu Erfolg und Bewunderung ist. Über Schönheits-Ops redet man längst nicht mehr hinter vorgehaltener Hand, sie werden v.a. unter den Frauen meist ganz offen thematisiert.

Hinzu kommt die Überzeugung, dass gutes Aussehen die Karriere fördert und bei gleicher Qualifikation der Bewerber/innen) eher der oder die Schönere bevorzugt wird. Auch koreanische Männer haben das mittlerweile entdeckt: In einigen Gegenden, v.a. im wohlhabenden Seouler Südviertel Kangnam, sollen mittlerweile ein Drittel der Kunden männlich sein – und die Haupt-OPs sind wie bei den Frauen Lidfalten- und Nasen-Korrekturen.

Gutes Aussehen, so Überzeugung Nr. 3, erleichtert aber auch die Partnersuche. Evolutionstechnisch gesehen haben es tatsächlich gut aussehende Menschen einfacher, einen Partner zu finden, und zwar einen mit vielversprechendem Hintergrund, sprich: aus gutem Hause und mit guten Karrierechancen. Im Unterbewusstsein möchte man zur Verbesserung des Gen-Pools wohl auch lieber Kinder mit einem gut aussehenden Partner zeugen.

Dieses fast als Sucht zu bezeichnende Streben nach Schönheit in Korea hängt auch mit dem Wandel der Rolle der koreanischen Frau in der Gesellschaft zusammen. In den 1960er und 1970er Jahren begannen die koreanischen Frauen, aus ihrer bis dahin weitgehend auf Ehefrau und Mutter beschränkten Rolle herauszutreten, gesellschaftlich aktiv zu werden und sich bewusster als „Frau und weiblich“ zu definieren. Gleichzeitig wurden Schönheitsideale – das dürfte ebenfalls für ganz Asien gelten – nach den im Westen geltenden Standards definiert, wobei „Westen“ mit „weiß“ und „kaukasisch“ gleichgesetzt wird. Seitdem in der koreanischen Werbung auch nicht-koreanische Models erlaubt sind (1996), sind kaukasische Models mit schätzungsweise vielleicht 30-40% auffällig präsent in Frauenzeitschriften. Und schaut man sich das moderne Schönheitsideal an, so sind es gerade die für Kaukasier typischen doppelten Augenlidfalten - nur 25% der Koreaner werden mit doppelten Lidfalten geboren - und hohen Nasenrücken sowie schmalen Nasenflügel, die sich koreanische Frauen und Männer am häufigsten künstlich machen lassen.
Helle Haut gilt hingegen schon seit alter Zeit in Korea, ja in ganz Nordostasien, als Schönheitsideal, also noch vor den ersten Kontakten mit hellhäutigen Westlern.

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