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Lifestyle

Gibt es Exorzismus in Korea?

#Sie fragen, wir antworten l 2006-08-11

Hörerecke

Frage: Heinz Günther Hessenbruch aus Remscheid fragt: Sind in Korea Fälle von Exorzismus oder Teufelsaustreibungen bei Mensch oder Tier bekannt? Welche Religionen oder Sekten beschäftigen sich mit solchen Praktiken? Ist Exorzismus in Südkorea strafbar?

Antwort: Bevor wir diese Frage beantworten, sollte generell geklärt werden, was mit Exorzismus gemeint ist. Die meisten dürften dabei an Filme wie "Der Exorzist" denken, oder "Der Exorzismus von Emily Rose" und den auf der Berlinale 2006 preisgekrönten Film "Requiem". Die beiden letzten Filme beschäftigen sich mit dem Fall der Anneliese Michel, einer jungen Frau, die 1976 im Verlauf des kirchlich angeordneten Exorzismus an Unterernährung und Entkräftung gestorben ist, nachdem man zuvor die ärztliche Behandlung abgebrochen hatte. Das sind Extremfälle des Exorzismus. Exorzismus, die lateinisierte Form des griechischen "exorkismόs", bedeutet zunächst einmal nur "Hinausbeschwören" oder "Heraufbeschwören". Gemeint ist dabei die in vielen Religionen übliche Austreibung von bösen Mächten, Dämonen oder Geistern, die oft mit dem Teufel assoziiert werden, aus Personen, Tieren, aber auch aus Gegenständen. Durch den Exorzismus soll eine Heilung und Reinigung der bessessenen Personen erreicht werden. Exorzismus soll in allen Kulturen nachweisbar sein. Menschen, die Exorzismus betreiben können, werden entsprechend ihrer Religion als "göttliche Menschen" angesehen, die mit Hilfe einer höheren Macht durch bestimmte Rituale Dämonen austreiben können. Dämonen sind hier zu verstehen als Verursacher von Krankheit oder Bessessenheit, als Totengeister oder böse Geister, die in den Menschen wüten. Die äußerlich erkennbare Form des Exorzismus variiert dabei kulturbedingt sehr stark und umfasst den Dialog mit den Geistern, Zeremonien zu ihrer Unterhaltung und Beschwichtigung sowie Tänze im Trancezustand.

Exorzimus ist in den meisten Religionen nachgewiesen, so z.B. im Judentum, im Taoismus, im Shintoismus Japans, im Islam und auch im Christentum. Lediglich der Shikismus ist gegen jede Form von Exorzismus. Im Neuen Testament finden sich im Matthäus-, Markus- und Lukasevangelium eine Reihe von Dämonenaustreibungen, die die Macht Jesu über die Dämonen demonstrieren, so z.B. die Heilung des Besessenen von Gerasa (Mt 8, 28-34), die Heilung des mondsüchtigen Knaben (Mk 9, 14-29), oder die Geschichte vom kanaanäischen Weib (Mt 15,21-31), um nur einige zu nennen. Innerhalb des Christentums hat die orthodoxe Kirche eine eigene Tradition. Im Juni 2005 erregte hier der Fall der 29-jährigen Nonne Maricica Irina Cornici Aufsehen, die im rumänischen Kloster Tanaca an den Folgen eines Exorzismus starb. Die meisten älteren protestantischen Kirchen üben Exorzismus indes nicht oder nicht mehr aus, auch wenn er in jüngeren protestantischen Kirchenrichtungen durchaus noch hin und wieder anzutreffen ist, wie an den später aufgeführten Todesfällen zu sehen ist.

In der katholischen Kirche spielt der Exorzismus nach wie eine nicht unbedeutende Rolle, wobei vor dem Vollzug eines Großen Exorzismus Gewissheit darüber bestehen muss, dass es sich um Bessessenheit und nicht um Krankheit handelt. Das ist durch das Urteil unabhängiger Ärzte und Psychologen nachzuweisen. Das aus dem Jahr 1614 stammende Exorzismus-Ritual der katholischen Kirche wurde 1999 überarbeitet und mit strengen Auflagen versehen. Unter Papst Benedikt XVI. werden Exorzisten ausgebildet. 2003 wurden in Italien an die 200 Priester als Exorzisten gesegnet und im September 2005 wandte sich der Papst auf einer Generalaudienz an die Teilnehmer des Nationalkongresses der italienischen Exorzisten und ermutigte sie dazu, "mit ihrem wertvollen Dienst an der Kirche fortzufahren" (www.exorzismus.net; http://www.exorzismus.net/Papst_Benedikt1).

Diese etwas ausführliche Einleitung gibt schon einen Hinweis darauf, dass auch Exorzismus in Korea vorhanden und erlaubt ist, da hier Religionsfreiheit herrscht und der Exorzimus Bestandteil der in Korea zu findenden Religionen wie den verschiedenen Richtungen des Christentums ist. Strafbar wird er nur, wenn es dabei zu Todesfällen kommt. Zudem hatten wir in den letzten beiden Hörerecken ausführlich über den koreanischen Schamanismus und das Ritual des Gut berichtet. Der Gut wird in zahlreichen Veröffentlichungen zum Thema als exorzistisches Ritual beschrieben und erklärt. Wir hatten in der Einleitung bereits gesagt, dass die äußere Form des Exorzismus kulturbedingt stark variiert. Die Mudang, die Schamanin, nimmt im Gut Kontakt zu den Geistern auf, wobei sie unzufriedene und deshalb Unglück bringende Geister, also böse Geister, wohl gesonnen zu stimmen versucht, mit ihnen kommuniziert und sich in Trance versetzt.

Nehmen wir als typisches Beispiel den Jaesu-Gut, der im Juni 1999 in Chungju durchgeführt wurde (Lee Yong-Shik: Shaman Ritual Music in Korea, Korean Studies Dissertation Series No. 5, Seoul, 2004, S. 91ff.). Die Familie, die den Gut in Auftrag gegeben hatte, hatte vier Kinder, die älteste Tochter war 21, die zweite 19, die dritte 6 und das jüngste Kind war endlich der erhoffte Sohn, 3 Jahre alt, den die Mutter noch mit 46 auf Drängen des Schwiegervaters geboren hatte. Der Junge war von Anfang an kränklich und musste schließlich mit Lungenentzündung und Bauchfellwassersucht ins Krankenhaus eingeliefert werden, wo sich sein Zustand nicht verbesserte. Die Großmutter starb über den Schock der unerwartet schweren Krankheit des Enkels. Eine Schamanin wurde gerufen, die in einem kleinen Gut-Ritual (Byeong-gosa) die bösen Geister, die für die Krankheit verantwortlich sein sollten, besänftigte und damit austrieb. Das Kind wurde danach erstaunlich schnell wieder gesund. Da die Familie allerdings innerhalb von wenigen Monaten von zwei Unglücksfällen, nämlich Krankheit und Tod, heimgesucht worden war, bereitete man einen großen Gut vor, der sich über zwei Tage erstreckte. Den ganzen Gut zu beschreiben, würde zu weit führen. Es seien nur einige exorzistische Elemente erwähnt.

Vor dem eigentlichen Gut wurden zur Besänftigung unreiner Geister und zur Reinigung der Ritualstelle einfache Opfergaben dargebracht und die unreinen Geister, die überall auf der Welt zu finden sind, einzeln angesungen und beschwichtigt. Im Laufe des Gut wurde die Mudang dann von den Geistern verschiedener Gottheiten besessen, die sie angerufen hatte, und deren symbolische Kleidung und Requisiten sie jeweils trug. Die Mudang gab die Botschaften der Gottheiten wie des Berggottes Sanshin oder des Drachenkönigs an die Familie weiter. Anschließend kommunizierte sie mit den Geistern der verstorbenen Ahnen der Familie, die keine Ruhe finden konnten und daher den kleinen Sohn der Familie in Form von Krankheiten plagten. Gemeint waren die Geister von Großmüttern des Ehepaares, die jung und/oder kinderlos gestorben waren und daher keine Ruhe finden konnten. Hier findet durch Opfergaben und rituellen Tanz und Gesang ein Exorzismus statt. Im weiteren Verlauf des Gut werden die Geister von Kriegern verehrt, die im Kampf gestorben sind. Da sie viel Blut verloren haben, können sie umgekehrt die Familie vor bösen Geistern, die Krankheiten bringen, bewahren. Dazu wird in einigen seltenen Fällen in diesem Teil des Gut ein lebendes Schwein geopfert.

Im abschließenden Teil des Gut wird den Geistern all derer gedacht, die in der Welt der Lebenden umherirren und keinen Frieden finden können. Dadurch können sie die Lebenden negativ beeinflussen. Gemeint sind die Geister derer, die vom Blitz getroffen wurden, die im Krieg gestorben sind, die erhängt wurden, die an Krebs starben oder ertrunken sind, die bei Unfällen starben und so weiter.

Neben diesen exorzistischen Elementen im Rahmen eines großen Gut, wie wir ihn eben in groben Auszügen beschrieben haben, gibt es noch eine Art kleinen Gut, den sogenannten Pudakgeori, bei dem es nur um den Exorzismus böser Geister geht und bei dem dann in der Regel ein Hahn geopfert wird. Auch hier wird der böse Geist angerufen, unterhalten und durch Opfergaben beschwichtigt und anschließend wieder verabschiedet. Das Muster ist also weitgehend identisch.

D.h. in Korea sind v.a. im Rahmen des Schamanismus exorzistische Rituale auch heute noch bekannt und werden ausgeübt. Es gibt auch einige Exorzimus-bezogene Todesfälle unter Koreanern, die jedoch nicht in Korea selbst verzeichnet wurden und die auch nichts mit Schamanismus zu tun haben. So starb z.B. 1995 Ha, Kyung-A in San Fancisco durch die Anhänger der Jesus-Amen Ministries. 1996 traf es in Glendale, Kalifornien, die Koreanerin Chung, Kyung-Jae in einem Exorzimus, der von ihrem Mann, einem Priester, und den Mitgliedern der Koreanischen Methodistenkirche von Glendale durchgeführt wurde. Spektakulärer war der Fall der 37-jährigen koreanischen Theologiestudentin Joanna Lee, die im Dezember 2001 in Neuseeland den Folgen eines Exorzismus-Rituals erlag, das der in Korea vorbestrafte Gründer der Lord of Alĺs Church, Luke Lee, durchführte (www.rickross.com/reference/exorcism/exorcisms5.html). Die Sekte soll mittlerweile aufgelöst worden sein.

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