Q:In "Annes Korea" gab es einen kleinen Einblick zum U-Bahn-Fahren in Seoul. Mich würde dazu noch interessieren, wieviel U-Bahn-Strecken bzw. Linien es in Seoul gibt und wie lang die Strecken insgesamt ungefähr sind. Und ich würde auch gern wissen, wie das mit der schnellen und zielgenauen Reinigung der Bahnhöfe und U-Bahn-Züge funktioniert. Ich könnte mir vorstellen, dass Züge, auch die einzelnen Wagen, und Bahnhöfe, sehr gut videoüberwacht sind. Anders ist es wohl kaum möglich, bei plötzlichen Problemen reagieren zu können, wie Sie es in Ihrem Beitrag beschrieben haben. Da dürften sich auch Kriminalität und Vandalismus in Grenzen halten.
A:Im Bereich der Hauptstadt Seoul im engen Sinne gibt es 9 Linien, mit täglich über zwei Millionen Passagieren. Die Streckenlänge beträgt rund 520km. Betreiber der Strecken sind vier Unternehmen: Seoul Metro und Seoul Metropolitan Rapid Transit (SMRT), die beide zur Stadt Seoul gehören, dann Korail, die staatliche Eisenbahngesellschaft, und die Seoul Metro Line 9 Corporation, eine private AG.
Das U-Bahn-Netz reicht aber weit über die Verwaltungsgrenzen der Hauptstadt Seoul hinaus, so dass neben Regierung und Metropolstadt Seoul auch noch die Metropolstadt Incheon sowie jeweils die drei Städte Yongin, Euijeongbu und Bucheon als Eigner zu nennen sind. Entsprechend gibt es neben den vorhin für Seoul genannten vier Betreibern auch noch vier weitere Betreiber, wobei die kürzeren Strecken von privaten Aktienunternehmen wie eben z.B. der Seoul Metro Line 9 Corporation betrieben werden. Zählt man das gesamte Verbundnetz der Großstadtregion, ergibt sich eine Streckenlänge von 951.7km. Die längste Linie ist dabei die Linie 1 mit 206,1km, die kürzeste ist die Linie Suin-seon mit nur 13,1km. Rechnet man auch alle kürzeren Streckenlinien in der gesamten Hauptstadtregion mit, kommt man auf 27.
Die U-Bahn-Stationen sind videoüberwacht. Entsprechende Hinweise sind überall gut sichtbar angebracht. Die gute Videoüberwachung der Metro Seoul hat einen Hintergrund: 2003 kamen bei einem Feuer in der U-Bahn in der Stadt Daegu 198 Menschen ums Leben. Danach rüstete man alle älteren Waggons zum einen auf feuerfeste Materialien um, zum anderen hat der Betreiber Seoul Metropolitan Rapid Transit SMRT die Seouler U-Bahn mit einem drahtlosen Echtzeit-Breitband-Video-Überwachungssystem ausgerüstet, um gegen Feuer, Unfälle, Diebstähle und andere Eventualitäten besser gerüstet zu sein. Damit wurde die Seouler U-Bahn unter Einsatz von mehr als 60 Mio US-Dollar 2010 zur ersten in Echtzeit hightech-videoüberwachten U-Bahn der Welt.
Mit diesem System können die Zugführer beim Fahren in Echtzeit Bilder von der Station, in der sie gerade einfahren, checken und bei Unfällen, Personen auf den Gleisen oder auch bei Brandstiftung wie in Daegu rechtzeitig reagieren und anhalten. Das hätte in Daegu z.B. den Brand des zweiten in die Station einfahrenden Zuges, auf den das Feuer des ersten Zuges übersprang, verhindern können.
Neben der Videoüberwachung von der jeweiligen Station zu den Zugführern bietet das System auch eine Überwachung vom Zuginneren an ein Monitoring-Zentrum und Videostreaming von Ansagen und Werbungen für die Monitore in den Zügen. Bei dem Firetide Überwachungssystem der Seouler U-Bahn wurden die Knoten des vermaschten Netzes mit einem 18 GHz Frequenzkonverter von SeoulCommtech kombiniert, wobei in Seoul 1000 Knoten auf vier der Haupt-U-Bahn-Linien mit 350 Kameras in den Stationen und 300 Kameras in den Zügen kommen sollen. Die drahtlose Infrastruktur hat eine Kapazität von 20 Megabit/sec und erlaubt damit Echtzeit-Videoüberwachung auch in und aus Zügen, die mit 80km/h fahren.
Was Kriminialität und Vandalismus betrifft, so ist die in Koreas U-Bahnen und auch sonst überall von jeher und auch ohne Videoüberwachung gering. Das Fehlen von nahezu jedem Vandalismuns in Seoul fällt Besuchern immer wieder positiv auf. Es hat wohl mehr mit dem "Uri (wir/unser)-Bewusstsein" zu tun als mit Videoüberwachung, die Ertappen und Bestrafen natürlich einfacher macht und entsprechend abschreckt.