Am 14. Dezember 1959 gingen 975 in Japan lebende Koreaner im Hafen von Niigata an Bord eines „Rückführungsschiffs“ und fuhren nach Chongjin in Nordkorea. Mit dieser Überfahrt startete ein Programm, durch das über Jahre Zehntausende Menschen aus Japan nach Nordkorea gebracht wurden.
Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs lebten in Japan ungefähr zwei Millionen Koreaner. Auch nach dem Ende der japanischen Kolonialherrschaft 1945 blieben rund 600.000 in dem Land. Der japanischen Regierung war ihre Präsenz ein Dorn im Auge. Die Koreaner in Japan erlebten im Alltag offene Diskriminierung, etwa beim Zugang zu Bildung, bei der Ausübung des Wahlrechts oder bei der Berufswahl. Nordkorea wiederum suchte nach dem Koreakrieg (1950–1953) nach Wegen, Bevölkerungsverluste und Arbeitskräftemangel auszugleichen. Die koreanische Gemeinschaft in Japan erschien dem Regime als willkommenes Reservoir.
So überschnitten sich die Interessen beider Länder. Als Vermittler fungierte das Rote Kreuz. Japan unterstützte die Idee Nordkoreas, schickte eine Delegation zur Vorbereitung der Rückführungen und warb öffentlich dafür. Nordkorea inszenierte sich derweil als „irdisches Paradies“ und rief zur „Heimkehr“ auf. Zwischen 1959 und 1984 wurden auf diesem Weg rund 93.340 Menschen nach Nordkorea gebracht. Unter ihnen war auch Ko Yong-hui, die Mutter des heutigen Machthabers Kim Jong-un.
Viele verbanden mit der Ausreise die Hoffnung, der Ausgrenzung in Japan zu entkommen. In Nordkorea fanden sie sich jedoch häufig in Zwangsarbeit wieder, unter strenger Kontrolle und mit begrenztem Spielraum für ein eigenes Leben. Sie wurden zudem einer als feindlich eingestuften sozialen Schicht zugeordnet und mussten soziale Ausgrenzung sowie wirtschaftliche Nachteile hinnehmen. Ein Bericht der Vereinten Nationen von 2014 stufte das Rückführungsprogramm als „Entführung“ ein. Tragisch war auch das Schicksal vieler japanischer Ehepartner, die ihren koreanischen Partnern folgten. Ihnen war zugesichert worden, nach drei Jahren zurückkehren zu dürfen. Dieses Versprechen wurde nicht eingelöst. Abgesehen von wenigen, denen die Flucht gelang, mussten die meisten gegen ihren Willen in Nordkorea bleiben.