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Lifestyle

THAAD – ein umstrittenes Projekt

#Sie fragen, wir antworten l 2016-08-13

Hörerecke

Q:Kritisch sehe ich die Stationierung eines neuen Abwehrsystems in Korea. Ich finde es gut, dass Sie auch über die Proteste in Korea berichten. Ich hatte aber immer das Gefühl, dass eher technische Aspekte den Protest bestimmen. Strahlung und die Angst, auch selbst im Fadenkreuz von Nord-Korea zu geraten. Gibt es auch kritische Stimmen in Korea, die aus politischen Gründen gegen die Raketenstationierung sind - oder ist unter den koreanischen Politikern eine gemeinsame Haltung für das THAAD-Raketensystem zu finden?


A:Nein. Bei den Großprotesten vom 12. Juli 2016 in der Seouler Innenstadt, an denen über 2.000 Demonstranten aus dem Kreis Seongju, wo THAAD stationiert werden soll, teilnahmen, ging es zwar zunächst einmal in erster Linie um mögliche Gesundheitsgefährdungen wegen Strahlung und auch um die Angst, zur speziellen Zielscheibe Nordkoreas zu werden. An diesen Protesten nahmen aber auch Bürgergruppen und Studentenvereinigungen teil, die in der THAAD-Stationierung eine Gefährdung von Frieden und Stabilität in der Region sehen. Vertreter der Oppositionsparteien rufen zudem nach wie vor zur Annulierung der THAAD-Stationierungspläne auf, und zwar v.a. auch aus politischen Gründen. Park Wan-joo, der Erste Vize-Fraktionsführer der oppositionellen Minjoo-Partei, verwies z.B. darauf, dass die THAAD-Stationierung Nordkorea nur noch weiter in die Isolierung dränge und eine Annäherung erschwere. Außerdem sei damit das ultimative Ziel der Denuklearisierung der koreanischen Halbinsel gefährdet, da die Sicherheitsinteressen Russlands und Chinas durch THAAD bedroht würden. Der X-Band-Radar von THAAD hat nämlich eine Reichweite von wenigstens 2.000 km und kann damit chinesisches und russisches Territorium erfassen. Auch wenn Seoul bekannt gegeben hat, einen Terminalmodus-Radar mit 600 bis 800 km Reichweite installieren zu wollen, soll dieser Radar wegen der identischen Software jederzeit auf 2.000 km Reichweite umgestellt werden können - so der Hinweis kritischer Stimmen. In regierungskritischeren Tageszeitungen wie The Hangyoreh wird auch darauf hingewiesen, dass nach Aussagen eines Professors vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) der AN/TPY-2 Radar sogar Reichweiten von 3.000-4.000 km habe und damit die Sicherheitsinteressen von Russen und Chinesen entsprechend empfindlich treffen müsse. Auch der Oppositionspolitiker und ehemalige Präsidentschaftskandidat Moon Jae-in argumentierte in seinem Facebookaccount, dass die THAAD-Stationierung die internationalen Bemühungen zur gemeinsamen Lösung der Nuklearfrage torpediere und mehr Schaden als Nutzen bringe.

Die kleineren Oppositionsparteien haben ihre Einwände in Bezug auf die THAAD-Stationierung noch schärfer zum Ausdruck gebracht und liberale Aktivisten und Friedensaktivisten versuchen z.B. durch TV-Diskussionen oder im Internet darüber aufzuklären, warum sie glauben, dass THAAD die südkoreanische Bevölkerung nicht wirklich schützen kann. Das schien auch etwas zu bewirken, denn bei Meinungsumfragen am 21. und 22. Juli verlangten z.B. 53,1% der Befragten Neuverhandlungen. Interessant auch, dass 78,3% der Befragten in den 30ern gegen eine THAAD-Stationierung waren, in den 20ern waren es 66,1% und in den 30ern 63,1%. Im Februar 2016 lagen diese Werte im Schnitt nur im 40%-Bereich, d.h. es tut sich was bei den Jüngeren, nicht aber bei den älteren über 60, die noch den Koreakrieg erlebt haben und sich vielleicht eher deshalb Sorgen machen. Auch ist der Anteil der Konservativen unter den über 60-Jährigen besonders hoch in Korea.

Mit Stand vom 9. August haben übrigens mehr als 94.000 Koreaner eine Petition auf der Webseite des Weißen Hauses unterzeichnet, die die Rückgängigmachung der Entscheidung zur Stationierung von THAAD in Südkorea fordert. Die Petition wurde am 15. Juli von in den USA lebenden Koreanern gestartet. Südkoreanische Oppositionspolitiker haben über die Sozialen Medien dazu aufgerufen, die Petition zu unterzeichnen. Wenn innerhalb eines Monats, also bis zum 14. August, wenigstens 100.000 Unterschriften zusammenkommen, soll das Weiße Haus innerhalb von 60 Tagen eine Stellungnahme veröffentlichen, heißt es.


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