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Lifestyle

Scheidung im alten Korea 2: Die Sieben Untaten

#Sie fragen, wir antworten l 2016-03-12

Hörerecke

Q:Beim Lesen des Taschenbuches Korea - Geschichte und Kultur, komme ich auf Seite 54 zum Punkt Scheidungsrecht. Da heißt es: Eine Frau konnte niemals eine Scheidung einreichen, wohingegen der Mann die Scheidung fordern konnte, wenn er glaubte, dass seine Frau eine der sieben Grundregeln verletzt hatte. Was waren denn nun die sieben Grundregeln, an die sich die Ehefrauen halten sollten?

A:Die Sieben Grundregeln bzw. wörtlicher übersetzt, die Sieben Untaten, die einen berechtigten Scheidungsgrund von Seite des Ehemannes darstellten, hatten wir letzte Woche schon aufgezählt. Es sind 1. mangelnder Gehorsam gegenüber den Schwiegereltern; 2. keine Geburt eines männlichen Erben; 3. Ehebruch; 4. Eifersucht; 5. Erbkrankheiten; 6. Schwatzhaftigkeit; 7. Diebstahl.
Wir hatten auch schon erwähnt, dass der nachhaltigste Weg ins Herz von Ehemann und Schwiegereltern die Geburt von gesunden Söhnen war. Gebar die Ehefrau keine Söhne und wollte der Mann sich nicht scheiden lassen, wurde normalerweise ein männliches Kind aus dem Familienclan adoptiert, da es zur Sicherstellung der Versorgung im Alter und zur Ausführung der Ahnenverehrungsriten nach dem Tode einen männlichen Erben geben musste. Der Ehemann konnte sich natürlich eine oder mehrere Konkubinen nehmen - zahlenmäßig gab es da keine Beschränkungen - und mit der Nebenfrau einen Sohn zeugen. Aber die Söhne aus der Beziehung zwischen einem adligen Ehemann und der Konkubine galten als unehelich und konnten daher nie die rechtmäßigen Erben ihres Vaters werden oder die Ahnenriten durchführen. Zudem war es diesen Söhnen und auch noch deren Söhnen verboten, die Beamtenprüfung abzulegen und so in den Dienst des Hofes zu treten, was die gesellschaftlichen Aufstiegsmöglichkeiten für die beiden kommenden Generationen stark beschränkte. Und auch die Konkubinen besaßen im Gegensatz zur rechtmäßigen Ehefrau keinerlei rechtlichen Schutz und konnten jederzeit verstoßen werden.

Das bot natürlich der rechtmäßigen Ehefrau einen gewissen Schutz. Vor diesem Hintergrund ist auch zu verstehen, warum v.a. Eifersucht, aber Schwatzhaftigkeit, als Untaten und mögliche Scheidungsgründe gelten konnten. Die Schwatzhaftigkeit wiederum bezog sich natürlich auch darauf, die Familienehre nach außen aufrecht zu erhalten. Die Ehefrau aus einem adligen Yangban-Haushalt konnte v.a. dann für Probleme sorgen, wenn ihr Mann Hofbeamter war und sie aufgrund ihrer Position gesellschaftliche Kontakte zu anderen Hofbeamten-Frauen hatte. In anderen Fällen hatten die Frauen aus Yangban-Familien wiewohl nur sehr begrenzt Möglichkeiten hatten, außer Haus zu kommen, und wenn, dann nur in der Begleitung von Anstandsdamen oder Dienerinnen. Die Dienerinnen eines Yangban-Haushaltes konnten sich schon freier bewegen. Und gerade auch deshalb sollte die Ehefrau und Hausherrin nicht schwatzhaft sein und auf ihr Benehmen achten, denn über die Dienerinnen konnte schon mal dem Ruf der Familie geschadet werden.

Der Kodex der Sieben Untaten ist zwar einerseits stark im Sinne der männerdominierten konfuzianischen Gesellschaft der Zeit ausgelegt, aber gleichzeitig versuchte man auch, der rechtmäßigen Ehefrau einen gewissen Schutz zukommen zu lassen. Selbst wenn sich die Frau einer der Sieben Untaten schuldig gemacht hatte, konnte sich der Mann in folgenden Fällen nämlich NICHT scheiden lassen:
1. Wenn die Frau niemanden hatte, der nach dem Verstoß aus dem Haushalt der Familie für sie sorgen konnte. Unterhaltszahlungen gab es zu der Zeit natürlich nicht.
2. Wenn die Ehefrau zusammen mit ihrem Mann die nach dem Konfuzianismus vorgeschriebene dreijährige Trauerperiode nach dem Ableben der Eltern des Ehemannes ordnungsgemäßig befolgt hatte.
3. Wenn der Mann während der Ehe von Armut zu Reichtum gekommen war.

Tatsächlich werden in den Annalen des Joseon-Reichs mehrere Fälle erwähnt, in denen eine Scheidung nicht erlaubt bzw. eine Ehe nicht annulliert wurde. Ein Beispiel: 1428, im zehnten Regierungsjahr von König Sejong, wollte sich der Offizier Pang Ku-dal von seiner Frau, die er wenige Tage zuvor geheiratet hatte, mit der Begründung scheiden lassen, dass sie bei der Heirat keine Jungfrau gewesen sei. Als sich herausstellte, dass sie ihm einfach nicht hübsch und klug genug war und er sich ihrer deshalb entledigen wollte, wurde der Mann ausgepeitscht. Dazu muss man natürlich wissen, dass in der Regel die Familie die Frauen für die Söhne aussuchte und weder Schönheit noch Klugheit ein Kriterium sein musste, sondern eher, wie wohlhabend und einflussreich die Familie der Frau war.

Aber selbst Frauen, die keine Söhne geboren hatten und zudem der Eifersucht schuldig waren, konnten manchmal der Scheidung im Rahmen der vorhin erwähnten drei Schutzregulierungen entgehen. 1439, ebenfalls wieder unter der Herrschaft des weisen König Sejong, tötete die Frau eines hohen Hofbeamten, die keine Söhne geboren hatte, aus Eifersucht eine Dienerin. Nach dem Konsens der Hofgelehrten sollte sie geschieden und verstoßen werden. König Sejong aber lehnte die Scheidungsklage ab. Er entließ vielmehr den Hofbeamten aus seinem Amt und widerrief den Ehrentitel, den der Hof der Ehefrau verliehen hatte. Seine Begründung: Eifersucht sei ein allgemeiner Charakterzug von Frauen. Da die Frau bereits die dreijährige Trauerperiode für die Schwiegereltern durchgestanden hatte, sollte sie nicht geschieden werden. Außerdem käme auch dem Mann Schuld zu, da er augenscheinlich nicht in der Lage gewesen sei, das Verhalten seiner Frau zu regulieren bzw. sie im Zaum zu halten.

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