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Lifestyle

Mülltrennung und Entsorgung von Plastikmüll

#Sie fragen, wir antworten l 2016-10-01

Hörerecke

Q:Es gab vor einer Weile mal einen Beitrag in Kreuz und Quer über Mülltrennung. Wie sieht es generell mit der Entwicklung der Müllentsorgung in Korea aus? Und wie steht es speziell mit der Wiederverwertungsquote von Kunststoff? Oder landet der meiste Plastik noch auf der Deponie bzw. Verbrennungsanlage?

A:Nein, kann Korea da mit einigem Stolz von sich behaupten. Blicken wir etwas zurück: 1985 war Korea noch ein sich entwickelndes Schwellenland, entsprechend sah es mit der Mülltrennung und dem Umweltbewusstsein aus: Beides war so gut wie nicht existent. Ich habe schon mal bei anderer Gelegenheit erzählt, dass in dem 5-stöckigen Wohnhaus, in dem ich damals im 5. Stock wohnte, jede Wohnung auf dem hinteren Balkon eine Stahlklappe hatte, in der jeglicher Müll, der irgendwie reinpasste, entsorgt wurde: Essensreste, Plastik, Glas, Papier, volle Windeln, Pflanzen, Batterien, Kleider, Lederschuhe, Gummischlappen usw. Das Ganze fiel einen Schacht hinunter und türmte sich hinter dem Haus unten zu einem nicht besonders appetitlichen Haufen auf, den Müllmänner in regelmäßigen Abständen zusammenrafften und im wahrsten Sinne des Wortes in einer großen Schubkarre davonkarrten. Ich nehme mal an, dass sie das, was noch zu gebrauchen war, in irgendeiner Form verkauften. Heute, 30 Jahre später, sieht das ganz anders aus, wobei erfreulich ist, zu hören, dass Korea in Sachen Kreislaufwirtschaft schon früh und intensiv mit den verantwortlichen deutschen Stellen zusammengearbeitet und viel und schnell gelernt hat, auch in Sachen Plastikmüll.

Man braucht sich nicht besonders weit oder lange in Korea umzuschauen, um festzustellen, dass das Land enorme Plastikmengen generiert. Da reicht ein Blick in die Supermarktregale oder in Kaffee- und Restaurantketten mit Lieferservice, wo Plastikbesteck automatisch mitgeliefert wird. Die geschätzte Menge an Plastikmüll liegt bei um die 5 Mio. Tonnen pro Jahr. Bedenkt man, dass Korea ein Land mit kleiner Fläche ist, dessen bewohnbare Fläche noch kleiner ist, dann kann man sich leicht vorstellen, mit was für einem logistischen Entsorgungsproblem das Land konfrontiert ist. 513 Einwohner pro km² verzeichnet Korea, für Deutschland werden etwa 230 Einwohner pro km² angegeben – das verdeutlicht das Problem.

Wie schon erwähnt, existierte bis in die 1990er Jahre kein effizientes Entsorgungssystem, Wiederwervertung war den meisten Koreanern noch ein Fremdwort. Mit der raschen wirtschaftlichen Entwicklung wurde man sich der Problems aber genau so rasch bewusst, wie sich die Wirtschaft entwickelte. In der ersten Zeit lag der Regierungsfokus aber noch darauf, den Müll auf Halden zu lagern. Hier in Seoul war die Mülldeponie auf der Insel Nanjido im wahrsten Sinne des Wortes zum Himmel stinkendes Beispiel für die Situation. Sie wuchs mit der raschen Bevölkerungszunahme in der Hauptstadt zu einem Berg, der 34 Mal größer als die Pyramiden von Gizeh. Heute ist dort ein Ökopark mit Windrädern.

Mitte der 1990er Jahre ging die koreanische Regierung entschlossen gegen die Müllschwemme vor. Zunächst lag der Fokus dabei aber auf Müllreduzierung. Es wurde ein Volumen-basiertes System für Haushaltsmüll eingeführt, für das die Haushalte spezielle Mülltüten kaufen musste. Vorher gab es keine extra Mülltüten. Das heißt, man musste indirekt zum ersten Mal etwas für die Müllentsorgung zahlen. Gleichzeitig begann man - zumindest in den Wohnhochhaus-Komplexen - mit der Trennung von Müll. Auch hatten die Produkthersteller einen Teil der Kosten für die Entsorgung ihrer Produkte wie z.B. leere Plastikflaschen zu übernehmen. 2003 wurde dann das sog. Extended Producer Responsibility (EPR) System eingeführt, das die Produzenten von Müll stärker in die Verantwortung und Zahlungspflicht nahm. Damals wurden Recycling und Kreislaufwirtschaft die neuen Schlagwörter.

Tatsächlich konnte in den Folgejahren einerseits das Müllaufkommen signifikant verringert werden, während gleichzeitig die Wiederverwertungsrate deutlich stieg. 2010 war Korea schon so weit, dass 54% des ganzen Plastikmüllaufkommens wiederverwertet wurde, 38% wurden verbrannt und nur 8% landeten noch auf Mülldeponien. Korea hatte in Sachen Müllrecycling schnell von fortgeschritteneren Ländern wie Deutschland und auch dem benachbarten Japan gelernt. Technisch zumindest. Wer mal in Japan war, der weiß, dass das Bewusstsein in Sachen Müll dort quasi mit in die Wiege gelegt zu werden scheint, selbst auf dem flachen Land sieht man normalerweise nirgendwo Müll rumliegen, während man sich in Korea schon manchmal noch darüber ärgern muss, dass die Bauern ihre Plastikdüngertüten irgendwo an den Feldrand werfen, wo sie dann vergammeln. Auch in Koreas Bergen werden immer wieder Müllsammelkampagnen gestartet, denn vielen Wanderern ist es zu lästig, die leere Plastikwasserflasche bis zu einer der Sammelstellen am Eingang zu den Nationalparks mitzuschleppen. Da hapert es leider manchmal noch etwas mit dem Umweltbewusstein.

Koreas Recyclingssystem hingegen hat aber gerade auch für die Schnelligkeit seiner Entwicklung und seine Effizienz weltweit für positive Schlagzeilen gesorgt, selbst die BBC hat schon darüber berichtet. Mit einem jährlichen Umschlag von gut 18.000 Tonnen ist z.B. die Samyang Corporation eine der größten Recycling-Firmen für PET-Flaschen in Korea. Die Recycling-Fabriken in der Metropolregion Seoul sind 24 Stunden in Betrieb, sortieren pro Tag und pro Fabrik vollautomatisch an die 100 Tonnen Plastikflaschen und verarbeiten sie zu Flocken, die dann von anderen Firmen weiterverarbeitet werden zu Rohrprodukten, Autoteilen und sogar Fußball-Trikots.

Korea hat zwar in puncto Recycling-Technologie wahnsinnig schnell aufgeholt, aber es soll im Vergleich zu Ländern wie Japan noch Verbesserungsspielraum bestehen, z.B. wenn es ums automatische Sortieren des Plastikmülls geht. Hier soll auch ein Problem sein, dass viele Firmen in dem Bereich nicht groß und umsatzstark genug sind, um sich die neuesten automatischen Sortiertechniken leisten zu können. Technologie und Know-how sind da, aber Top-Technologien können sich aufgrund des im Vergleich zu größeren Ländern vergleichsweise kleinen Marktes nur wenige leisten.

Ein weiteres Problem bei Plastikmüll ist die koreanische Vorliebe für auwändige Verpackungen und bei Flaschen die Vorliebe für farbigen Plastik, der zwar das Verbraucherauge erfreut, aber mit Blick auf die erforderlichen Trennungs- und Recyclingtechnologien weniger umweltfreundlich ist.

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