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Lifestyle

#MeToo in Korea

#Sie fragen, wir antworten l 2018-03-10

Hörerecke

Q:Ist die Hashtag-#MeToo-Bewegung auch in Südkorea angekommen?

A: Die #MeToo-Bewegung in Korea startete Ende Januar 2018, als die Staatsanwältin Seo Ji-hyun einen älteren Staatsanwalt öffentlich beschuldigte, sie 2010 während eines Leichenschmauses unsittlich berührt zu haben und danach seinen Einfluss für eine ungerechtfertigte dienstliche Herabstufung genutzt zu haben. Die Bewegung schwappte als nächstes auf den Kulturbereich über, als die Dichterin Choi Young-mi ein Gedicht mit dem Titel Monster veröffentlichte, in dem sie beschrieb, wie ein älterer Dichterkollege sie begrapschte. Sehr bald stellte sich heraus, dass es sich wohl um den Dichter Ko Un handelte, der in Korea schon seit langem als Anwärter auf den Literaturnobelpreis gilt. Ko Un hat die Anschuldigungen mittlerweile vehement zurückgewiesen. Als nächstes entlarvte die Theatertruppen-Leiterin Kim Su-hee den bekannten, heute 66-jährigen Theaterschriftsteller Lee Youn-Taek, der Kim vor 10 Jahren, als sie unter seiner Regie als Schauspielerin aktiv war, zu sexuellen Berührungen gezwungen haben soll. Weiterhin wurden Ha Yong-bu, ein Meister des traditionellen koreanischen Tanzes, und eine weiterer Theaterdirektor beschuldigt. Ebenso Bae Bin-u, der in Korea für seine beeindruckenden Aufnahmen von alten Kiefernbäumen als „Kiefernfotograf“ bekannt ist, um nur einige zu nennen. Die angeklagten Herren sind alle in ihren 60er und 70er Jahren, d.h. sie gehören einer Generation an, in der es als völlig normal galt, dass junge Frauen, die v.a. im Kunstbereich Karriere machen wollten, sich dafür im Vorfeld auch etwas gefällig zu zeigen hatten. Im Übrigen galt das bis in die 80er, 90er Jahre auch für Frauen, die in den Großfirmen in untergeordneten Positionen z.B. als Sekretärinnen arbeiteten. Bei den damals häufigen Firmenessen nach Feierabend, bei denen die weiblichen Firmenangestellten ihren Arbeitskollegen wie selbstverständlich Soju-Reisschnaps einzuschenken hatten, verirrte sich auch gerne schon mal eine männliche Hand.
Die #MeToo-Bewegung löste und löst immer noch entsprechend viel Wirbel aus und wird als Bewegung gesehen, eine bessere Gesellschaft schaffen zu wollen. Es organisierte sich spontan eine #WithYou-Bewegung zur Unterstützung und Solidarisierung mit den Opfern sexueller Gewalt. Im Nachfeld der Enthüllungen versammelten sich an die 300 Musical- und Theaterfans am 25. Feb. in der Theaterstraße Daehakno, um ihre Unterstützung für die Opfer zu bekunden und sich für die Ächtung sexueller Übergriffe in den Darstellenden Künsten einzusetzen. Frauenrechte-Gruppen organisierten ein ad-hoc-Symposium, in dem u.a. thematisiert wurde, dass jetzt nicht einzelne Täter dämonisiert werden dürften, sondern dass das Problem auf gesamtgesellschaftlicher Ebene und grundlegend gelöst werden sollte. Die Regierung reagierte auf die MeToo-Bewegung mit der Ankündigung, die Strafen für sexuelle Gewalt im öffentlichen Dienst anziehen zu wollen. In Zukunft gilt: Wird ein Staatsdiener wegen sexueller Belästigung mit einer Geldstrafe von 2.800 Dollar oder mehr belegt, wird er entlassen, wobei keine rechtlichen Schritte gegen die fristlose Kündigung möglich sind. Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes, die wegen Sexualdelikten gerichtlich belangt wurden, dürfen nicht mehr auf Direktoren-Posten befördert werden.
Das dürfte dann wohl auch auf An Hee-jung zutreffen, einen prominenten liberalen Politiker, der auch als Präsidentschaftskandidat der Demokratischen Partei gehandelt wurde. Denn die #MeToo-Bewegung schwappte am 5. März Montag mit voller Wucht auf den politischen Bereich über. An Hee-jung, Gouverneur der Provinz Chungcheongnam-do, wurde von seiner Sekretärin in einem TV-Interview angeklagt, sie von Juni 2017 bis Februar 2018 acht mal vergewaltigt zu haben. Der 52-jährige Politiker trat sofort von seinem Amt zurück, im droht neben einer Anklage auch der Ausschluss aus der Demokartischen Partei. An entschuldigte sich öffentlich und nahm alle Schuld auf sich. Ironischerweise endete seine politische Karriere zehn Stunden nach seiner öffentlich erklärten Unterstützung für die laufende #MeToo-Bewegung. Und am letzten Mittwoch meldete sich dann noch eine weitere Frau mit Vergewaltigungsvorwürfen gegen An.
Sich der #WithYou-Bewegung anzuschließen, mag ganz normal erscheinen, ist es aber nicht unbedingt für berühmte Schauspielerinnen. Einige wie die Schauspielerin Shin So-yul, die sich der #WithYou-Bewegung angeschlossen hat, befürchten die Kritik, dass man damit nur medienwirksam auf sich aufmerksam und Publicity machen wolle. D.h. MeeToo und WithYou ist ein emotional aufgeladenes Thema voller Fettnäpfchen und Fallen. Das zeigt gerade auch der K-Pop-Bereich. K-Pop will durch Text und Inhalte Fans in aller Welt emotional ansprechen, wozu auch gehört, dass die K-Pop Stars sich um ein absolut sauberes Idol-Image bemühen. Bei der kleinsten Abweichung davon bricht gleich Pressegeschrei los und man glaubt erst mal dem MeeToo-Ankläger, in den meisten Fällen eine Anklägerin, wie im Falle von Park Yu-chun, der 2016 in vier Fällen sexueller Übergriffe angeklagt wurde, die sich alle als versuchte Erpressung entpuppten. Park konnte sich zwar reinwaschen, aber sein Ruf war trotzdem geschädigt. Der K-Pop-Bereich scheint jedenfalls für falsche Anklagen anfälliger als andere Bereiche der Gesellschaft. Es ist zu hoffen, dass die MeToo und WithYou Bewegung tatsächlich längst überfällige gesellschaftliche Veränderungen bewirken helfen.

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