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Lifestyle

Beamtentum in Korea

#Sie fragen, wir antworten l 2016-09-10

Hörerecke

Q:Sind in Südkorea die Angehörigen des öffentlichen Dienstes auch verbeamtet wie bei uns in Deutschland, oder gibt es so etwas wie das Beamtentum in Südkorea gar nicht?

A:In Korea ist nach wie vor eine Beamtenlaufbahn ein Traum von vielen, denn da hat man erst einmal bis zur Pension ausgesorgt. Als wir zuletzt auf die Frage nach dem Rentensystem in Korea geantwortet haben, wurde auch erwähnt, dass Beamte und Militärangehörige - seit alter Zeit die Stützen des gesellschaftlichen Systems - als erste in den Genuss des ab den 1960er Jahren stufenweise eingeführten Alterssicherungssystems gekommen sind.
Bei den Beamten unterscheidet man 9 Stufen, die sog. „Geup“. Die unterste Beamtenstufe ist der 9. Geup. Für den 9. Geup braucht man nur einen Oberschulabschluss, aber heutzutage, in Zeiten der Stellenknappheit, bewerben sich auch Hochschulbewerber auf diesen Rang. Vom 9. Geup kann man dann im Laufe der Jahre befördert werden und es bis in die mittlere Beamtenlaufbahn im 7. und 6. Geup schaffen, wobei für diese Ränge allerdings meist ein Studium oder Studium-äquivalent verlangt wird.
Mit dem 5. Geup beginnt dann die unterste Stufe der gehobenen Beamtenlaufbahn. Wer sich dafür bewerben möchte, braucht unbedingt einen Universitätsabschluss, bevorzugt in Fächern wir Wirtschaft, Jura oder Politikwissensschaft. Und dafür ist wie in alter Zeit bei der Gwageo-Hofbeamtenprüfung im Joseon-Königreich (1392-1910) eine einmal im Jahr stattfindende staatliche Prüfung zu bestehen, „Gosi“ genannt. Bei den Gosi-Prüfungen werden die klügsten Köpfe des Landes ausgewählt. Ein hoher Teil der erfolgreichen Bewerber kommt nach wie vor von den drei Eliteuniversitäten des Landes, der Seoul Nationaluniversität, der Yonsei Universität und der Koryo Universität. Die Konkurrenzratio ist enorm, entsprechend auch die Durchfallquote.

Die Gosi-Prüfung kann im Prinzip unzählige Male wiederholt werden und eine ganze Industrie lebt davon. So gibt es vor der Seoul Nationaluniversität ein ganzes Viertel mit privaten Paukinstituten, in dem die Aspiranten sich ein ganzes Jahr lang mehr oder weniger Tag und Nacht auf die Prüfung vorbereiten. Sie leben meist in extra dafür in der ganzen Gegend gebauten Wohnheimen in Miniapartments, für die horrende Preise zu bezahlen sind. Diese Unterkünfte heißen „Gositel“, eine Zusammensetzung aus „Gosi“-Beamtenprüfung und „tel“ wie in „Officetel“, also ein als Wohn- und und Arbeitsraum/Büroraum fungierendes Apartment. Die Gosi-Prüfung zieht oft die ganze Familie in Mitleidenschaft, da mehr oder weniger alles der Vorbereitung darauf untergeordnet wird. Ist die Prüfung erst einmal gemacht, ist der Rest harte Arbeit sowie der Aufbau des notwendigen Kontaktnetzwerkes. Beides ist wichtig für die Beförderung, denn im koreanischen Beamtentum herrscht natürlich auch eine gewisse Cliquenwirtschaft. Ab dem 3. Geup gehört man dann zu den hohen Tieren, die in den Bereichen Allgemeine Verwaltung, Auswärtige Angelegenheiten und Justiz eingesetzt werden.

Laut Verfassung sollen „Beamte Diener des Volkes und dem Volk gegenüber verantwortlich sein“, was auch impliziert, dass sie unparteiich bzw. unparteilich sein sollen. Koreanische Beamte haben es in Zeiten von Präsidentschaftswahlen aber nicht immer einfach mit der Neutralität, weil in diesen Zeiten der politische und bürokratische Druck besonders hoch ist: Bei den Beamten der unteren Ränge landet viel Verwaltungskram auf dem Schreibtisch, während die in den oberen Ränge um Positionen schachern bzw. schachern müssen, da ist es nicht einfach, politisch keine Farbe zu bekennen oder wenigstens „Farbe anzudeuten“.

1989 gab es in Korea 700.026 Regierungsbeamte, die meisten arbeiteten für die Exekutive, 7.200 Beamte waren für den Judikative zuständig. In der 6. Republik, als in Korea eine regelrechte Demokratisierung begann und die Bedeutung der Nationalversammlung wuchs, wurden die im legislativen, also im gesetzgebenden Bereich arbeitenden Beamten um rund 500 auf 2.700 aufgestockt.

Bis noch vor einigen Jahrzehnten, also vor der in den 1990er Jahren regelrecht einsetzenden Demokratisierung, galt in Korea wie in vielen autoritär ausgerichteten Systemen der Spruch Gwanjon minbi (관존 민비): Respekt für die Beamten, Verachtung fürs Volk. Damit wurde der besondere Status der Beamten in der Gesellschaft beschrieben, die eben keine Diener des Volkes waren, sondern eine Art eigene Machtgruppe konstituierten. Diesen Status haben die Beamten in Korea heutzutage sicherlich nicht mehr oder nur noch in den ganz oberen Rängen, aber begehrt bleibt eine Beamtenstellung wegen der vergleichsweise hohen Sicherheit der Posten nach wie vor.

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