In Südkorea haben am sechsten Samstag in Folge landesweit neue Massenproteste gegen Präsidentin Park Geun-hye stattgefunden.
Erstmals marschierten die Demonstranten auf drei Routen bis zu 100 Meter nah an das Präsidialamt heran, um den Rücktritt der Staatschefin Park Geun-hye zu fordern.
Die "Notaktion des Volkes zum Rücktritt der Park-Geun-hye-Regierung", der sich 1.500 Bürgerorganisationen angeschlossen haben, hat auf dem Gwanghwamun-Platz im Zentrum Seouls eine Kundgebung mit dem Slogan "Eine Kriegserklärung der Kerzenlichter, Tag des unverzüglichen Rücktritts von Park Geun-hye" veranstaltet.
Die Organisatoren gehen laut Schätzungen von einer Teilnehmerzahl von 2,3 Millionen Menschen aus, darunter 1,7 Millionen in Seoul. Die Polizei geht von einer Teilnehmerzahl von 420.000, einschließlich 320.000 in der Hauptstadt Seoul, aus. Die Zahl der Polizei bezieht sich auf den Zeitpunkt, als sich die meisten Menschen versammelt haben. Die Organisatoren beziehen sich mit ihrer Zahl auf die gesamte Teilnehmerzahl an dem Tag.
Sowohl die von den Organisatoren als auch die von der Polizei angegebenenen Teilnehmerzahlen haben bei den jüngsten Kerzenlichter-Kundgebungen den Rekordstand erreicht. Nach Angaben der Organisatoren sollen sich außerhalb Seouls 620.000 Menschen versammelt haben, darunter jeweils 50.000 in Daejeon und Daegu und etwa 20.000 in der Provinz Süd-Jeolla.
Die Demonstranten kritisierten, dass Park die Frage ihres Rücktritts dem Parlament überlassen hat. Kritisiert wurden auch die offizielle Stellungnahme der Regierungspartei Saenuri für Parks Rücktritt im April und die vorgezogenen Präsidentschaftswahlen im Juni. Ursprünglich sind die Wahlen für Dezember 2017 geplant und Parks Amtszeit endet im Februar 2018.
Um sieben Uhr abends haben die Demonstraten alle Kerzenlichter eine Minute lang erlischen lassen. Damit forderten sie, den Sachverhalt der umstrittenen sieben Stunden am Unglückstag der gesunkenen Fähre Sewol ans Licht zu bringen. Es ist umstritten, ob die Staatschefin während der sieben Stunden ihre Arbeit als Staatschefin wahrgenommen hat oder nicht erreichbar gewesen sei.
Unterdessen versammelten sich nach Schätzungen der Organisatoren 30.000 Südkoreaner, die für die konservative Staatschefin eintreten, in Dongdaemun in Seoul zu einer Gegendemonstration. Der ehemalige Präsidialsprecher Yoon Chang-joong, der wegen des Verdachts einer sexuellen Belästigung aus dem Amt schied, sagte, dass man im Falle des Zusammenbruchs der Park Geun-hye-Regierung das Land nicht schützen könne.
Die Polizei hat landesweit über 20.000 Polizisten eingesetzt. Zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kam es nicht, auch Festnahmen hat es nicht gegeben.
Südkoreas Opposition hat am Samstag im Parlament einen Antrag auf ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsidentin Park Geun-hye eingereicht. Über den Antrag wollen die Parteien am nächsten Freitag abstimmen. Um die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit für die Einleitung des Verfahrens gegen Park zu erreichen, müssten auch mehr als zwei Dutzend Abgeordnete der regierenden Saenuri-Partei dafür stimmen. In dem Antrag der Opposition wird Park unter anderem beschuldigt, gegen die Verfassung verstoßen zu haben. Ihrer langjährigen Freundin Choi Soon-sil soll Park erlaubt haben, sich in die Regierungsarbeit einzumischen. Dem Antrag zufolge verletzte Park außerdem ihre Pflicht, das Marktsystem zu schützen, indem sie es zugelassen habe, dass private Unternehmen unter Druck für zwei von Choi kontrollierte Stiftungen Geld gegeben hätten. Auch wird Park vorgeworfen, ihre Pflicht vernachlässigt zu haben, das Leben von Menschen während der "Sewol"-Fähr-Katastrophe im April 2014 zu schützen.