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Kultur

Kim So-jin: „Der schwarze Tontopf, der im Schneemann steckte”

2020-04-07

ⓒ Getty Images Bank

Ich öffnete die Tür zum Nebengebäude, das sich neun Familien teilten. Ein paar Mal heftig zitternd, erleichterte ich mich.

Ich zog meine Hose hoch, während ich an den großen Kimchi-Töpfen vorbeiging, die im Boden eingegraben waren. Dann trat einer meiner Füße auf etwas Sperriges, das sich unter der schneebedeckten Strohmatte befand.

Das lange Objekt, dessen unterer Teil unter der Strohmatte steckte, klappte nach oben, vollständig mit Schnee bedeckt war, und schien kurz aufzublicken, bevor es auf die Seite fiel.

Das, was dort unter dem Schnee zum Vorschein kam, war ein großer Klauenhammer, wie er auf Baustellen eingesetzt wurde. Der lange, große Stahlkopf wurde als Hebel verwendet. Sein V-förmiges Ende war nützlich beim Herausziehen von Nägeln.

Aber dieser Hammer fiel nun um, fiel auf einen kleinen Tontopf, der nicht im Boden vergraben war, sondern nur einfach dort draußen stand. Der Deckel war in zwei Teile zerbrochen und den Bauch des Gefäßes durchzog ein großer Riss.

Obwohl der Tontopf angebrochen war, sah es nicht so aus, als würde er gleich auseinanderfallen. Aber der stechende, saure Geruch von Kimchi-Saft sickerte durch den Spalt. Es gab keine Möglichkeit, die Sache ungeschehen zu machen.

Meine Güte, was hatte ich da bloß angerichtet?



Professor Bang Min-ho von der Abteilung für koreanische Literatur an der Seoul National University:

Er lebt das Leben eines typischen Jungen, folgt den Regeln und lebt innerhalb festgelegter Grenzen. Aber dann, an einem Wintertag, wird sein friedliches Leben zerstört, als er versehentlich diesen Tontopf zerbricht. Es muss ein großer psychologischer Schock für ihn gewesen sein. Dieser Fehler scheint ihm nicht wieder gutzumachen zu sein. Er denkt, sein Leben sei für immer ruiniert, er könne auf keinen Fall gerettet werden. Dieser Teil, der die radikale Abkehr des Jungen von seinem früheren Selbst beschreibt, zeigt seine Hoffnungslosigkeit und wie er sein altes Leben hinter sich lässt.



Endlich entdeckte ich in einem leeren Haus einen großen Tontopf, der in zwei Hälften zerbrochen war.

Unsicher auf einigen Ziegeln und zerbrochenen Steingutstücken stehend, öffnete ich meinen Gürtel und stopfte meinen Hintern in den engen Topf, der mit gelben, getrockneten Sojabohnenpastenflecken verschmiert war. Ich drückte so stark, dass meine Ohren rot wurden und ich in Husten ausbrach. Als der Husten aufhörte, bemerkte ich, dass meine Lippen anfingen zu zittern wie bei einem Kind, das kurz davor ist, in Tränen auszubrechen. Warum hatte ich plötzlich Lust zu weinen, während ich in diesen stinkenden, zerbrochenen Topf kackte?




Kim So-jin (1963-1997) begann 1991 als Schriftsteller in Erscheinung zu treten. Bekannt wurde er vor allem mit dem Buch „Der Fahrraddieb“. Die Erzählung „Der schwarze Tontopf, der im Schneemann steckte“ stammt aus dem Jahr 1997.

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