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Lifestyle

Zur Führerscheinprüfung in Korea

#Sie fragen, wir antworten l 2011-10-08

Hörerecke

Zur Führerscheinprüfung in Korea
FRAGE: Monitor Lutz Winkler aus Schmitten schreibt: Viele junge Menschen wollen oder müssen sich motorisieren: ein Auto ist bei der heutigen minimalen Abdeckung der öffentlichen Verkehrsmittel - besonders auf dem Land - unerlässlich. Arbeitgeber gehen davon aus, dass die jungen Menschen mobil sind. Dazu benötigt man in den meisten Ländern einen Führerschein oder eine Fahrerlaubnis. In Deutschland gehen die Kosten eines Führerscheins schon mal in den vierstelligen Eurobereich. Danach folgt eine zweijährige Probezeit. Bei Verfehlungen in der Probezeit verlängert sich diese und bestimmte Schulungen müssen kostenpflichtig wiederholt werden. Das ist also alles recht teuer und kompliziert. Wie sieht das in Korea aus: Was kostet ein Führerschein im Durchschnitt und gibt es auch eine Probezeit?

ANTWORT: In Korea ist ein Führerschein derzeit noch für rund 500.000 Won zu haben, das sind etwa 350 Euro. Zuerst muss man sich in einem auf Führerscheinprüfungen spezialisierten Hagwon, also einem privaten Lerninstitut, anmelden, wo ein Daumenabdruck abgenommen wird, was in Korea und auch vielen anderen asiatischen Ländern nicht weiter ungewöhnlich ist. Erste-Hilfe-Kenntnisse muss man übrigens nicht nachweisen, ein Sehtest wird gemacht. Danach muss man im Hagwon drei Stunden Unterricht zur Sicherheit im Straßenverkehr absolvieren und sich zwei weitere Stunden einen Video mit verkehrstechnischen und sicherheitstechnischen Themen anschauen, zu dem es Erklärungen von Seiten des Kursleiters gibt. Damit ist die Qualifikation für die schriftliche Prüfung auch schon erreicht. Zu Hause kann man sich dann zusätzlich noch per Video und Probefragebögen, die im Internet bereit stehen, auf die 50-minütige theoretische Prüfung vorbereiten, die quasi den ganzen Tag über im Hagwon abgenommen wird. Die Prüfung ist an einem Computer zu machen: Jeder, der an einem der Computer sitzt, hat andere Fragen, das Gesamtfragenpaket besteht aus 400 bis 500 Einzelfragen, die je Prüfling jeweils unterschiedlich gemischt werden. Die schriftliche Prüfung besteht aus 20 allgemeinen Fragen, 19 Fragen zu Verhalten in speziellen Verkehrssituationen und einer Videofrage. Wer 80% richtig hat, hat bestanden, was man übrigens gleich nach Beendigung der Prüfung erfährt, sobald man die Speichertaste gedrückt hat. Dann blinkt gleich das Bestanden oder Nicht-bestanden-Signal auf.

Nach der theoretischen Prüfung muss man zwei Stunden praktischen Fahrunterricht in einem Parcours des Hagwon machen, bei dem es eigentlich nur darum geht, starten, bremsen, geradeaus und nach rechts und links fahren zu können. Danach gibt es einen praktischen Vortest, ebenfalls im Parcours, nach dem man dann dazu qualifiziert ist, sechs Stunden Unterricht im Straßenverkehr zu nehmen. Vorschriften wie Stadtfahrt, Autobahnfahrt oder Nachtfahrt gibt es keine, geübt wird in der Regel in der Stadt und meist mit einem Automatikwagen, da in Korea sowieso kaum jemand Schaltwagen fährt. Aber es besteht die Option, auf einem Schaltwagen zu lernen und Prüfung zu machen. Hat man das alles hinter sich, ist man berechtigt, die eigentliche Führerscheinprüfung zu machen. Übrigens gelten die bestandenen Vorprüfungen ein Jahr lang, d.h. man kann theoretisch zwischendurch auch aussetzen. Allgemein wird angeraten, nach dem Bestehen der Führerscheinprüfung noch einmal wenigstens zehn Stunden Fahrunterricht bei einem privaten Fahrlehrer zu nehmen, um sicherer im Fahren zu werden. Eine Probezeit gibt es in Korea nicht, man erhält quasi einen Rang 2 Führerschein, der nach sieben Jahren unfallfreiem Fahren auf Rang eins hochgestuft wird, damit kann man dann auch eine Taxifahrer-Lizenz beantragen. Auch kann man bislang beliebig oft bei den Prüfungen durchfallen, die koreanische Dame, die nach 771 Durchgängen in der Theorie endlich bestanden hatte, war ja auch international ein schlagzeilenkräftiges Kuriosum.

Die Führerscheinprüfung war in Korea früher strenger, ist in den letzten Jahren deutlich vereinfacht worden und soll ab 2012 auch wieder strenger werden. Grund dafür ist u.a. die Tatsache, dass Korea trotz aller Entwicklung in der Verkehrsunfallstatistik unter den OECD-Ländern immer noch am unteren Ende steht, was vielleicht nicht besonders verwunderlich ist für ein Land, das sich in kürzester Zeit industrialisiert und modernisiert hat und in dem mit steigendem Wohlstand als Zeichen dieses Wohlstandes eben gerade auch die Zahl der Kraftfahrzeuge enorm gestiegen ist. Ich kann mich noch lebhaft daran erinnern, als nach den Olympischen Sommerspielen 1988 die Straßen zunehmend verstopfter wurden und sich auch immer mehr Frauen ans Steuer setzten. Davor war selbst in Seoul kaum je eine Frau am Steuer zu sehen gewesen. Zur Unfallstatistik: 2009 kamen in Deutschland auf 100.000 Einwohner 5,1 Verkehrstote, in Korea waren es mit 12 doppelt so viel. Allerdings ist das schon eine fast 50%ige Reduzierung im Vergleich zum Jahr 2000, als auf 100.000 Einwohner noch 21,8 Verkehrsopfer kamen.

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