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Lifestyle

Korea und das „dritte Geschlecht“

#Sie fragen, wir antworten l 2017-11-18

Hörerecke

Q:Aus aktuellem Anlass habe ich folgende Frage: Das deutsche Bundesverfassungsgericht entschied sinngemäß, dass Intersexualität bei Eintragungen in das Geburtenregister als eigenständiges "drittes Geschlecht" zu berücksichtigen sei. In diesem Kontext würde mich interessieren, wie in Korea mit der besagten Thematik umgegangen wird.

A: Zunächst einmal vorab: Als „intersexuell“ werden in der Medizin Menschen bezeichnet, die genetisch, also aufgrund ihrer Geschlechtschromosomen, oder anatomisch, sprich, aufgrund ihrer Geschlechtsorgane, und hormonell, sprich, mit Blick auf das mengenmäßige Verhältnis ihrer Geschlechtshormone, nicht mit völliger Eindeutigkeit dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden können. Medizinische gesprochen handelt es sich dabei um eine sog. „Sexualdifferenzierungsstörung“. Ein drittes Geschlecht im juristisch anerkannten Sinne gibt es in Korea noch nicht, aber das Bewusstsein ist definitiv da. Erst am 23. September 2017 brachte der koreanische TV-Sender Yonhap News eine kurze Reportage über die erste Einrichtung einer Toilette, die bewusst nicht nach Geschlecht spezifiziert. In dem Gebäude einer Menschenrechtsorganisation im Seouler Stadtteil Mapo-gu gibt es jetzt eine gewissermaßen „geschlechtsneutrale Toilette“, die an der Tür das typische schwarze Hosenmännlein zeigt, daneben das typische schwarze Rockweiblein und daneben wiederum ein schwarzes halbes Rockweiblein links, ein schwarzes halbes Rockmännlein rechts, die zusammen quasi ein Zwischengeschlecht bilden, da der Kopf geschlechtsneutral rund ist. Allerdings verläuft zwischen den beiden Geschlechtern von den Füßen bis zum Hals eine schmale weiße Trennlinie. Laut den Erklärungen des Mitarbeiters der Menschenrechtsorganisation wolle man mit dieser „Intersexuellen Toilette“ versuchen, das Konzept „Geschlecht“ in den Köpfen der Menschen aufzubrechen und zum Nachdenken anzuregen. Das scheint derzeit im Trend zu sein, jedenfalls wurde auch von einer koreanischen Mittelschule berichtet, in der die Schüler gerade darüber debattieren, ob an ihrer Schule nicht auch eine solche Toilette eingerichtet werden sollte.

Ansonsten ist es Transgender-Menschen in Korea erlaubt, auf entsprechenden Antrag hin ihr juristisches Geschlecht zu ändern. Ob dem Antrag stattgegeben wird, liegt in der Regeln in der Hand des jeweiligen Richters, aber es heißt, dass seit den 1990er Jahren, als die entsprechende Diskussion in Korea aufkam, die meisten Anträge genehmigt wurden. 2006 hat der Oberste Gerichtshof entschieden, das Transsexuelle die Geschlechtsangabe in ihren Papieren auf Antrag ändern können. Während gleichgeschlechtliche Ehen nach koreanischem Recht noch nicht anerkannt werden, erhält eine transsexuelle Frau bei Heirat mit einem Mann automatisch den Status „weiblich“, auch wenn sie bis dahin noch ihrem Geburtsgeschlecht entsprechend als männlich registriert war. 2013 gab es einen Gerichtsentscheid, nach dem Transsexuelle ihr juristisches Geschlecht auch ohne eine entsprechende Operation zur Geschlechtsumwandlung ändern können. Im März 2013 hat ein Distriktgericht in Seoul fünf Frauen erlaubt, dass sie sich auch ohne Geschlechtsumwandlung als Männer registrieren lassen dürfen. Im Februar 2017 hat dann ein koreanisches Landgericht zum ersten Mal einem Mann erlaubt, dass er sich ohne operative Geschlechtsumwandlung als Frau registrieren lassen darf. Damit ist das in vielen Bereichen immer noch stark konfuzianisch und damit konservativ geprägte Korea in der Frage der Transsexualität und auch mit Blick auf Intersexualität relativ fortschrittlich.

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