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Lifestyle

Benotung in koreanischen Grundschulen

#Sie fragen, wir antworten l 2008-03-04

Hörerecke

Benotung in koreanischen Grundschulen
FRAGE: Werner Schwemmer aus Grünstadt fragt, wann in Korea das Schuljahr beginnt, wann es Ferien und Zeugnisse gibt und ob es in den koreanischen Grundschulen Noten gibt.

ANTWORT: Zum Schuljahr: In Korea beginnt das Schuljahr am 1. März. Jahreszeugnisse gibt es Ende des Winterhalbjahres, das kurz vor Weihnachten endet. Zwischenzeugnisse gibt es vor den Sommerferien, die kürzer sind als die Winterferien. Die Sommerferien dauern von Mitte oder Ende Juli bis Ende August. Ferienbeginn ist je nach Schule etwas unterschiedlich, den Schulen bleiben zehn Tage individueller Spielraum bei der Ferienfestsetzung. Die Winterferien beginnen kurz vor Weihnachten und enden Ende Februar. Theoretisch haben koreanische Kinder also den ganzen Januar und Februar über frei. Die langen Winterferien erklären sich nicht zuletzt durch die Winterkälte und die Heizkosten, die früher eine große Belastung für die Schulen gewesen wären. Praktisch haben die Kinder aber, und das gilt auch für die Sommerferien, Ferienhausaufgaben zu erledigen und die meisten besuchen private Institute, um ihre schwachen Fächer aufzupolieren oder ihre Stärken noch zu verbessern. Denn gute Schüler sind in Korea dem Schulstoff wenigstens ein halbes Jahr voraus, sehr gute ein bis zwei Jahre. Das entsprechende Wissen kommt vom Besuch der berühmt-berüchtigten Privatinstitute, die eigentlich oft eher mehr „Vorhilfe“- als Nachhilfeinstitute sind.

Noten gibt es in der koreanischen Grundschule, die übrigens sechs Jahre zu besuchen ist, seit 1997 nicht mehr. Davor gab es ein fünfstufiges Notensystem mit den Bewertungen „su“ (sehr gut), „u“ (gut), „mi“(befriedigend), „yang“(ausreichend), „ga“(mangelhaft), die in etwa den deutschen Noten „sehr gut“ bis „mangelhaft“ entsprechen. Dieses System wurde mit dem Siebten Schulcurriculum abgeschafft, um den Druck auf die Schüler zumindest in der Grundschule zu verringern. Anstelle der Noten gibt es ein differenziertes Evaluierungssystem. D.h. für jedes Fach wird der Schüler schriftlich eingeschätzt. Bei Koreanisch z.B. gäbe es eine Bewertung für Rechtschreibung, Ausdrucksfähigkeit, logische Darstellung usw. Dafür werden neben der ausführlichen Beschreibung drei Symbole benutzt. Zwei Kreise (○○) stehen dafür, dass die Anforderungen voll erfüllt wurden. Ein Kreis (○) meint, die Anforderungen wurden zufriedenstellend erfüllt, aber es bleibt noch Raum für Verbesserung. Ein Dreieck (△) weist darauf hin, dass die Anforderungen nicht so ganz zufriedenstellend erfüllt wurden und noch hinreichend Verbesserungsspielraum bleibt.

Vordergründig sind damit die Noten in der koreanischen Grundschule abgeschafft. Aber trotzdem weiß jeder mehr oder weniger, wo er steht. Denn die Kinder schreiben regelmäßig Tests, bei denen die Höchstpunktzahl 100 ist. Wer nur 50 erreicht, weiß schon, dass er Mist gebaut hat. Die Lehrer führen denn auch weiterhin ein inoffizielles Notenbuch über die Kinder, das die objektive Basis für ihre schriftlich ausformulierten Einschätzungen ist, die dann sicher etwas freundlicher klingen. Zudem gibt es in den Schulen eine Reihe von Wettbewerben, die die Schüler leistungsmäßig differenzieren. Und besonders starke Schüler werden zu Bezirks- oder landesweiten Wettbewerben z.B. in Mathematik geschickt. Auch dass wird auf den Zeugnissen vermerkt. Neben der Gesamtstundenzahl pro Halbjahr finden sich auch Informationen darüber, ob die Anwesenheit 100% war oder wie oft der Schüler gefehlt hat, ob er entschuldigt oder unentschuldigt gefehlt hat, ob wegen Krankheit oder aus anderen Gründen, wie oft er zu spät gekommen ist und wie oft er die Schule vor offiziellem Schulschluss verlassen hat.

Trotz der nicht vorhandenen Noten in der Grundschule ist und bleibt das koreanische Schulsystem extrem leistungs- und notenorientiert. Die Schüler kämpfen auch um einen halben Punkt miteinander. Der Versuch der letzten Regierung, die punktgenau differenzierten Noten bei der koreanischen Reifeprüfung durch ein neunstufiges Rangsystem für die einzelnen Fächer zu ersetzen, das die Schüler im landesweiten Vergleich z.B. in die besten 7% in einem Fach einordnet, ist auf viel Kritik gestoßen. Die Öffentlichkeit möchte auch diese 7% wieder differenziert wissen, da das im Einzelfall den Zutritt zur besten oder zur zweitbesten Universität bedeuten kann.

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