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Lifestyle

Ocarina-Boom in Korea

#Sie fragen, wir antworten l 2015-12-13

Hörerecke

Q:Zuletzt habe ich bei einem Konzert unerwartet Koreabezug entdeckt. Das Konzert wurde von der siebenköpfigen Gruppo Ocarinistico Budriese aus dem italienischen Dorf Budrio auf dem eher seltenen Instrument Ocarina gespielt. Vor allem in Asien soll die Ocarina ungeschmälertes Ansehen genießen. Heute sollen in China eine Million Menschen Ocarina spielen, dazu halb so viele in Japan, und in Korea soll es sogar ein Ocarina-Universitätsstudium geben. Bitte berichten Sie doch einmal über den Stellenwert dieses Instruments in Korea und das erwähnte Universitätsstudium.


A:Zunächst einmal zur Ocarina selbst: In Budrio erfand vor gut 150 Jahren der Töpfer Giuseppe Donati eine bauchige, ellipsenförmige Flöte aus Ton mit zehn Löchern und baute sie zunächst in fünf Größen, von Sopran bis Bass. "Gänschen", so wurde sie von ihrem Erfinder genannt, wegen der äußeren Ähnlichkeit mit einer "oca", also einer Gans. Schon das erste Konzert mit dem neuen Instrument im Jahre 1863 machte Furore, und als der Erfinder mit seinem Quintett sogar vor Giuseppe Verdi auftrat, erntete er in ganz Italien Beifall. Zehn Jahre später ging das Ensemble dann auf Europatournee. Es gab eine regelrechte Ocarina-Manie. Doch dann verkümmerte das Gänschen zum bloßen Kinderspielzeug in Europa.

Auf der Basis von Donatis 10-Loch-Ocarina entwickelte dann der Japaner Takashi Aketagawa 1928 die erste 12-Loch Ocarina. 1965 verbesserte der Instrumentenbauer Josef Plaschke aus Südtirol die Ocarina, die seitdem in der deutschen und österreichischen Volksmusik eingesetzt wird. In der Zwischenzeit haben weltweit eine ganze Reihe von Herstellern die Ocarina verbessert und weiterentwickelt. Dazu experimentiert man neben dem traditionellen Ton mit neuen Materialien wie z. B. Aluminium, Polycarbonat und diversen Harthölzern und schuf neben der traditionellen Einkammer-Ocarina auch Mehrkammer-Ocarinas.

Dass die Ocarina in Ostasien, v.a. in China, beliebt ist, hat nicht zuletzt damit zu tun, dass in China vor 6000 bis 7000 Jahren die Xun entwickelt wurde, eine der Ocarina ähnliche Gefäßflöte. Die ältesten Xun wurde aus Stein und Knochen gefertigt und hatte nur ein Loch, weshalb man vermutet, dass sie zum Anlocken von Beute verwendet wurde. Etwa 4000 Jahre später wurden dann Fünf-Loch-Instrumente in der Shang-Dynastie genutzt. Ab dieser Zeit war die Xun ein wichtiges Instrument in der höfischen Musik Chinas insbesondere bei Opferzeremonien.

Die Xun kam dann um das 11. Jh, also im Goryeo-Reich, auch nach Korea. Die koreanische Variante ist als Hun bekannt. Sie wurde ursprünglich aus gebranntem Ton hergestellt, war kugelrund mit einem flachen unteren Ende und einem leicht zugespitzten oberen Ende mit Mundloch und mehreren Fingerlöchern an der Seite. Später kamen auch Porzellanvarianten mit Dekor hinzu. Die Hun wurde ursprünglich nur in der traditionellen Ritualmusik am Hof eingesetzt, weshalb das Instrument wenig verbreitet war. Der Klang ist weich und melancholisch.

Im späten 20. Jahrhundert haben dann einige zeitgenössische koreanische Komponisten die Hun neu entdeckt und zum Teil auch für Filmmusik verwendet, sodass diese Ocarina-Variante weiter Verbreitung fand. Das japanische Äquivalent ist die tsuchibue, was Tonflöte bedeutet.

Das heißt, die Ocarina ist seit jeher in ganz Ostasien in verschiedenen Varianten zu Hause und erlebt zurzeit nur eine Renaissance, wobei dieses einstige exlusive Instrument, das nur als Hof- und Zeremonialinstrument verwendet wurde, jetzt eine Popularisierung erfährt. Eine wichtige Rolle dürfte dabei gespielt haben, dass die Ocarina 1998 in dem Nintendo Videogame The Legend of Zelda: Ocarina of Time eine zentrale Rolle spielte und damit international einen Ocarina-Boom auslöste, wobei auch die quer gespielte Ocarina an Popularität gewann. Heutzutage wird die quer gespielte Ocarina v.a. in Korea, Japan, Taiwan und Italien entwickelt, wobei ihre Populariät nicht zuletzt dem japanischen Ocarina-Meister Sojiro zu verdanken ist.

In Korea begann 2003 die Noble Ocarina Co. als international aktives Unternehmen mit der Herstellung hochwertiger quer gespielter Ocarinas. Die Firma gründete 2010 das Noble Ocarina Ensemble, eine Gruppe von sieben professionellen Ocarina-Spielern, die sich hauptsächlich auf klassische Stücke konzentrieren, aber auch andere Genres spielen. Das Ocarina-Fieber griff insbesondere nach der Millenniumwende dermaßen um sich, dass 2004 zunächst die Korea Panflöte-Ocarina-Akademie ins Leben gerufen wurde, ein landesweiter Verband der Ocarina-Lehrer und Ocarina-Spieler, dem heute 50.000 Mitglieder angehören. 2014 richtete dann die Sejong-Universität einen Fachstudiengang speziell für Ocarina ein. Unterstützt wird der Unterricht durch den weltbekannten Ocarina-Meister Prof. Emiliano Bernagozzi, der dort Meisterklassen unterrichtet.

Abgesehen davon gibt es an vielen Hochschulen des Landes, an denen man Musik studieren kann, wie z.B. der Hanyang-Universität, Professoren, die eigentlich auf ein anderes Instrument spezialisiert sind, aber zusätzlich ein Ocarina-Meisterdiplom in Italien gemacht haben und Ocarina-Kurse anbieten .

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