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Geschichte

Yun Sim-deok: die erste koreanische Sopranistin

2012-08-23

<b>Yun Sim-deok</b>: die erste koreanische Sopranistin
Das Zeitalter der modernen Musikindustrie wird eingeläutet

1926 gilt als das Geburtsjahr der modernen Populärkultur in Korea. In dem Jahr wurde ein Klassiker der traditionellen Kunst, die Pansori-Oper „Chunhyangjeon“, in ein Musiktheater mit 18 Akten umgewandelt, und der Film „Arirang“ des Regisseurs Na Un-gyu sorgte für einen Publikumserfolg und einen Aufschwung in der koreanischen Filmindustrie. Vor allem aber wurde 1926 das Album „Saui Chanmi“, „Eine Hymne auf den Tod“ der Sopransängerin Yun Sim-deok veröffentlicht. Das gleichnamige Titellied lieh sich die bekannte Melodie des Walzers „Donauwellen“ des rumänischen Komponisten Iosif Ivanovici. Obwohl das Album nach heutigen Maßstäben mehrere hundert Euro kostete, fand es reißenden Absatz und läutete damit offiziell das Zeitalter der modernen Musikindustrie in Korea ein.

Die erste Koreanerin an der Musikhochschule Tokyo

Yun Sim-deok wurde 1897 als zweites Kind von vier Geschwistern in Pyeongyang geboren. Die Familie war arm: ihr Vater war Gemüseverkäufer, ihre Mutter Mädchen für alles in einem Krankenhaus. Doch dank ihren tiefgläubigen evangelischen Eltern erhielten die vier Geschwister trotz der finanziellen Schwierigkeiten eine moderne Bildung.

Vor allem die zweitälteste Sim-deok tat sich dabei durch ihr musikalisches Talent hervor. Nachdem sie die Mädchenoberschule Gyeongseong absolviert hatte, unterrichtete sie ein Jahr lang als Lehrerin, bis sie als erste Koreanerin ein Stipendium des japanischen Generalgouverneurs in Korea erhielt und zum Studium nach Japan ging. Dort besuchte sie zunächst die Aoyama-Gakuin-Schule, eine von Missionaren gegründete Privatschule, um anschließend an der Musikhochschule Tokyo ihr Gesangsstudium zu beginnen. Sie war die erste koreanische Studentin an der Hochschule.

Während ihrer Zeit in Tokyo hatte Yun viel Kontakt mit anderen koreanischen Studenten. Sie war extrovertiert und unkompliziert, und auch mit vielen ihrer männlichen Kommilitonen hatte sie ein vertrautes Verhältnis. Sie genoss ihre Freiheit, hatte Affären und brach Herzen, bis sie schließlich auf den Mann traf, der ihr Schicksal werden sollte. Man schrieb das Jahr 1921, und Yun war mit 30 jungen koreanischen Sängern auf einer Konzerttournee durch Joseon, um Geld für koreanische Arbeiter in Japan zu sammeln. Mit dabei war auch ein Anglistik-Student an der Waseda-Universität in Tokyo, der Kim U-jin김우진 hieß. Er war der älteste Sohn eines reichen Landbesitzers in der südwestlichen Jeolla-Region. Wie viele Sprösslinge aus gutem Hause damals, die zum Lernen ins Ausland geschickt wurden, hatte er in der Heimat bereits Frau und Kinder. Doch in der modernen Frau Yun Sim-deok traf er auf eine Partnerin, die ihm auf Augenhöhe begegnete. So kamen sich Kim und Yun während der zweimonatigen Tournee schließlich näher. Es war eine Liebesgeschichte, wie sie in den Kreisen der intellektuellen Auslandskoreaner damals nicht selten vorkam.

Viel Ruhm, aber wenig Reichtum

1923 kehrte Yun nach Abschluss ihres Studiums nach Joseon zurück und gab dort ein gefeiertes Debüt als erste Sopranistin Koreas. Gleich nach ihrer Rückkehr trat sie im Zentralen Jugendzentrum im Seouler Stadteil Jongno als Solistin auf, und es schlossen sich viele weitere Auftritte an. Doch die Bezahlung war nur sehr unregelmäßig, und obwohl es üblich war, dass ehemalige Regierungsstipendiaten nach ihrer Rückkehr an staatlichen Schulen als Lehrer angestellt wurden, hatte sie auch nach mehreren Monaten noch keine Stelle zugeteilt bekommen. Trotz allem Ruhm war Yuns finanzielle Situation so prekär, dass sie sich um ihren Lebensunterhalt Sorgen machen musste.

In der Suche nach lukrativeren Einkommensmöglichkeiten wandte sich Yun daraufhin der Populärmusik und dem Theater zu, und war danach auch privat immer wieder in Skandale verwickelt. Ein Beispiel dafür war das Gerücht, dass sie einen reichen Finanzier aus dem Norden des Landes heiraten würde. Zur gleichen Zeit kämpfte auch ihr Geliebter Kim U-jin mit seinem Leben. Er war zu einem ähnlichen Zeitpunkt wie Yun nach Joseon zurückgekehrt, doch seine Pläne, sich der Literatur und dem Theater zu widmen, stießen auf den Widerstand seiner Familie. 1926 brach er aus und ging wieder nach Japan.

Eine Hymne auf den Tod

Auch Yun Sim-deok verschlug es 1926 wieder nach Japan, und zwar für Plattenaufnahmen mit dem Label Nitto Records in Osaka. Als die Aufnahmen bereits abgeschlossen waren, sagte Yun dem Präsidenten des Labels am 1. August 1926, dass sie gerne noch ein zusätzliches Lied aufnehmen wollte. Es handelte sich um die Melodie des Walzers „Donauwellen“, zu dem Yun selbst einen Text unter dem Titel „Eine Hymne auf den Tod“ geschrieben hatte.

Vor der Aufnahmen des Liedes hatte Yun ihrem Geliebten Kim U-jin ein Telegramm geschickt und ihn gebeten, nach Osaka zu kommen. Sollte er nicht kommen, würde sie sich umbringen, so stand es in der Nachricht. Kim eilte herbei, und gemeinsam bestiegen sie eine Fähre, die von Shimonoseki nach Busan übersetzte. Am 4. August sprang das Paar von dem Schiff aus ins Meer und ertrank. Yun war noch nicht einmal 30 Jahre alt geworden.

Die Nachricht ihres Todes versetzte das ganze Land in Aufregung und es wurde vermutet, dass die Aussichtslosigkeit der Liebe zwischen einer modernen und unverheirateten Frau und einem bereits verheirateten Mann sie in den Tod getrieben hatte. Vom letzten Album von Yun Sim-deok, das sie direkt vor ihrem Tod aufgenommen hatte, verkauften sich kurz darauf mehr als 100.000 Platten, was für die damalige Zeit eine außerordentlich hohe Zahl war. Vor allem das Titellied „Eine Hymne auf den Tod“ wurde von den Menschen als die letzten Worte der Sängerin aufgenommen. In den Zeilen spiegelte sich nach Auffassung der Menschen ihre Enttäuschung über die schlechten Bedingungen für Künstler in Joseon und ihre Verzweiflung angesichts der unüberwindbaren Barrieren, die die konfuzianische Gesellschaft ihr in den Weg legte, wider.

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