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Kultur

Künstlerkooperativen in Korea

2013-12-17

Künstlerkooperativen in Korea
Am 9. September bei einem Vortrag der Kunstkooperative Lulu Lala. Der Redner an diesem Tag ist der Maler Shin Hak-cheol. Er ist ein Vertreter der Minjung-Malerei, die sich vor allem mit der Abbildung des Alltags benachteiligter Gesellschaftsgruppen beschäftigt.

Die Anwesenden sind alles Künstler. In dieser Runde können sie ihre Sorgen teilen und finden so für manches schneller eine Lösung, als das alleine möglich wäre. Frau Oh So-yeong, eines der Kooperativenmitglieder.

Ich arbeite meistens alleine. Aber irgendwann habe ich erkannt, dass es eine größere Bedeutung hat, wenn man Gleichgesinnte zusammenbringt, als wenn man für sich alleine kämpft. In Zukunft sollte es denke ich in allen Bereichen solche Gemeinschaften von Gleichgesinnten geben, nicht nur in der Kunst. Wenn man zum Beispiel alleine nach Ausstellungsräumen sucht, stößt man kräfte- und beziehungsmäßig schnell an seine Grenzen. Solche Probleme können Kooperativen lösen.

Alleinkämpfer können von Fortbildungen zu aktuellen Entwicklungen in der Kunstwelt oder Kontakten zu gestandenen Künstlern wie Shin Hak-cheol nur träumen. Als Mitglied einer Kooperative erhält man dagegen Zugang zu einem weitläufigen Netzwerk. Die Künstlerin Park Song-hui.

Ich hatte von Shin Hak-cheol schon gelesen. Aber es war einfach toll, von ihm persönlich über seine Bilder, seine Philosophie und sein Leben zu hören. Wenn man als Künstler aktiv ist, ändern sich ja immer wieder die Zeiten und die Themen, in dem Bezug war der Vortrag sehr informativ. Bei der Diskussion im Anschluss konnte man auch ganz triviale und persönliche Fragen stellen. Die Veranstaltung wird mir für meine Zukunft eine große Hilfe sein.

So wie die Mitglieder der Kooperative Lulu Lala schließen sich immer mehr koreanische Künstler zusammen und treten gemeinsam in der Öffentlichkeit auf. Einige von diesen Kooperativen möchten wir heute vorstellen.

Die Künstlerkooperative Lulu Lala wurde im März diesen Jahres gegründet. Ihre Mitglieder wollen die bisherigen Strukturen der koreanischen Kunstwelt aufbrechen. Das Interesse soll sich nicht mehr nur auf eine kleine Anzahl von erfolgreichen Künstlern und ihre reiche Kundschaft konzentrieren. Statt dessen wollen sie eine breitere Konsumentenschicht erschließen und fähigen, aber armen Künstlern mehr Möglichkeiten bieten. Der Bildhauer Na Gyu-hwan, der derzeit Geschäftsführer der Kooperative ist.

Die Kooperative wurde Anfang März gegründet. Die meisten Künstler arbeiten alleine in ihren Ateliers. Nach einer Weile fehlt dann die Gemeinschaft sowie das Gefühl, dass die eigene Arbeit nicht nur die Handlung eines Einzelnen ist, sondern gesellschaftlich kommuniziert und besprochen wird. Dann macht man sich auf die Suche nach anderen Menschen. Aus einem solchen Bedürfnis heraus ist die Kooperative entstanden. Normalerweise werden eher Körperschaften gegründet, aber das sorgt für strukturelle Probleme. Bei einer Kooperative werden die Mitglieder durch ihre Einlage Miteigentümer und haben Mitspracherecht. In dieser Hinsicht unterscheiden wir uns von anderen Körperschaften.

Neun Monate nach Gründung hat die Kooperative 60 Mitglieder, die einen Mitgliedsbeitrag von 100.000 Won oder rund 60 Euro zahlen. Die Künstler planen gemeinsam Ausstellungen und übernehmen die Verantwortung für den Vertrieb. Während es alleine schon schwierig ist, einmal im Jahr eine Ausstellung auf die Beine zu stellen, wird das gemeinsam viel einfacher. Der Karikaturist Lee Dong-su.

Wenn man alleine eine Ausstellung machen will, muss man das von langer Hand vorbereiten und sich um alles kümmern. Seit ich hier Mitglied bin, habe ich schon drei oder vier Ausstellungen gehabt. Auch jetzt sind weitere Ausstellungen in Planung. Innerhalb der Kooperative übernimmt eben jeder freiwillig einen Teil, und in dieser Atmosphäre wird man viel produktiver.

Viele Künstler beobachten die Aktivitäten der Kooperative mit großem Interesse und hohen Erwartungen - was für die Mitglieder durchaus eine Bürde bedeutet. Aber bislang ist die Bilanz alles in allem positiv. Der Geschäftsführer Na Gyu-hwan.

Wir sind die erste Kooperative dieser Art. Deswegen haben wir viel Aufmerksamkeit erregt und werden auch von anderen Künstlern genau beobachtet. Immer mehr von ihnen tun sich zu Kooperativen zusammen und suchen dabei unseren Rat. Was die breitere Öffentlichkeit angeht, müssen wir noch ein wenig abwarten. Es gibt uns jetzt seit acht Monaten. Wenn wir bei den Ausstellungen über die Kooperative erzählen, ist das für viele Gäste immer noch etwas befremdlich. Da haben wir noch viel zu tun.

Um ihre Mitglieder zu stärken, veranstaltet die Kooperative Lulu Lala auch Vorträge und gibt ein Kunstmagazin heraus.

Unser Kunstmagazin heißt RAC, und die Texte werden von den Kooperativenmitgliedern geschrieben. So können sie ihre Geschichten, Neuigkeiten, Gedanken und aktuellen Projekte der Öffentlichkeit präsentieren und untereinander kommunizieren. So wie durch dieses Magazin suchen wir immer nach Möglichkeiten, unsere Mitglieder zu verbinden.

Im Café Illust im Seouler Stadtteil Seongsu-dong. Das Café wird von Mitgliedern einer Kooperative von Bilderbuchillustratoren geführt, was man auch an der Dekoration mit den Werken der Mitglieder erkennt. Es steht auch ganz normalen Gästen offen, die hier Tee trinken, sich unterhalten und in Bilderbüchern lesen können. Der Geschäftsführer Kwon O-cheol.

Das Café heißt Café Illust. Es soll ein Raum sein, wo sich Bilderbuchillustratoren treffen und gemeinsam arbeiten können. Die Kooperative der Bilderbuchautoren wurde im Juli gegründet, davor gab es eine Vorlaufzeit von ungefähr sechs Monaten. In der Zeit haben wir viele Illustratoren getroffen und mit ihnen über ihre Bedürfnisse gesprochen. Die Kooperative soll die Illustratoren in ihrem kreativen Schaffen unterstützen und ihre Rechte schützen. Derzeit sind rund achtzig Mitglieder aktiv, aber wir wollen weitere aufnehmen.

Im Inneren des Cafés gibt es ein Studio für Illustratoren. Gegründet wurde die Kooperative vor allem aufgrund der schwierigen Arbeitsbedingungen für Bilderbuchillustratoren.

Die schwierigen Bedingungen für Bilderbuchillustratoren haben auch mit der niedrigen Geburtenrate zu tun. Im Jahr 2011 gab es in Korea gerade einmal 3,5 Millionen Kinder im Vorschulalter. Egal, wie toll die Bücher der koreanischen Bilderbuchautoren sind, die Zielgruppe wird immer kleiner. Dadurch wir die Branche immer schwieriger. Auch die zunehmende Zahl von Büchereien trägt ihren Teil bei. Dadurch leihen die Menschen mehr und kaufen nicht mehr so viel.

Die Fertigstellung eines einzigen Bilderbuches braucht zwischen sechs Monaten und mehreren Jahren. Der finanzielle Gewinn daraus ist meist eher gering und reicht selten zum Leben. Durch die Kooperative ist für die Autoren eine Arbeitsteilung möglich, und es werden neue Vertriebswege erschlossen.

Eine Kooperative nur aus Illustratoren funktioniert nicht. Deswegen gibt es neben den Illustratoren auch Manager, die sich um die praktischen Angelegenheiten kümmern, Bürokräfte und ein Team für die Ausstellungsplanung. Derzeit machen wir vor allem Werbung für die Kooperative, in Zukunft wollen wir die Aktivitäten aber noch ausweiten.

Im Café Illust gibt es eine Dauerausstellung mit den Werken der Kooperativenmitglieder und ein offenes Studio. Beides erleichtert die Arbeit der Mitglieder ungemein. Und auch hier gibt es eine Vortragsreihe, die den Mitglieder Fortbildung und den Meinungsaustausch mit Gleichgesinnten ermöglicht.

Bereits vor den Künstlern und Bilderbuchillustratoren hatten im Jahr 2010 koreanische Indiemusiker zusammengefunden, um ein Jahr später die "Unabhängige Musikproduktionskooperative" zu gründen. Der Musiker Dan Pyeon-seon kümmert sich neben seinen musikalischen Aktivitäten auch um die Geschäfte der Kooperative.

Aufgrund der Stadtteilsanierung im Hongdae-Viertel gingen Wohnräume für Musiker verloren, und kleinere Clubs mussten schließen. Wir wollten etwas dagegen tun. Als dann ein Restaurant begann, gegen die Sanierung zu protestieren, halfen wir einmal die Woche mit einem Konzert. Zum Tag der Arbeit am 1. Mai veranstalteten wir dann ein großes Konzert mit 70 Bands und zwei- bis dreitausend Zuschauern. Ein so großes Zusammentreffen von Indiemusikern ist selten, und da nutzten wir die Gelegenheit, um etwas anzustoßen. Das Ergebnis war eine Gruppe unabhängiger Musiker, aus der sich die heutige Produktionskooperative entwickelte.

Die Produktionskooperative wurde mit einer Fördererversammlung im Mai 2011 aus der Taufe gehoben und hat heute 200 aktive Mitglieder. Den Kern bilden die Musiker, aber auch Fans und Förderer können für einen monatlichen Mitgliedsbeitrag von 5.000 Won, oder rund drei Euro, dabei sein. Das Geld wird für die Produktion von Alben und die Veranstaltung von Konzerten verwendet.

Wir machen nichts für die Mitglieder, wir sagen ihnen nur wie es geht. Wir sind ja kein Plattenlabel. Auch das "unabhängig" in unserem Namen weist darauf hin. Wir finden es wichtig, dass jeder eigenständig die Musik machen kann, die der möchte. Dafür teilen wir die Infrastruktur. Die Kooperativenmitglieder haben Zugriff auf Räume, Equipment, ein professionelles Netzwerk und das Geld aus den Mitgliederbeiträgen, und wir helfen ihnen bei der eigenständigen Produktion.

Für die Produktion von Alben können die Mitglieder bis zu 500.000 Won oder gut 300 Euro als Kredit erhalten - ohne Sicherheiten vorweisen zu müssen. Durch die Unterstützung der Kooperative werden außerdem die Produktionskosten reduziert.

Inzwischen hat Dan Pyeon-seon sein zweites Album fertigstellen können. Ohne die Kooperative wäre das nicht vorstellbar gewesen.

Momentan gibt es in ganz Korea insgesamt 50 Kooperativen im Kunst- und Kulturbereich. Ursprünglich sollten sie nur zur Selbsthilfe unter schwierigen Arbeits- und Lebensbedingungen dienen, aber in vielen Fällen haben sie Auswirkungen, die weit darüber hinausgehen. Sie spenden ihren Mitglieder neue Schaffensenergie und steigern ihre Wettbewerbsfähigkeit. Man kann also damit rechnen, dass Künstlerkooperativen in Korea weiter zunehmen werden - und in Zukunft eine wichtige Rolle in der koreanischen Kunst- und Kulturszene spielen werden.

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