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Geschichte

Jo Ji-hun: der Schöpfer des Gedichtes „Seungmu“

2012-07-19

<b>Jo Ji-hun</b>: der Schöpfer des Gedichtes „Seungmu“
Ein Meisterwerk mit nur 19 Jahren

1938 stand ein junger Mann im Yongjusa-Tempel in der Gyeonggi-Provinz, völlig versunken in den Anblick eines Mönches, der den traditionellen buddhistischen Tanz „Seungmu“ tanzte. Die Ärmel der Mönchskutte formten weiße Linien in der Luft, mal leise, mal beinahe wütend, ganz als würden sie die Enttäuschung über das eigene Versagen an den Herausforderungen der Mönchsausbildung zum Ausdruck bringen. Der junge Mann war so gefesselt von der Szene, dass er bis spät in der Nacht im Tempel verweilte.

Danach trug er die Erinnerung daran in seinem Herzen, bis er sie schließlich im Sommer des folgenden Jahres in einem Gedicht wieder an die Oberfläche holte.

Weißer, spitzer Hut aus feiner Seide
Hübsch gefaltet wie ein Schmetterling
Der blasse kahle Kopf
Im schmalen hohen Hut verborgen
Lichter gleiten die Wangen herab
Lieblich und traurig
Wenn nächtliches Kerzenlicht still am Docht brennt
Senkt sich der Mond auf jedes einzelne Blatt des Paulownia-Baumes
Lange Ärmel wehen und fliegen im weiten Himmel
Auf leisen Sohlen mit leicht gelupften Socken.


Beim ersten Mal Lesen scheint es dem Leser, als würde der Tanz wie in einem Film vor den eigenen Augen vorbeiziehen. Doch je öfter man das Gedicht rezitiert, desto mehr drängt sich das Innenleben des Mönches in den Vordergrund, das in dem Werk in traditionell anmutende Verse und die Ästhetik des Zen verhüllt wurde. Dieses Gedicht trägt den Titel „Seungmu“, „Mönchstanz“, und wurde von dem Dichter Jo Ji-hun geschrieben, als er gerade einmal 19 Jahre alt war.

Der Weg zur Dichtung begann früh

Jo Ji-hun wurde am 3. Dezember 1920 in Yeongyang in der Nord-Gyeongsang-Provinz geboren und erhielt zunächst den Namen Dong-tak. Bereits von klein auf lernte er von seinem Vater und Großvater die chinesichen Schriftzeichen und ihre Literatur. Drei Jahre lang besuchte er die Grundschule in Yeongyang, und 1941 schloss er mit 21 Jahren das Hyehwa-Berufskolleg ab, der Vorgänger der heutigen Dongguk-Universität. Seine ersten poetischen Werke, darunter Kinderlieder, schrieb er, als er gerade einmal neun Jahre alt war. Auch wenn seine Familie die koreanischen Traditionen in hohen Ehren hielt, las Jo schon als Kind westliche Kinderbücher wie „Peter Pan“, was für die damalige Zeit sehr ungewöhnlich war.

1931 rief Jo Ji-hun gemeinsam mit seinem älteren Bruder Jo Se-rim den Literaturkreis „Blumenturm“ ins Leben. Unter dem gleichen Namen veröffentlichte er auch eine Sammlung mit literarischen Werken. 1934 begann er dann ernsthaft mit dem Schreiben von Gedichten. Nachdem er 1936 nach Seoul gezogen war, veröffentlichte er seine ersten Gedichte, darunter „Frühlingstag“. Im April 1939 erschien dann „Ein Kleid aus alten Zeiten“ in der literarischen Zeitschrift „Munjang“, zu Deutsch „Der Satz“. Damit machte er sich endgültig einen Namen in der Literaturwelt.

Poesie, von klassischer Schönheit und in der Sprache des Landes

Im November 1939 wurde das oben zitierte Gedicht „Seungmu“ veröffentlicht, 1940 folgte ein weiteres Werk, auch dieses mit dem Thema der koreanischen Kultur, welches in eine elegante und feinsinnige Sprache verpackt wurde. Mit seiner Poesie hauchte Jo Ji-hun in den 1940ern der koreanischen Sprache neues Leben ein, und das zu Zeiten, in der die japanischen Kolonialherren begann, offensiv den Gebrauch derselben zu verbieten.

Jo widmete sich auch der Erforschung seiner Muttersprache. So war er als Mitglied der Gesellschaft für Koreanische Sprache an der Zusammenstellung des ersten Lexikons der koreanischen Sprache 1942 beteiligt. Aufgrund dieser Aktivitäten musste er einige Zeit im Gefängnis verbringen. Nach seiner Entlassung kehrte er in seine Heimatstadt zurück und traf dort auf den Dichter Park Mok-wol. 1946 veröffentlichte er gemeinsam mit ihm und dem Dichter Park Du-jin, unseren Hauptpersonen der letzten zwei Wochen, die Gedichtesammlung „Cheongnokjip“.

Ein aufrechter Poet

Es folgten weitere Gedichtesammlungen, und Jo war als Mitglied der Gesellschaft für Koreanische Sprache auch an der Zusammenstellung der ersten Lehrwerke für die koreanische Sprache und die koreanische Geschichte zuständig. Er unterrichtete in den Jahren nach der Befreiung Koreas außerdem an der Korea-Universität in Seoul.

Auch gesellschaftspolitisch war er aktiv. In seinem berühmten Aufsatz „Jijoron“, auf Deutsch soviel wie „Diskurs der Redlichkeit“, kritisierte er in den späten fünfziger Jahren die Kollaborateure aus der Kolonialzeit, die keinerlei Reue zeigten, sondern vielmehr in einer durch und durch korrupten Politik weiter in Machtpositionen waren. Mit dem Aufsatz übte er auch scharfe Kritik an der opportunistischen Führungselite der Gesellschaft, und auch anderweitig engagierte er sich im Widerstand gegen die Diktaturen in Südkorea.

Jo Ji-hun verstarb am 17. Mai 1968 im Alter von nur 48 Jahren, und das Leben eines unbeugsamen Poeten und Gelehrten ging damit viel zu früh zu Ende. Auch nach seinem Tod wird er von vielen als „Volkspoet“ bezeichnet, und seine Meisterwerke leben in der koreanischen Literatur bis heute weiter.

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