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Lifestyle

Zum Weihnachtsfest in Korea

#Sie fragen, wir antworten l 2016-12-24

Hörerecke

Q: Am heutigen Heiligen Abend stellen sich sicherlich diejenigen Hörerfreunde, die noch nicht so lange dabei sind oder unsere Sendungen nicht so regelmäßig verfolgen, die Frage, welchen Stellenwert Weihnachten in Korea hat und wie es gefeiert wird.

A: Zunächst eine interessante Tatsache vorab: Die Republik Korea ist das einzige Land in ganz Asien bzw. Nordostasien, in dem Weihnachten überhaupt ein gesetzlicher Feiertag ist. Dabei bekennen sich weniger als 30% der koreanischen Bevölkerung zum Christentum. In den Nachbarländern China und Japan spielt Weihnachten hingegen als Feiertag keine Rolle, auch wenn man dort natürlich die Geschäftschancen des westlichen Weihnachtsfestes längst erkannt hat. In Korea gibt es allerdings im Gegensatz zu etwa Deutschland nur einen gesetzlichen Weihnachtsfeiertag, nämlich den 25. Dezember, der 2016 zum großen Bedauern der arbeitenden Bevölkerung auch noch auf einen Sonntag fällt. Wie lässt sich jetzt aber erklären, dass es im traditionell nicht-christlichen Korea einen traditionell christlichen Feiertag gibt?

Weihnachten wurde 1945 als Feiertag eingeführt, was v.a. mit der Rolle der Amerikaner bei der Befreiung Koreas von der japanischen Kolonialherrschaft zusammenhängt. Hinzu kommt, dass der erste koreanische Präsident Lee Seungman, der von 1948 bis 1960 regierte, lange in den USA lebte und selbst bekennender Christ war. So kam es, dass Weihnachten auch nach der Gründung der Republik Korea 1948 als Feiertag beibehalten wurde. In den Folgejahrzehnten gab es zwar immer mal wieder Diskussionen um die Beibehaltung dieses westlichen Festtags, aber er wurde am 14. Januar 1975 offiziell als gesetzlicher Feiertag bestätigt.

Das heißt, der 25. Dezember ist in Korea ein roter Tag im Kalender und damit traditionell arbeits- und schulfrei. Allerdings haben an diesem Tag die Restaurants, die Kaufhäuser und sogar einige Dienstleistungsbetriebe wie Friseure, Saunen und Hochzeitshallen geöffnet. Ja, sie machen an dem Tag sogar ein sehr gutes Geschäft. Denn Weihnachten ist in Korea auch ein Fest für Verliebte, an dem man sich fein macht und ausgeht, sei das nun zum einfachen Weihnachtsbummel durch die Seouler Innenstadt oder zu einem schicken Weihnachtsessen ins Hotel. Die meisten Hotels und Restaurants haben besondere Weihnachtsmenüs auf der Karte, die Hotels auch Angebote für ein romantisches Hotelstay. Gemeinsames Bummeln und Shoppen steht bei den jungen und jung verliebten Leuten auch auf dem Plan, sehr zur Freude der Schmuckindustrie.

Schenken zu Weihnachten ist in Korea jedoch längst nicht so stark verbreitet wie an den traditionellen gesetzlichen Feiertagen Seollal, also Neujahr nach Lunarkalender, und Chuseok, dem Erntedankfest nach Lunarkalender. An diesen beiden höchsten koreanischen Feiertagen haben selbst in Korea die meisten Geschäfte zu, ganz im Gegensatz zu Weihnachten. Das ist ein deutlicher Hinweis auf den höheren Stellenwert der traditionellen koreanischen Feiertage.

Der 25. Dezember wird in Korea zwar allgemein in Anlehnung an das Englische als „Christmas“ bezeichnet, die koreanischen Christen sprechen jedoch von „Seongtanjeol“ und die offizielle Bezeichnung dieses Feiertages ist „Gidok-Tansinil“, also quasi „Tag der Geburt des Christentums“. Die Gebräuche und auch die Dekorationen des koreanischen Weihnachtsfestes sind bis heute stark amerikanisch geprägt, auch wenn man im Zuge der Globalisierung jetzt im koreanischen Supermarkt sogar Nürnberger Glühwein finden kann. Auch Nussknacker, Adventskalender, Weihnachtspyramiden und Lebkuchenhäuser sind vermehrt zu finden. Das ist zum Teil dem stark deutsch inspirierten, europäischen Weihnachtsmarkt im Seouler Stadtteil Seongbukdong zu verdanken. Wir hatten am 15. Dezember in Annes Korea darüber berichtet.

„Santa Claus“ heißt auf Koreanisch „Santa Harabeoji“, also „Großväterchen Santa“. Die koreanischen Kleinkinder glauben heutzutage durchaus an ihn, er erlebt auch Auftritte in koreanischen Kindersendungen. Das Christkind ist als Konzept und Geschenkebringer an Heiligabend hingegen unbekannt.

Die koreanischen Radiostationen spielen in der Vorweihnachtszeit auch Weihnachtslieder, meist die koreanischen Versionen der klassischen englischen oder internationalen Weihnachtslieder. Es sind aber auch Originalfassungen zu hören, verjazzte und verpoppte Varianten. In der Weihnachtswoche selbst steht dann in den großen Konzert- und Kulturhallen traditionell der Nussknacker auf dem Programm, weiterhin klassische Weihnachtsmusik, Christmas Carols, Musicals wie Dickens „Eine Weihnachtsgeschichte“ usw. Auch die Wiener Sängerknaben sind um die Zeit häufiger zu Gast. Die großen Hotels und Restaurants bieten am 25. besondere Festtagsmenüs mit live-Musikbegleitung oder Chorgesang an. Besonderer Anziehungspunkt ist die große Weihnachtseisenbahn im Hilton-Hotel, die um eine große, echte Naturtanne fährt Das heißt, man kann Weihnachten durchaus gepflegt verbringen, was aber natürlich einen gewissen Preis hat.

Für die Nichtchristen ist der 24. Dezember ohne Bedeutung, es wird wie immer gearbeitet. Und der 25. ist ein Feiertag wie jeder andere, an dem man sich meist ausruht, ins Kino oder zum Skifahren geht oder einen Kurzurlaub unternimmt. Die Saunen haben an dem Tag z.B. auch Hochbetrieb. Anders sieht es natürlich bei den Christen aus. Sie besuchen am Heiligabend die Christmette, die oft traditionell um Mitternacht beginnt. Die Weihnachtsmesse in der katholischen Myeongdong-Kathedrale sollte man unabhängig von der Releigionszugehörigkeit als Ausländer einmal erlebt haben, alleine schon wegen des herrlischen Chorgesangs zum Teil auf Latein.

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