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Lifestyle

Besteuerung des Einkommens von Geistlichen

#Sie fragen, wir antworten l 2017-10-07

Hörerecke

Q:Etwas erstaunt war ich über die Information in Kreuz und Quer durch Korea über das geplante Gesetz zur Besteuerung des Einkommens von Geistlichen. In Deutschland ist es ja gesetzlich geregelt, dass jeder Bürger mit eigenem Einkommen steuerpflichtig ist. Woher resultiert eigentlich die bisherige Ausnahme für Geistliche in Südkorea?

A: Die Besteuerung des Einkommens von Geistlichen und anderen Personen, die klerikeriale Dienste verrichten, ist ein Zankapfel mit langer Geschichte. Bis zur Entscheidung, dass dieser Personenkreis ab 1. Januar 2018 sein Einkommen versteuern muss, hat es gut ein halbes Jahrhundert gebraucht. Der kontroverse Antrag, der übrigens von den katholischen Kirchen und buddhistischen Tempeln befürwortet wurde, hat es mit einer Mehrheit von 192 zu 20 Stimmen endlich durch die Nationalversammlung geschafft. Das Strategie- und Finanzkomitee der Nationalversammlung hatte vorher schon quasi “seinen Segen gegeben“. Die protestantischen Kirchen, sprich, diejenigen, die meist das vollere Säckel haben in Korea, waren größtenteils bis zum Schluss dagegen. Ihr Grundargument lautete, dass geistlicher Dienst am Menschen nicht besteuert werden sollte. Da es unter den protestantischen Kirchen allerdings einige sehr reiche gibt und die Regierung im Zuge ihrer Reformen auch die Steuern für Firmenkonglomerate und Großverdiener anzieht, hat es jetzt gerechterweise auch die Kirchen erwischt. Übrigens gehören nicht wenige Großverdiener den großen protestantischen Kirchen an, die dann wiederum oft in der Politik mitmischen. Der ehemalige Präsident Lee Myung-bak ist ein leuchtendes Beispiel dafür. Nichtsdestoweniger kam die Kritik der Protestanten: “Wie kann man Gott gegenübertreten, wenn man Steuern von Gläubigen erhebt?“ Von den insgesamt rund 364.000 Geistlichen, Mönchen und anderen im geistlichen Bereich Tätigen haben bislang nur die Mitglieder der katholischen Kirche und der Anglikanischen Kirche Steuern gezahlt, und das freiwillig. Die katholische Kirche zahlt seit 1994.

In Südkorea befinden sich fünf der Megakirchen der Welt. An der ersten Stelle steht die Yoido Full Gospel Church, eine auf der Pfingstkirche beruhende Freikirche, und mit weit über 800.000 Mitgliedern die wohl größte christliche Gemeinde der Welt. Die Steuerbefreiung wird als einer der Hauptgründe für das schnelle Wachstum solcher Großkirchen in Korea genannt. Einige operieren wie Geschäfte, d.h. sie investieren in Besitz und Medienanstalten. Kritiker verweisen darauf, dass Reichtum und auch gesellschaftlicher Einfluss dieser Kirchen proportional zur Größe ihrer fleißig spendenden Mitglieder gewachsen ist. So wurde z.B. der christliche Evangelist David Yonggi Cho, der leitende Pastor der eben erwähnten Yoido Full Gospel Church, im Februar 2014 wegen Finanzdelikten in Zusammenhang mit seiner Gemeinde zu einer Haftstrafe von drei Jahren auf Bewährung und zur Zahlung einer Geldstrafe verurteilt. Er soll mit rund 15,8 Mio. Dollar Kirchengeldern Aktien gekauft haben und zwar ohne die Steuern von damals 3 bis 4 Mio. Dollar zahlen zu müssen.

Beispiele für persönliche Bereicherung der Geistlichkeit machen immer wieder die Runde durch die Presse, so z.B. 2013 die Zahlung von Ruhestandsgeld in Form eines mehrere Millionen Euro teuren Apartments, Luxusautos, Abfindungssumme und 80% der letzten Monatsbezüge an den obersten Geistlichen einer anderen protestantischen Kirchengemeinde.

Das kann man natürlich als vereinzelte „schwarze Schafe“ und „Auswüchse“ betrachten, aber solche Fälle sorgen schon seit Jahrzehnten immer wieder für Schlagzeilen. Das Gesetz war also lange überfällig. Der Nationalrat der Koreanischen Kirchen hat das Gesetz übrigens begrüßt, und dazu aufgerufen, es in einer Weise umzusetzen, die die Würde der Kirchendiener nicht verletzt. Nach dem neuen Gesetz können die davon Betroffenen jetzt monatlich ihre Steuern durch die kirchliche Gemeinde, der sie angehören, zahlen, oder aber auch eine eigene Steuererklärung zu Jahresende machen. Kirchen und andere religiöse Organisationen müssen die relevanten Einkommensdaten zur steuerlichen Überprüfung vorlegen. Es wurden in der Presse aber auch schon Befürchtungen laut, dass man bei den Einkommensangaben nach unten korrigieren könnte, um Steuern zu sparen.

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