Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Gesellschaft

Die Dirigentin Sung Shi-yeon vom Sinfonieorchester Gyeonggi

2016-03-29

Am 23. März fand im Konzertsaal des Gyeonggi Arts Center das erste einer Reihe von Konzerten des Gyeonggi Philharmonic Orchestra statt. Das Thema der Masterserie in ihrem vierten Jahr ist „Wagner, Mendelssohn und TACTUS“. Das lateinische Wort „tactus“ bedeutet Berührung oder Stoß. Es wurde in die neueste Masterserie aufgenommen, da die in dem Konzert vorgestellten Werke von Komponisten stammen, die von Richard Wagner und Felix Mendelssohn Bartholdy beeinflusst waren. Das Eröffnungsstück am 23. März war „Ein Heldenleben“ von Richard Strauss. Das mutige Repertoire, das die stereotypischen Grenzen der klassischen Musik sprengt, löste deutliche Reaktionen beim Publikum aus. Verantwortlich für das Programm ist die Chefdirigentin des Sinfonieorchesters Gyeonggi, Sung Shi-yeon. Der Dirigent Jeong Na-ra erzählt uns mehr über die wegweisende Leiterin.

Ich kann das Konzept unserer Chefdirigentin erkennen, wenn sie den Orchestermusikern etwas erklärt. Sie erzählte uns, wie ein Held lebt und stirbt, damit wir das Stück verstehen konnten. Ich denke, dass wir unser Verständnis für die Musik bei der Aufführung transportieren konnten. Das Wichtigste für ein Orchester ist die Verbindung des Dirigenten mit dem Orchester. Unsere Dirigentin ist sehr gut darin. Sie ist eine richtige Anführerin für unsere Musiker.

Die Dirigentin Sung Shi-yeon ist bekannt dafür, die Aufmerksamkeit von mehr als einhundert Musikern auf sich zu ziehen und sie zu Höchstleistungen zu motivieren.



Frau 1: Man braucht viel Energie, um „Ein Heldenleben“ von Richard Strauss aufzuführen. Es ist eine sehr maskuline Musik, aber ich möchte die Musik spüren, wie sie durch Sungs Energie erschaffen wird. Sie ist in der Lage, zarte Gefühle besser zum Ausdruck zu bringen als männliche Dirigenten. Ich bewundere das, sie ist mein Vorbild.

Mann 2: Ich habe Sung Shi-yeon zum ersten Mal beim Dirigieren gesehen, und ich fand sie herausragend. Von eher kleiner Statur, aber in ihrer Leitung sehr kraftvoll und dynamisch. Ihre Ausstrahlung überwältigte mich, das Konzert hat mich ziemlich mitgenommen.

Mann 1: Es gibt nicht viele Gelegenheiten, eine weibliche Dirigentin zu sehen, aber die emotionale Art und Weise ihrer Leitung war sehr reizvoll. Ich kann von der Art und Weise, wie sich ihre Hände bewegen, die Musik spüren. Ich habe selbst Musik studiert und würde gern unter ihrer Leitung spielen.


Sung Shi-yeon wurde zur ersten weiblichen Leiterin eines öffentlichen Orchesters, als sie im Jahr 2014 die Position der Chefdirigentin des Gyeonggi Philharmonic Orchestra übernahm. Zuvor war sie seit 2009 als erste Frau Dirigentin des Seoul Philharmonic Orchestra und seit 2007 der erste weibliche „Assistant Conductor“ des renommierten Boston Symphony Orchestra. Mit ihrer sanften Ausstrahlung überwindet Maestro Sung die Barrieren für weibliche Orchesterleiter. Schauen wir uns die Konzertmeisterin einmal genauer an, die sich für die Karriere einer Dirigentin entschied, statt ihren Kindheitstraum als Pianistin zu verfolgen.

Sung Shi-yeon wurde 1975 in Busan geboren. Sie war ein sehr energisches und verspieltes Kind, das vom Spielen nicht nach Hause kommen wollte, bis es draußen dunkel wurde. Eines Tages hörte das kleine Mädchen beim Spielen den Klang eines Klaviers und bat seine Eltern darum, Klavierunterricht zu bekommen. Das war der Beginn von Sung Shi-yeons Beziehung zum Klavier.

Mit 4 oder 5 Jahren war ich wie ein Vagabund, ich blieb fast den ganzen Tag draußen. Aber dann, eines Tages, hörte ich jemanden Klavier spielen und wollte es selbst machen. Also nahm ich Unterricht an einer nahe gelegenen privaten Klavierschule. Das war der Anfang.

Als das wilde Mädchen um Klavierunterricht bat, fand sie volle Unterstützung bei ihrer Mutter. Shi-yeons Mutter hatte einst selbst eine klassische Sängerin werden wollen, hatte ihren Traum aber aufgeben müssen, weil ihre Familie zu arm dazu war. Dieses Erlebnis wollte die Mutter ihrer Tochter zwar ersparen. Doch vermutlich wollte sie ihrer Tochter ermöglichen, die Karriere zu haben und das Leben zu leben, von dem sie selbst nur geträumt hatte. Glücklicherweise war Shi-yeon ziemlich gut am Klavier. Sie gab ihr erstes Solokonzert mit 13 Jahren und ging nach ihrem Abschluss an der Seoul Arts High School 1994 nach Zürich, um unter renommierten Meistern zu studieren. Doch der Aufenthalt in der Schweiz brachte sie auf den Geschmack nach mehr.



Als ich in der High School war, gab ein Musikprofessor aus der Schweiz einen Meisterkurs bei uns. Er sagte, dass ich nach Zürich kommen sollte, wenn ich mehr lernen wollte. Ich ging direkt nach dem Abitur nach Zürich, aber das war nicht wirklich mein Ziel. Seit der Grundschule wollte ich immer nur zur Universität der Künste Berlin. Ich hatte immer diese starke Sehnsucht nach Berlin, auch als ich in der Schweiz war. Einmal konnte ich wegen einer Handverletzung etwa ein Jahr lang nicht mehr Klavier spielen. In dieser Zeit ging ich nach Berlin und bewarb mich um die Aufnahme an der Universität der Künste Berlin.

Gerade als sie es bereute, in die Schweiz statt nach Berlin gegangen zu sein, verletzte sie sich an den Fingern. Sie nutzte die Gelegenheit und ging nach Deutschland. Aber ihre Finger waren damit noch nicht geheilt.

Ich habe kleine Hände, aber ich mochte es, Stücke von Bartók und Liszt zu spielen, die harte Fingerarbeit verlangen. Irgendwann fingen die Probleme mit meinen Fingern und Armen an. Es war wirklich frustrierend. Nach der Verletzung konnte ich die Techniken nicht mehr anwenden, die vorher ohne nachzudenken so gut funktioniert hatten.

Shi-yeon verzweifelte nicht, obwohl ihre Finger nicht mehr so flink waren wie zuvor. Sie war froh, dass sie wieder in der Lage war, überhaupt zu spielen. Doch als sie 25 wurde, machte ihr Professor einen neuen Vorschlag.

Mein Lehrer riet mir dazu, andere musikalische Bereiche neben dem Klavier zu erkunden. Orchesterleitung war der zugänglichste und musikalisch umfassendste Bereich, an den ich denken konnte. Die Berliner Philharmoniker waren direkt nebenan, also ging ich in ihre Konzerte und sah mir in der Unibibliothek Konzertvideos an. Als ich ein Video über Wilhelm Furtwängler sah, wurde mir klar, dass ich genau wie er jemand werden wollte, der das Können und die Leidenschaft anderer Musiker zusammenführen kann.

Shi-yeon entschied sich dafür, Dirigentin zu werden, als sie sah, wie ein Dirigent und sein Orchester eine musikalische Einheit wurden und wie der Dirigent vollständig in die Musik des Orchesters eintauchte. Sie wechselte zur Hochschule für Musik Hanns Eisler Berlin (HFM), um Dirigieren zu studieren. Während ihrer Zeit dort widmete sie sich ganz dem Studium. Sie konzentrierte sich so intensiv auf ihr Studium, dass sie nie mehr als drei Stunden pro Tag schlief.

Ein Dirigent muss mit dem Musikstück und mit den Eigenschaften der einzelnen Musikinstrumente vollkommen vertraut sein. Ebenfalls wichtig für einen Dirigenten sind psychologische Kenntnisse. Ein Dirigent muss lernen, wie man Musiker lenkt und führt und ein Musikstück organisiert. Es ist auch wichtig, etwas über die historischen und musikalischen Hintergründe des Stücks zu wissen. Ich musste also eine Menge Bücher lesen und sehr viel lernen.



Die harte Arbeit sollte sich schließlich in Form von zahlreichen Auszeichnungen auszahlen. Um nur einige zu nennen errang sie im Jahr 2006 den ersten Platz beim Internationalen Dirigentenwettbewerb Sir Georg Solti und gewann 2007 den zweiten Preis beim Gustav-Mahler-Dirigentenwettbewerb in Bamberg, wobei der erste Preis nicht vergeben wurde. Renommierte Musiker erkannten bei diesen Wettbewerben Shi-yeons Leidenschaft und Talent, und ihre herausragende Leistung beim Solti-Dirigentenwettbewerb eröffnete ihr neue Möglichkeiten.

Der Wettbewerb fand zu Ehren des berühmten Maestro Georg Solti statt. Ich gewann den ersten Preis und musste zwei Stunden lang Autogramme geben. Ich weiß nicht, ob ich in meinem Leben jemals wieder so viele Autogramme geben werde. Nach dem Wettbewerb traf ich einen amerikanischen Agenten, der mir dazu riet, mich für das Boston Symphony Orchestra zu bewerben.

Sie ging ohne große Erwartungen zu dem Vorsprechen, doch zu ihrer großen Überraschung bestand sie den Test. Die Tür zum Boston Symphony Orchestra, die Dirigentinnen bisher verschlossen war, stand mit Sung Shi-yeon erstmals einer Frau offen. Doch selbst nach ihrer Zulassung zum angesehenen Orchester musste sie sich beweisen und gegen Vorurteile und unsichtbare Grenzen kämpfen. Die drei Jahre als Dirigentin am Sinfonieorchester Boston war die arbeitsintensivste Zeit ihres Lebens.

Ich arbeitete drei Jahre lang wie verrückt. Ich hatte zwei Jobs gleichzeitig: als Dirigentin beim Boston Symphony Orchestra und auch beim Seoul Philharmonic Orchestra. Was bei dem Repertoire an musikalischen Fähigkeiten verlangte wurde, war erdrückend. Daher lernte ich drei Jahre lang wie verrückt. Manchmal hatte ich nur eine Stunde Schlaf und verbrachte den Rest mit Lernen. So ging das drei Jahre.

Nach ihrem hektischen Leben mit Reisen zwischen Seoul und Boston hin und her wurde sie im Jahr 2014 zur Chefdirigentin des Gyeonggi Philharmonic Orchestra ernannt. Es war eine neue Herausforderung für Sung Shi-yeon als Dirigentin. Zu jener Zeit war die Position des musikalischen Leiters bereits mehr als sechs Monate lang unbesetzt und die Orchestermitglieder wurden aus einem Mangel an Führung allmählich undiszipliniert. Daher beschloss sie, die Musiker erst einmal mental vorzubereiten, bevor sie ein Konzert dirigieren wollte. Hier ist erneut der Dirigent Jeong Na-ra.

Gleich als sie ankam, unterhielt sie sich mit jedem der Musiker und Musikerinnen und versuchte, sie besser zu verstehen. Die Technik ist in der Musik nicht alles. Musik hat damit zu tun, die Herzen der Menschen anzusprechen. Der Dirigent und die Musiker müssen gut miteinander auskommen. Wenn nicht, können sie technisch noch so perfekt spielen, aber sie werden nie in der Lage sein, mit ihrer Musik die Gefühle der Menschen zu erreichen.



Als sie sich allmählich besser kennenlernten, wurde ihre Musik immer lebendiger. Das Sinfonieorchester Gyeonggi war nach einer sechsmonatigen Pause wieder da. Das Eröffnungsstück war Gustav Mahlers 2. Sinfonie, auch Auferstehungssinfonie genannt.

Mein erstes Konzert war Mahlers Auferstehungssinfonie. Das war ein unvergessliches Erlebnis. Einige Kritiken vor meinem ersten Konzert waren ziemlich daneben und manche sagten, dass sie nie zu einem Konzert der Gyeonggi Philharmoniker gehen würden. Aber ich mag Herausforderungen. Ich wollte ihnen das Gegenteil beweisen. Bei dem Konzert spielten wir, als ob wir von den Toten auferstehen wollten. Unser Einsatz schien eine Menge Leute angesprochen zu haben, und das Publikum belohnte uns mit stehenden Ovationen. Es war für mich das bedeutendste Konzert.

Im vergangenen Juni spielten die Philharmoniker aus Gyeonggi als erstes koreanisches Orchester ein Konzert in der Berliner Philharmonie, der Heimat der Berliner Philharmoniker und der klassischen Musik. Sie spielten als Zugabe für die 2.200 Zuhörer im Konzertsaal auch Koreas bekanntestes Stück, „Arirang“.

Die Dirigentin Sung Shi-yeon meisterte als Leiterin des Sinfonieorchesters Gyeonggi alle Herausforderungen der letzten zwei Jahre. Sie führten zum ersten Mal in Korea Szymanowskis 4. Sinfonie mit dem Titel „Sinfonia Concertante“ auf und spielten als erstes koreanisches Orchester Mendelssohns gesamtes Elias-Oratorium. Dabei entdeckte Sung auch viele wunderbare Musikstücke, die dem koreanischen Publikum nicht vertraut waren und brach mit der herkömmlichen Art der Aufführung, um dem Orchester eine frische und unverwechselbare Note zu geben. Das Gyeonggi Philharmonic Orchestra unter der Leitung von Sung Shi-yeon ist eine ganz andere Gruppe als vor ihrer Ankunft. Sung hat eine weitere zweijährige Amtszeit als Chefdirigentin angenommen und ist immer bereit, das Orchester weiter zu entwickeln.

Es gab während der Proben Momente, in denen ich von unserer Musik regelrecht überwältigt war. Ich erkannte, dass dies die Qualität ist, die wir erreichen können, wenn wirklich alles passt. Es gibt noch einige Mängel und unter den einzelnen Musikern unterschiedliche Talente, aber sie sind wie Rohdiamanten. Ich sehe das reine Potenzial ihrer Fähigkeiten und möchte durch verschiedene Projekte das Beste aus ihnen herausholen.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >