Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Nordkorea

Pferdereiten in Nordkorea

#Schritte zur Wiedervereinigung l 2023-09-27

Schritte zur Wiedervereinigung

ⓒ Getty Images Bank
Auf Bildern kommerzieller US-Satelliten lassen sich an 20 Orten in Nordkorea Reitplätze oder Reitgelände erkennen, die schon benutzt werden oder sich noch im Bau befinden. Dazu gehören jeweils vier Reitplätze in Pjöngjang und der Provinz Gangwon, jeweils drei in Nord- und Süd-Hwanghae sowie jeweils einer in Nampo sowie den Provinzen Ryanggang und Süd-Hamgyong. In den Provinzen Nord- und Süd-Pyongyan gibt es vier solcher Gelände. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hat seine eigenen Reitställe in seiner Ryongsong-Residenz in Pjöngjang sowie an seiner Ferienvilla in Wonsan an der Ostküste. Im Februar 2022 richtete Nordkorea eine große Pferdesportveranstalung aus, um das Mondneujahr zu begehen. Es nahmen daran hochranginge Funktionäre einschließlich des damaligen Vorsitzenden des ständigen Ausschusses der Obersten Volksversammlung, Choe Ryong-hae, teil. Zu den Attraktionen gehörten auch Dressurreiten sowie Pferderennen und Akrobatik am Pferd. Die zentrale Fernsehstation übertrug das Pferderennen ungewöhnlicherweise sogar live. Zum Thema sagt Kim Dong-seon, der Ehrenprofessor an der Hochschule für Künste und Sport an der Kyonggi-Universität in Südkorea ist: 

Seit der Öffnung des Mirim-Reitclubs in Nordkorea hat das Reiten im Land eine breite Medienaufmerksamkeit bekommen. Das spiegelt auch Kim Jong-uns Regierungsstil wider, der etwas Spektakuläres bieten will und typisch für die Augenwischerei des Landes ist. Das kann auch als Botschaft verstanden werden, dass die normalen Bürger wie der Machthaber selbst reiten können. Kim sagte einmal: „Stellt Eure Füße fest auf den Boden des Vaterlandes und richtet Eure Augen auf die Welt.“ Der Machthaber hoffte wohl, einige seiner Errungenschaften damit herausstellen zu können. Auch könnte er zeigen, dass seine Politik die Prirorität auf die Verbesserung der Lebensverhältnisse der Menschen legt und dass sein Land eine Work-Life-Balance, eine Art globaler Trend, verfolgt. 

Nordkorea will zeigen, dass das Pferdereiten zu den Traditionen Koreas  zählt. Die offizielle Zeitung Rodong Sinmun berichtete, dass die Menschen im alten Königreich Goguryeo die besten Reiter in der koreanischen Geschichte gewesen seien. Die starke Kavallerie Goguryeos habe erfolgreich den Kriegerstaat verteidigt. Die Reitertradition habe sich auch in den südlichen Königreichen wie Baekje, Silla und Gaya ausgebreitet:

Reiten ist eine koreanische Tradition, die seit der Gojoseon-Ära Tausende von Jahren alt ist. Während der Goguryeo-Zeit war das Reiten ein Kriterium für die Auwahl von Personen, die dem Land dienen sollten. Die Joseon-Dynastie richtete Reitveranstaltungen ab, bei denen die Teilnehmer verschiedene akrobatische Leistungen auf dem Pferd vollbrachten. Nordkorea sagt auch, dass die Koreaner ihren Körper und ihren Geist von alters her geübt und ihr Land vor japanischen Invasionen dank ihrer Reiterei geschützt haben. Es betont, dass sich diese Tradition mit dem Mirim-Reitclub fortsetzt. 

Die Zeitung zitierte Kim Jong-un, wonach jeder Bürger reiten und dass der Sport das ganze Jahr über ausgeübt werden könne. Es scheint, als ob Nordkorea den Reitsport offiziell fördert, seitdem Kim Ende 2011 die Macht übernommen hat. Der Mirim-Reitclub in Pjöngjang öffnete im Oktober 2013. Der Ort war früher ein Übungsgelände für eine Kavallerieeinheit. Kim ordnete an, dass es renoviert werden müsse. Heute gibt es dort große und kleinwüchsige Pferde für Erwachsene und Kinder. Auch verfügt es über eine Reithalle:

Der Mirim-Reitclub steht auf einer Fläche von über 600.000 Quadratmetern. Er ist eine große, moderne Reiteinrichtung, die mit Grasstrecken, einer Reit-Übungshalle, einer Reitschule und vieles mehr ausgestattet ist. Er wird vor allem von der herrschenden Kim-Familie und der privilegierten Schicht, die mehr Geld und Macht hat, sowie Ausländern genutzt. Trotzdem betont Nordkorea, dass die allgemeine Bevölkerung ebenfalls Freizeitaktivitäten genießen kann, ebenso wie die Bürger in kapitalistischen Ländern. 

Der Reitclub bietet auch Reitunterricht für normale Bürger an. Seit 2015 gibt es Reitstunden für Schüler. Die Schüler studieren das Reiten auch an Computern und mit Hilfe von Videos. Diejenigen, die ihren Trainingskurs absolviert haben, erhalten ein Zeugnis. Nordkoreanische Medien berichteten 2017 über eine Reitveranstaltung im Mirim-Club. Dabei habe es auch eine Tombola gegeben. Beobachter sagten, dass sie auch Wettscheine für Pferderennen gesehen hätten. Darum vermuten sie, dass der Pferderennsport schon einige Zeit in Nordkorea existiert: 

Es scheint, als ob Nordkorea an Pferderennen oder Sportwetten interessiert ist, was eigentlich als exklusives Merkmal des Kapitalismus angesehen wurde. Lokale Medien berichteten, dass das Land Preise für diejenigen vorbereitet, die gut beim herbstlichen Amateur-Reitwettbewerb abschneiden und dass die Menschen in einer Art Verlosungssystem auf Jockeys wetten können, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf das Pferdereiten zu lenken. Doch kann ich mir vorstellen, dass Nordkorea das Wettgeschäft eingeführt hat, um die Menschen dazu zu bewegen, Geld auszugeben, so dass dadurch letztlich die nationalen Einnahmen erhöht werden. Damit sich der Reitsport zu einem Industriezweig entwickelt, ist es nötig, die entsprechenden Geschäftsbereiche zu fördern, wozu der Reitsportbedarf und Ausrüstungen, Einrichtungen und Dienstleistungen gehören. Ich denke, Nordkorea hat dieses Niveau noch nicht erreicht. Doch scheint es, als ob das Land den Reitsport zu einer Industrie aufbauen will, wenn man bedenkt, dass es Wettscheine für Pferderennen ausgibt und den Mirim-Reitclub auch als Hochzeitseinrichtung nutzt. 

Nordkorea hielt im Februar zum 75. Gründungstag der Streitkräfte eine Militärparade ab. Ein Pferd Kim Jong-uns ging der Parade voraus, gefolgt von einem weißen Pferd, das von den einheimischen Medien als Pferd von Kims Tochter, Kim Ju-ae, beschrieben wurde. Spekuliert wurde in Südkorea, dass damit auch der Personenkult um die Tochter des Machthabers eingesetzt habe. In Nordkorea ist ein Schimmel auch ein propagandistisch gebrauchtes Symbol für die Kim-Familie: 

Laut dem griechischen Geschichtsschreiber Herodot wurden weiße Pferde in alter Zeit als heilige Tiere angesehen. Im Christentum, Hinduismus und Islam ging man davon aus, dass weiße Pferde Schutzpatronen oder den Weltenretter trugen. In den Mythologien Nordeuropas galten weiße Pferde als Symbol für den Empfang guter Nachrichten. Ein weißes Pferd in Nordkorea symboliert die Machthaber und die sogenannte Paektu-Blutlinie, die sich auf die Abstammung von Regimegründer Kim Il-sung bezieht. Ein Museum im Mirim-Reitclub zeigt Videos und Dokumente, die dir drei bisherigen Machthaber Nordkoreas, Kim Il-sung, Kim Jong-il und Kim Jong-un auf dem Pferd reitend zeigen. Das Material demonstriert, dass die beiden früheren Anführer den Reitsport liebten, und dass der jetzige Machthaber diese Tradition übernommen hat. Es wird gesagt, dass ein Pferd mit Namen Maebong, das noch Kim Jong-il ritt, ein Orlow-Traber gewesen ist, der ihm vom russischen Präsidenten Wladimir Putin geschenkt wurde. Wichtige Gedenkhallen in Nordkorea zeigen Bilder von Kim Il-sung, wie er auf einem weißen Pferd in der Mandschurei und am Berg Paektu in den anti-japanischen Guerilla-Kampf zog. Es scheint, dass das Bild eines Supermanns auf einem weißen Pferd gezeigt werden soll, das an Kim Jong-il weitergeben wurde. 

Kim Jong-un versucht, sich immer mehr dem Bild seines Großvaters anzunähern und damit seine Machtstellung zu legitimieren. Das ist auch ein Grund dafür, warum nordkoreanische Medien den Machthaber oft auf dem Rücken eines Pferds zeigen. So zeigten sie ihn schon im ersten Jahr seiner Herrschaft reitend, als seine Unterstützungsbasis noch schwach war. Nachdem das Gipfeltreffen Nordkoreas mit den USA im Februar 2019 in Vietnam gescheitert und sich die Stimmung in Nordkorea verschlechtert hatte, zeigten die staatlichen Medien Kim Jong-un auf einem Pferd, wie er auf dem schneebedeckten Paektu ritt. Das Bild sollte den inneren Zusammehalt stärken. Ein Dokumentarfilm vom Januar 2022 zeigt Kim auf dem Rücken eines weißen Pferds und wie er die aufgehende Sonne betrachtet. Der Film zeigte Kim auch durch die Wälder galoppierend. Es scheint, als ob Nordkorea die Aufmerksamkeit auf die Paektu-Blutlinie lenken wollte. In den vergangenen Jahren stellten die nordkoreanischen Medien oftmals Menschen vor, die das Reiten lernen oder sich am Reiten erfreuen. Sie berichteten, der Reitsport könne von jedem ausgeübt werden. Die nordkoreanischen Propaganda-Plattformen wie Naenara veröffentlichten mehrere Geschichten über den angeblichen Reitboom im Land: 

Bis 2023 verlangte der Mirim-Reitclub sieben Dollar für den Zutritt und 50 Dollar für eine Stunde reiten. Das ist heftig für die Einheimischen, da der Betrag dem Wert eines 80 Kilogramm schweren Reissacks entspricht. Es wird daher angenommen, dass nur eine kleine Zahl von Nordkoreanern wirklich reiten können. Nordkorea ist am Sportwetten-Geschäft interessiert. Es sprach chinesische Investoren an, um eine Fabrik für die Herstellung von Sportsachen zu bauen. Doch ist es nötig, die Zahl der Menschen, die reiten, zu erhöhen, bevor es den Pferdesport zu einer Industrie entwickeln kann. Für dieses Ziel sollten mehr Reiteinrichtungen entstehen, und die Zutrittsgebühren sollten angemessener sein. Der nationale Reitsportverband richtet Reitveranstaltungen für Amateure aus, um den Sport populärer zu machen. Doch wenn die wirtschaftlichen Voraussetzungen in Nordkorea und das Einkommensniveau berücksichtigt werden, ist das Land noch weit entfernt davon, dieses Ziel zu erreichen. 

Kim Jong-un sagte, der Reitsport sei für die Bürger leicht zugänglich. Doch dürfte es noch eine Weile dauern, bis diese Äußerungen in dem Land Wirklichkeit werden.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >