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Lifestyle

Kakteen in Korea

#Sie fragen, wir antworten l 2007-02-26

Hörerecke

FRAGE: Erwin Winter aus Heidenheim schreibt: In "Von Hörer zu Hörer" hatten Sie zuletzt einen ehemaligen Gärtner zu Gast und meinten, dass auch botanische Fragen erwünscht seien. Vielleicht könnten Sie mal über Kakteen in Korea. Gibt es überhaupt in Korea Kakteen? Ich denke da besonders an die Insel Jeju. Sind Kakteen bei Hobbybotanikern beliebt?

ANTWORT: Die Familie der Kakteen mit an die 2.000 bis 3.000 Arten ist nur heimisch auf dem amerikanischen Kontinent, wo Kakteen von Patagonien bis zur kanadisch-amerikanischen Grenze zu finden sind. Kakteen wachsen dabei in den Küstenebenen ebenso wie in den Bergen, in den Subtropen ebenso wie in der Wüste. Am stärksten verbreitet sind sie in Nordmexiko, Argentinien und Bolivien. Man glaubt, dass sich Kakteen erst in den letzten 30 bis 40 Millionen Jahren entwickelt haben, also nachdem die Kontinente auseinandergebrochen sind. Das kann ein Grund dafür sein, warum Kakteen mit Ausnahme der Sorte Rhipsalis baccifera z.B. nicht in Afrika oder Europa endemisch sind, auch wenn das Klima es vielleicht hätte zulassen können. Die Sorte Rhipsalis dürfte aber durch Zugvögel ins tropische Afrika, nach Madagaskar und Ceylon verschleppt worden sein. Das dürfte auch auf viele Kakteensorten zutreffen, die heute im Mittelmeerraum als Charakterpflanze gelten oder bereits in Teilen Australiens zur Landplage geworden sind.

In Korea wie in ganz Nordostasien sind Kakteen entsprechend nicht heimisch und normalerweise nur in botanischen Gärten oder Gewächshäusern zu finden. Die älteste Sammlung dürfte die im Namsan Botanischen Garten sein, die dem Garten 1971 von dem Korea-Japaner Kim Yong-jin geschenkt wurde. Ausgenommen ist aber der Zygocactus truncatus, eine Weihnachtskaktusart, d.h. ein Blattkaktus mit Blüten, der tatsächlich im nordwestlichen Teil der Insel Jeju in freier Natur zu finden ist. Koreanische Botaniker sind sich allerdings einig darin, dass diese auch als Schlumbergera bekannte Kaktusart aus Brasilien durch Vögel oder übers Meer nach Jeju-do gekommen sein muss. Nebenbei und weil wir alle auf den Frühling warten: Das soll auch auf die Narzisse zutreffen, die bereits schon seit hunderten von Jahren auf Jeju-do in rauhen Mengen wächst.

Dann gibt in Korea noch sogenannte Sukkulenten oder Saftflanzen, die auf das Leben in trockenen Gebieten spezialisiert sind. Dabei unterscheidet man zwischen Blatt-Sukkulenten wie Fetthenne, bei denen die Blätter Wassergewebe enthalten, und Stamm-Sukkulenten, bei denen die Sprossen Wassergewebe enthalten. Zu den Stamm-Sukkulenten gehören zum Beispiel Kakteen. Aber während alle Kakteen Sukkulenten sind, sind nicht alle Sukkulenten Kakteen, auch wenn sie im Volksmund oft als Kakteen bezeichnet werden, weil sie den Kakteen ähneln. Es soll sich hier jedoch um eine paralle Evolution und keine enge Verwandtschaft zwischen Kakteen und Blatt-Sukkulenten handeln. Zwei Blatt-Sukkulentensorten sind nun tatsächlich in Korea heimisch, nämlich Sedum rotundifolium D. Lee und Sedum middendorffianum Max.

Sedum rotundifolium, auf Koreanisch 둥근잎꿩의비름, ist eine Fetthennensorte mit dicken, gezackten Blättern und Dolden kleiner violetter Blüten, die fast auf der ganzen koreanischen Halbinsel vorkommt, von etwa 1.500 m Höhe im Norden bis 500 m im südlicheren Teil. Sie wächst auf trockenen und steinigen Böden, bevorzugt schattige Standorte und blüht im Juli und August. Sedum middendorffianum Max. ist ebenfalls eine Fetthennenart mit dem koreanischen Namen 애기기린초. Diese Pflanze wächst im nördlichen und zentralen Teil des Landes und blüht von Juli bis August. Die Blüten sind gelb und sternförmig. Die Pflanze mag es sonnig und trocken. Die beiden Fetthennen-Arten können wie gesagt nur im allgemeinen Sprachgebrauch als Kakteen durchgehen, es sind Blatt-Sukkulenten.

Auf die Kakteen gekommen ist man aber mittlerweile trotzdem in Korea. Vor etwa zehn Jahren wurden Kakteen in Korea als Deko-Pflanze entdeckt und es gibt tatsächlich den ein oder anderen, der sich dem Hobby der Kakteenzucht verschrieben hat. Mittlerweile werden sie auch in koreanischen Gewächshäusern gezüchtet und sind in den meisten Blumenläden zu haben. Dabei handelt es sich vor allem um kleinere Kakteensorten mit einem geraden Stamm und einem bunten Kopf in den Farben Rot, Gelb, Pink, Grün, Orange und Schwarz. Sie werden bis zu 12 cm groß. Es sind reine Zierkakteen der Sorten Gymnocalycium Mihanovichii, Chamaecereus Silvestrii, Gymnocalycium Denudatum, Eriocactus Leninghausii, Cereus Christa, Notocactus Scopa, Mammillaria Theresae und Sulcorebutia Rauschii. Dem Kakteenliebhaber mögen die Namen etwas sagen.

Anschauen kann man sich die stacheligen Freunde auf der Webseite der Ace Breeding Cactus Farms Corporation Korea. Klicken Sie an: www.abccactus.com Beliebt ist in Korea übrigens Kakteensaft, der vor einigen Jahren als Gesundheitsgetränk auf den Markt kam.
Was ich bei der ganzen Kakteengeschichte noch interessant finde, ist die Tatsache, dass die alten Azteken ihre Menschenopfer auf einem Goldkugelkaktus dargebracht haben, der bis 1,30 Meter hoch wird und einen Durchmesser von einem Meter erreichen kann. Kein Wunder, dass dieser Kaktus auch als Schwiegermutterstuhl bekannt ist. Und der alte Name von Mexiko City lautet Tenochtitlan, was soviel wie Ort des heiligen Kaktus bedeutet. Eine etwas stachelige Angelegenheit.

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