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Lifestyle

Koreanische Halbinsel: Erdbeben

#Sie fragen, wir antworten l 2017-04-22

Hörerecke

Q: Eben lese ich, dass in der Eifel ein leichtes Erdbeben war. Heute kann man alles messen und in Skalen und Werte von leicht bis schwer aufteilen. Unsere nahe Eifel ist mit ihren "schlafenden Vulkanen" immer noch ein Krisenpunkt. Gab bzw. gibt es auch in Südkorea Erdeben und solche besonders aufmerksam beobachtete Regionen?

A: Grundsätzlich gilt die Koreanische Halbinsel im Gegensatz etwa zu Japan als erdbebensicher. In den letzten fünf Jahren hat es in Südkorea 297 Erdbeben gegeben, aber die meisten waren nur kleinere, kaum wahrnehmbare Erschütterungen. Nur acht davon erreichten eine Magnitude von 5,0 auf der Richterskala oder darüber. Da spürt man das Beben dann schon. Dass Südkorea als ziemlich erdbebensicher gilt, ist der Tatsache zu verdanken, dass es außerhalb des Pazifischen Feuerrings liegt. Der Pazifische Feuerring ist ein rund 40.000 km langer, Vulkangürtel, der den Pazifischen Ozean von drei Seiten wie ein hufeisenförmiger Ring umschließt. Entlang dieses Rings treten besonders oft starke Erdbeben auf, die auch die für den Pazifik typischen Tsunamis auslösen können. Der Pazifische Feuerring verläuft von den Aleuten über Kamtschatka und die Kurilen, die japanischen Hauptinseln und die Ryūkyū-Inseln, sowie die Marianen, die Philippinen, Neuguinea, die Salomonen und die Neuen Hebriden bis hin zur Nordinsel Neuseelands.

Vor 1905, als der erste Seismometer in der koreanischen Hafenstadt Incheon installiert wurde, soll die Erde der Koreanischen Halbinsel laut historischen Aufzeichnungen rund 1.800 Mal fühlbar gebebt haben, aber die Personenschäden waren immer gering. Eins der größten Beben soll es im Jahre 779 v. Chr. in Gyeongju, der Hauptstadt des alten Shilla-Königreichs, gegeben haben, historische Aufzeichnungen vermerken an die 100 Tote. Vom 26. bis 28. August 1597 soll es dann laut den Annalen des Königreichs Joseon in der heute nordkoreanischen Provinz Hamgyeong zu acht aufeinander folgenden Beben gekommen sein. Und laut diesen Annalen des Joseon-Reiches wurde 1680 ein Beamter des Königlichen Wetteramtes vor Gericht gestellt, weil er nicht rechtzeitig über das Beben infomiert hatte.

Machen wir einen Sprung in die Gegenwart. Seit 1978, als man in Südkorea mit der systematischen Erfassung und Beobachtung der Erdbebentätigkeit begann, gab es sieben Erdbeben mit einer Stärke von mehr als 5 auf der Richterskala: Sie ereigneten sich in der Provinz Nord-Gyeongsang und der Provinz Süd-Chungcheong, die nach der Statistik der letzten fast 40 Jahre als vergleichsweise erdbebengefährdet gelten.

1978 bebte die Erde am 16. September in Sangju in der Provinz Nord-Gyeongsang mit einer Stärke von 5,2 und dann noch einmal am 7. Oktober 1978 in Hongseong in der Provinz Süd-Chungcheong mit 5,0. Das nächste größere Beben gab es dann erst wieder 2003 im Kreis Ongjin, der zur Hafenstadt Incheon gehört. Dieses Beben erreichte wieder 5,0 auf der Richterskala. 2004 wurde der Kreis Uljin in der Provinz Nord-Gyeongsang von einem Beben der Stärke 5,2 heimgesucht. Das nächste, spürbare Beben kam dann erst 2014, betroffen war der Kreis Taean in der Süd-Chungcheong-Provinz, das Beben hatte eine Stärke von 5,1.

Die letzten drei stärkeren Beben in Südkorea ereigneten sich dann aber auffälligerweise alle im Jahr 2016, einmal am 5. Juli in Ulsan, die Stärke war 5,0. Besonders ungewöhnlich war, dass am 12. September 2016 die Erde dann an einem Ort gleich zwei Mal richtig spürbar bebte, und zwar ganz in der Nähe der alten Shilla-Hauptstadt Gyeongju. Dort gab es um 19.44 Uhr ein Beben der Stärke 5,1, gefolgt um 20.32 Uhr von einem Beben der Stärke 5,8 auf der Richterskala. Es wurden mehr als 40 Nachbeben registriert. Vielleicht zur Orientierung: Erst bei einem Erdbeben von über 5,5 fallen Bücher aus dem Regal, Möbelstücke können umstürzen, es kann schwierig sein, sich auf den Beinen zu halten. Gott sei Dank wurden bei diesem letzten Beben nur zwei Menschen verletzt, Gebäude und Infrastruktureinrichtungen wurden nur leicht beschädigt. Auch die Atommeiler in der Nähe blieben gnädigerweise verschont.

Geologen vermuten, dass die Koreanische Halbinsel zurzeit die Auswirkungen der seismischen Aktivitäten, die Japan in den letzten sechs Jahren zu schaffen gemacht haben, zu spüren bekommt. Zu nennen sind v.a. das Erdbeben der Stärke 9, das am 11. März 2011 den Tsunami in Fukushima auslöste, und dem weitere Nachbeben folgten. Eins dieser Nachbeben ereignete sich im April 2016 im südjapanischen Kyushu mit einer Stärke von 7, damals starben 51 Menschen. Nach Expertenmeinung ist es daher kein Zufall, dass vier der neun stärksten Erdbeben auf der Koreanischen Halbinsel sich in den letzten zwei, drei Jahren ereigneten. Denn meist kommt es zu Erdbeben in Regionen, die zuvor bereits von seismischen Aktivitäten erfasst wurden. Das Kyushu-Beben ereignete sich auf der Eurasischen Platte, auf der auch die Koreanische Halbinsel liegt. Nach Meinung koreanischer Experten ist die Verwerfungslinie in Gyeongju zudem aktiv genug, um jederzeit ein Erdebeben hervorrufen zu können. Laut Analysen sei ein Beben um die Stärke 6,5 möglich, einige Geologen sprechen sogar von 7,0.

Das heißt, Südkorea dürfte nicht mehr so erdbebensicher wie bisher gelten, und es hat sich wohl auch zu lange zu sicher gefühlt. Denn erst 1997 wurde das Korea Earthquake Engineering Center eingerichtet, das sich mit Überwachung der seismischen Tätigkeiten, Frühwarnung usw. beschäftigt. Zu der Zeit wurde man sich auch bewusst, dass viele Gebäude in den koreanischen Städten nicht hinreichend erdbebensicher konstruiert sind. Nach einem Bericht der National Emergency Management Agency, also der Katastrophenmanagement-Agentur, aus dem Jahre 2006 könnte ein Erdbeben der Stärke 7 in Korea mehr als 50.000 Tote, über 600.000 Verletzte und über 900.000 kollabierte Gebäude landesweit fordern. Nach den jüngsten Untersuchungen eines Parlamentsausschusses, der sich mit Sicherheitsfragen befasste, sollen nur 50% aller Feuerwehren des Landes in Gebäuden untergebracht sein, die als erdbebensicher gelten.
Das Beben vom 12. September 2016 in Gyeongju verursachte übrigens Erschütterungen vergleichbar mit der Detonation von 500.000 Tonnen hochexplosiver Stoffe und war 50 Mal stärker als das künstliche Beben, das durch den fünften Atombombentest Nordkoreas erzeugt wurde.

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