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Reise

Die Bücherstadt Paju : Zentrum des koreanischen Verlagswesen

2011-10-11

Die Bücherstadt Paju : Zentrum des koreanischen Verlagswesen
Mit einem fröhlichen Fest in einer sonst eher ruhigen und ländlichen Umgebung wurde das diesjährige Booksori-Festival in der Bücherstadt Paju eröffnet. Es ist die Gelegenheit für alle Buchliebhaber, sich zu treffen und ihre ungebrochene Faszination mit einer der größten Erfindungen der Menschheit auszuleben. Bei dem Fest kommen Leser, Autoren und Herausgeber zusammen und werden mit Natur, Musik und Büchern unterhalten.

Das Booksori-Festival findet jedes Jahr in der Bücherstadt Paju nördlich von Seoul statt, einem Ort, der auch als die Verlagshauptstadt Koreas bezeichnet wird. Der klare, tiefblaue Herbsthimmel erstreckt sich über dem Land, und eine leichte Brise vertreibt die letzten Reste der Sommerhitze. Der Herbst mit seinem bunten Laub und dem kühlen Wetter gilt als eine der besten Jahreszeiten zum Lesen: genau der richtige Zeitpunkt also, um der Bücherstadt Paju einen Besuch abzustatten.

Die Bücherstadt Paju ist den Koreanern als Paju Bookcity beziehungsweise Paju Chulpan Dosi geläufig. Von Seoul aus erreicht man sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln am besten mit dem Bus: von den U-Bahn-Stationen Dangsan oder Hapjeong auf der Linie 2 bringen einen die Busse 9000, 2200 und 200 direkt bis zum Ziel.

Nachdem man zunächst das Stadtzentrum durchquert hat, fahren die Busse für ca. 30 Minuten am Nordufer des Han-Flusses entlang. Die Fahrt endet in der Bücherstadt Paju, an deren Eingang sechs rotbraune Stahlpfosten mit dem Schriftzug „Paju Book City“ stehen. Dahinter folgt eine breite Straße, die auf beiden Seiten mit Gebäuden gesäumt ist. Die Häuser haben allesamt recht ungewöhnliche Designs – sie stammen von berühmten Architekten aus Korea und dem Ausland. Herr Song Yeong-man, der Geschäftsführer des Verlagshauses Hyohyung, erzählt uns mehr dazu.

Die Stadt wurde von einem Stadtplaner und einigen Architekten geplant. Den Bau des ersten Komplexes koordinierten die Architekten Seung Hyo-sang und Min Hyeon-sik, und einschließlich der Verantwortlichen für bestimmte Sektoren waren insgesamt rund 100 Architekten beteiligt. Es waren also fast alle berühmten Architekten Koreas auf die eine oder andere Weise in das Bauprojekt involviert.

Dies macht einen Besuch in der Bücherstadt Paju zum Pflichtprogramm für alle angehenden Architekten. Auch wenn jedes Gebäude in Größe und Aussehen einzigartig ist, beißen sie sich nicht gegenseitig, sondern ergänzen sich harmonisch. Das ist das Besondere an der Bücherstadt Paju, meint Herr Song.

In anderen Städten sind die Gebäude voll von Schildern und Anzeigetafeln, die regelrecht nach Aufmerksamkeit schreien. In der Bücherstadt Paju hingegen gibt es kaum Schilder oder auffällige Fassaden, und wenn, dann sind sie sehr einfach und minimalistisch. Manche meinen, die Gebäude in Paju wären eintönig, nicht ganz fertig geworden oder alt und verrostet. Dieser Eindruck entsteht, weil die Fassaden aus wetterfestem Cortenstahl gemacht und nicht weiter bearbeitet worden sind. Auch wenn die Oberfläche rostet, lassen wir sie so, wie sie ist. Wir malen die Gebäude nicht in bunten Farben an, alles Künstliche wird hier abgelehnt. Der blanke Beton, die wetterfesten Schilder und die Rahmen aus Stahl sind alle Teil der Stadtplanung und schaffen gemeinsam mit den Bäumen und der Natur einen wunderschönen Raum.

Die Bücherstadt nimmt eine Fläche von mehr als 1,5 Millionen m2 ein und steht in einem Schilfgebiet entlang des Han-Flusses. Sie ist das geistige Kind einer Gruppe von visionären Verlagen, die eine Stadt nur für Bücher schaffen wollten. Die Idee entstand bereits 1989, vor 22 Jahren, doch erst im Jahr 2005 war die Stadt fertig. Am Anfang gab es wegen der Abgelegenheit noch Probleme, doch sechs Jahre später sind die ansässigen Verlagshäuser höchst zufrieden. Insgesamt haben sich hier 300 Unternehmen angesiedelt, neben Verlagen auch andere Firmen, die mit Buchherstellung- und Vertrieb zu tun haben. Herr Song.

Verlage können nicht alleine operieren. Sie brauchen Druckereien, Buchbinder und andere Firmen. Hier in der Bücherstadt kann in einem Umkreis von zwei bis drei Kilometern der gesamte Herstellungsprozess erledigt werden, es gibt sogar einen Großhändler namens Booxen. Früher war es viel komplizierter, weil die meisten Druckereien im Seouler Stadtteil Mapo waren, während die Verlagshäuser am anderen Ende der Stadt in Gangnam saßen. Hier ist alles an einem Ort, was ein ausgesprochener Standortvorteil ist.

Was die ansässigen Firmen besonders stolz macht, ist die Tatsache, dass ihre Bücherstadt weltweit einzigartig ist.

Unsere Partner in Tokyo oder Peking sind sehr neidisch auf unsere Stadt. Die Bücherstadt Paju beruht ausschließlich auf dem Unternehmergeist von privaten Verlagen und Druckereien. Wir haben keinerlei Unterstützung von der Regierung bekommen, deswegen sind wir auch so stolz auf unsere Stadt. Wir hören oft, dass so ein Projekt in China, Japan oder im Westen unmöglich wäre. Die ersten Unternehmer, die sich hier ansiedelten, müssen Idealisten gewesen sein, wir sind immer noch beeindruckt von ihrem visionären Weitblick.

In den bekanntesten Bücherdörfern der Welt, Hay-on-Wye in Wales, Redu in Belgien, oder auch Bredevoort in den Niederlanden, haben sich vor allem Antiquariate und Bücherhandlungen niedergelassen. In Paju werden die Bücher jedoch hergestellt, und das in einer wunderbaren landschaftlichen Umgebung. Die Stadt fügt sich harmonisch zwischen dem Simhak-Berg und dem Han-Fluss ein, und das Schilfufer am Fluss sorgt für besondere Akzente. Das die Natur trotz des großen Bauprojektes so gut erhalten worden ist, liegt an einer Abmachung, die die Gründerväter der Stadt zu Beginn getroffen hatten: bestehende Straßen würden genutzt werden, natürliche Elemente nicht durch Bauwerke verdrängt und die Häuser in natürlichen Farben gebaut werden. Auf Besucher, die das erste Mal kommen, wirkt die Stadt oft erst einmal langweilig. Doch nach einem Spaziergang durch die Siedlung, einem kostenlosen Stöbern durch Bücher in einem der Verlagshäuser und einer Tasse Tee in einem der Cafés weiß man schnell die Entspanntheit und Freundlichkeit zu schätzen, die diesen Ort von der Großstadt Seoul unterscheidet.

Da es hier ein Büchercafé gibt, kann ich in Ruhe ein Buch lesen, während meine Kinder spielen. Es gibt viel Rasen, wo man rennen und spazieren gehen kann. Und die Gebäude sind sehr außergewöhnlich, es ist mal etwas anderes.

In der Bücherstadt Paju findet auch das jährliche Booksori-Festival statt, dass dieses Jahr vom 1. bis zum 9. Oktober dauerte. In dieser Zeit ist die sonst so ruhige Bücherstadt voll - von Herausgebern, Lesern, Autoren und vielen anderen Menschen, die Bücher lieben.

Das hiesige Buchfestival ist das größte seiner Art in Asien. Herr Lee Gi-ju vom Organisationskomitee des Festivals.

Es gibt viele Bücherfestivals in Korea, vor allem im Herbst, aber das Booksori-Festival in Paju spielt in einer eigenen Liga. Es dient nicht dazu, Werbung für Bücher zu machen oder sie zu verkaufen. Vielmehr soll durch das Fest der Wert des Buches an sich gesteigert werden und allen Buchliebhabern eine Gelegenheit geboten werden, sich zu treffen. Mit ihren 300 Verlagshäusern und verwandten Unternehmen ist Paju die einzige Verlagssiedlung der Welt. Während des Festivals veranstalten die Firmen hier Ausstellungen, Aufführungen und viele andere Veranstaltungen. Ich kann mit Stolz sagen, dass es das größte Buchfestival Asiens ist. Mit dem Fest möchten wir die Bücherstadt Paju bekannt machen und der Öffentlichkeit das Lesen wieder näherbringen.

Auf dem Büchermarkt deckten sich die Besucher mit Lesestoff ein, von dem sie sich zumindest beim Kauf vornahmen, ihn im Herbst auch zu lesen.

Ich habe einige Bücher mit Essaysammlungen gekauft. Es gab drei für 10.000 Won, ein echtes Schnäppchen. Ich möchte versuchen, mindestens fünf Bücher im Monat zu lesen.

Das diesjährige Festival feierte auch den 110. Geburtstag des Literaturnobelpreises. Aus diesem Anlass fand eine Ausstellung zu den großen Meistern des Genres statt. Herr Lee.

In der Ausstellung waren rund 1.000 Besitztümer von Literaturnobelpreisträgern zu sehen, sogar vom ersten, dem französischen Autor Sully Prudhomme. Sie stammen von einem privaten Sammler, der eine Vielfalt an persönlichen Gegenständen von 107 Preisträgern besitzt. Es gab zum Beispiel eine Schreibmaschine von Hermann Hesse und einen handgeschriebenen Brief von André Gide zu sehen. Korea hat zwar immer noch keinen Literaturnobelpreisträger hervorgebracht, aber wir hoffen, dass diese Ausstellung den Besuchern die Bedeutung des Preises näherbringt.

Diese seltenen Gegenstände in Paju zu sehen, war für viele Besucher etwas ganz besonderes.

Ich bin mit meiner Schwester hier, und es war toll, die Brille oder die Schreibmaschine meiner Lieblingsschriftsteller zu sehen. Auch wenn die Besitzer schon längst verstorben sind, konnte ich ihre Gegenwart spüren. Vor allem im Jahr des 110. Geburtstages des Literaturnobelpreises war diese Ausstellung von großer Bedeutung.

Die Bücherstadt Paju ist nun sechs Jahre alt, und bereit für eine neue Herausforderung. Dieses Mal ist eine Buchladenstraße in Planung, die mehr als 100 Geschäfte beherbergen soll. Hier ist noch einmal Herr Song vom Hyohyung-Verlag.

Es gibt jetzt eine Kampagne, mit der 100 Buchhandlungen in die Stadt gelockt werden sollen. Die Kampagne ist noch nicht sehr alt, aber wir haben bereits 30 Buchläden an Bord, und bis Ende des Jahres rechnen wir mit 50 Zusagen. Wenn nächstes Jahr der zweite Komplex fertiggestellt wird, sollen dann rund 100 Buchläden eröffnen und die Stadt zu einem Kulturzentrum von einer ganz neuen Größenordnung machen. Dann wird man hier Bücher zu günstigen Preisen kaufen können oder bei einer Tasse Kaffee oder Tee mit Autoren sprechen können. Es wird Büchercafés, Buchkunstzentren und Büchergalerien geben, wie man sie noch nie gesehen hat.

Die Bücherstadt Paju hat also viel vor für die Zukunft, doch auch jetzt schon lohnt sich für alle Buchliebhaber ein Besuch. Wer also im Herbst das Lesen für sich neu entdecken möchte, dem sei ein Besuch in der Bücherstadt Paju wärmstens empfohlen.

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