Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Kultur

Das Cheon-Sang-Byeong-Kunstfestival: Erinnerung an einen Dichter

2014-05-20

Am 26. April im Seouler Traditionsviertel Insa-dong. 30 Dichter und ganz normale Bürger begrüßen sich. Dann machen sie sich auf zum Stadtfriedhof von Euijeongbu nördlich von Seoul, wo der Dichter Cheon Sang-byeong begraben liegt. Dieses Jahr jährt sich sein Tod zum 21. Mal.

Cheon Sang-byeong war ein Vertreter der reinen Lyrik und wurde oft als letzter Exzentriker der koreanischen Literaturwelt bezeichnet. Er lebte sein Leben lang in Armut, aber das aus Überzeugung - und war so mit seiner Ehefrau stets glücklich. Sein bekanntestes Werk war das Gedicht "Gwicheon", "Rückkehr in den Himmel". Darin beschrieb er die Welt als wunderschön, und das Leben als einen Ausflug. Diese Einstellung nahmen sich auch die Menschen zu Herzen, die sich Ende April an seinem Grab einfanden. Kim Byeong-ho, stellvertretender Generalsekretär der Cheon-Sang-Byeong-Gesellschaft.

Der Tod von Cheon Sang-byeong jährt sich dieses Jahr zum 21. Mal. Wir führen jedes Jahr an seinem Grab eine Zeremonie zu seinen Ehren durch. Das könnte man auch ernst und traurig gestalten, aber die Stimmung ist immer mehr wie ein Frühlingsausflug. Wir schicken jedes Jahr rund dreißig Personen. Da er keine Kinder hat, kommt jedes Mal jemand anderes. Die Gruppe rezitiert dann Gedichte, erzählt, singt, und macht ein Picknick am Grab. Und dann geht es in das Euijeongbu Arts Center zu einem Schreibwettbewerb. Es handelt sich zwar um die Ahnenriten, aber wir gestalten es als Frühlingsausflug.



Die Gruppe isst und trinkt am Grab Kekse, Kaffee und Bier - alles Dinge, die der Dichter zu Lebzeiten genossen hatte. Seine Schüler verbeugen sich vor dem Grab und lesen anschließend aus den Gedichten des Meisters vor.

Am Grab werden Gedichte rezitiert, und jeder erzählt von seinen Erinnerungen an den Dichter. Frau Im Gye-jae.

Der Dichter Cheon Sang-byeong lässt uns oft verzweifeln, denn er schrieb schon in seinen Dreißigern Gedichte, in denen er die gesamte Weisheit der Menschheit auf den Punkt brachte. Das sind Ehrfurcht gebietende Gedichte, streng und anspruchsvoll. Er hatte ehrlich gesagt keine einnehmende Erscheinung, aber er schrieb wunderschöne und liebenswerte Gedichte. Aus meiner Sicht war er derjenige, der in der koreanischen Literatur den Humanismus und die Romantik zum Abschluss brachte.

Pyeon Geun-hui von der Cheon-Sang-Byeong-Gesellschaft dachte auch an die Frau des Dichters, Mun Sun-ok, zurück.

Cheon Sang-byeong hat sein ganzes Leben lang kein Geld verdient. Seine Frau, eine zierliche Person, fuhr jeden Tag mit dem Bus von Euijeongbu nach Insa-dong, wo sie eine Teestube namens Gwicheon führte. Sie musste zweimal umsteigen. Das ist keine leichte Arbeit, und sie hat 365 Tage im Jahr gearbeitet. Und sie verlor nie ein schlechtes Wort über ihren Mann. Frauen ziehen ja gerne mal über ihre Männer her, aber als ich sie einmal im Scherz dazu aufforderte, sprach sie nur von seinen Stärken. Sie mochte Musik und wurde schon von ihren Professoren als Genie bezeichnet. Sie hat dafür gesorgt, dass Cheon Sang-byeong sich entfalten konnte, das war ihr Verdienst.

Der Dichter Cheon Sang-byeong wurde 1930 in Japan geboren und kehrte als Mittelschüler nach der Befreiung Koreas nach Korea zurück. Er zeigte schon früh Züge eines literarischen Genies. Auf Empfehlung der Dichter Kim Chun-su und Yu Chi-hwan durfte er in der dritten Klasse der Mittelschule das Gedicht "Fluss" in einer Literaturzeitschrift veröffentlichen. Anschließend schrieb er sich an der Fakultät für Handel an der Seouler Nationaluniversität ein, doch schon bald gab er das Studium auf und widmete sich ganz der Poesie. Nachdem er 1965 mit dem Gedicht "Möwe" sein offizielles Debüt gegeben hatte, wurde er jedoch 1967 in die sogenannte Ostberlin-Affäre verwickelt und verbrachte sechs Monate im Gefängnis. Danach litt er unter den Folgen der Folter, und als er eines Tages von der Bildfläche verschwand, hielten seine Weggefährten ihn für tot und veröffentlichten ein Gedichtband mit dem Titel "Vogel". Doch dann tauchte er wieder auf, und so wurde er zum einzigen lebenden Dichter, dessen erster Gedichtband posthum herausgegeben worden war. 1972 heiratete er Mun Sun-ok, die von da an mit einer traditionellen Teestube in Insa-dong den Lebensunterhalt für das Ehepaar verdiente. Cheon Sang-byeong zollte seiner Frau bereits zu Lebzeiten dafür Anerkennung: er bezeichnete sich als den einzigen Dichter in Korea, der nicht arbeiten musste - und gab zu, dass er das allein seiner Frau zu verdanken hatte. Cheon Sang-byeong starb am 28. April 1993, seine Frau folgte ihm im August 2010. Sie wurde neben ihm begraben.

In der Stadt Euijeongbu findet jeden Frühling ein Festival zu Ehren von Cheon Sang-byeong statt. Herr Kim Byeong-ho.

Zum zehnjährigen Jubiläum des Todes von Cheon Sang-byeong wurde ein Gedenkkonzert veranstaltet. Das kam bei den Bürgern gut an, und es kam der Vorschlag, so etwas jährlich zu machen. Seitdem richtet die Stadt Euijeongbu das Festival jährlich aus, dieses Jahr zum 11. Mal. Nach seiner Heirat im Jahr 1972 lebte Cheon Sang-byeong zunächst knapp zehn Jahre im Seouler Nowon-Bezirk. Dann zog er in den Stadtteil Jangan-dong in Euijeongbu. Dort lebte er elfeinhalb Jahre und wurde schließlich auf dem Stadtfriedhof von Euijeongbu begraben. Er hatte daher eine enge Verbindung zu der Stadt.

Aufgrund des Untergangs der Fähre Sewol Mitte April wurde das Festival dieses Jahr in kleinerem Rahmen durchgeführt. Den Auftakt machte ein Konzert der Indieband "Vielleicht Lee Ja-ram", die die Gedichte von Cheon Sang-byeong vertont haben.

Die Band führte insgesamt sieben Lieder mit Texten des Dichters auf. Die Sängerin Lee Ja-ram.

Beim Festival 2010 trat man an uns heran mit dem Vorschlag, die Gedichte von Cheon Sang-byeong zu vertonen. Wir schrieben daher acht Lieder, und es war eine gute Erfahrung. Im Anschluss wollten wir die Lieder als ein Album herausbringen, was bis jetzt gedauert hat. Aus dem Anlass sind wir dieses Jahr wieder zurück. Es hat unglaublich Spass gemacht, die Gedichte zu vertonen. Viele der Werke haben schon Musik, und wir hatten große Freude daran, die Melodien der Gedichte herauszuarbeiten. Es war ein Genuss, so gute Gedichte singen zu dürfen.

Den Kern des Programmes machte ein Wettbewerb im Rezitieren von Cheon Sang-byeongs Gedichten aus. Der Wettbewerb fand dieses Jahr zum dritten Mal statt.

30 ganz normale Bürger durften mitmachen, und sie gaben alle ihr Bestes.

Die Gedichte von Cheon Sang-byeong sind schlicht und von kindlicher Unschuld. Sie sprechen von dem armen, aber glücklichen Leben, das ihr Erschaffer lebte. Die Wettbewerbsteilnehmerin Jeong Eun-mi.

Ich mag Cheon Sang-byeongs bescheidenes Leben und rezitiere gerne Gedichte. Als ich da hörte, dass dieser Wettbewerb stattfindet, habe ich mich angemeldet. Aber vor all diesen Leuten, die seine Gedichte mögen, war ich dann doch ziemlich nervös. Meine Hand, mit der ich das Mikrofon hielt, zitterte richtig. Ich hatte auch nicht genug geübt und war daher sehr aufgeregt. Aber ich war glücklich, mit anderen Fans des Dichters an diesem kleinen Wettbewerb teilnehmen zu dürfen.

In einer Ecke des Euijeongbu Arts Centers erklang klassische Musik. Die Teestube Gwicheon, die Cheon Sang-byeongs Ehefrau geführt hatte, war hier eins zu eins nachgebildet worden.

In der Teestube befand sich eine kleine DJ-Box, in der LPs gespielt werden konnten. Außerdem gab es eine kleine Bühne mit Mikrofon, auf der jeder, der wollte, ein Gedicht präsentieren konnte. Das Rauschen der LPs führte die Besucher in die Vergangenheit und erinnerte sie an den Dichter.

Die Atmosphäre erinnert an die Teestube von Cheon Sang-byeongs Ehefrau, und man spürt die Spuren des Dichters. Heute wird Quittentee verkauft. Das war eine der Spezialitäten der Teestube Gwicheon, die für den Lebensunterhalt des Paares sorgte und Cheon Sang-byeong einen Raum zur Entfaltung bot. Das macht den Tee zu etwas Besonderem.

Im Rahmen des Festivals fand auch eine Ausstellung mit persönlichen Gegenständen des Dichters statt. Kugelschreiber, handschriftliche Manuskripte, Tische und die Armbanduhren von Cheon Sang-byeong waren hier zu sehen. Vor allem mit den Uhren verbanden viele, die den Dichter kannten, besondere Erinnerungen. Herr Kim Byeong-ho.

Cheon Sang-byeong schaute alle dreißig Minuten auf die Uhr, und seine Gestik dabei war sehr ungewöhnlich. Den genauen Grund dafür wusste niemand, aber er rauchte eine Zigarette pro Stunde. Immer zur gleichen Zeit... er hatte ein sehr genaues Zeitgefühl. Er trank auch genau zwei Tassen Reiswein pro Tag. Er hatte seine Routinen. Auch wenn er mit Gästen redete, schaute er immer auf seine Uhr, und das ist vielen in Erinnerung geblieben.

Der Dichter Cheon Sang-byeong war sein ganzes Leben lang arm. Und auch nach dem Tod änderte sich daran nicht viel. Die eine Millionen Won, heute rund 600 Euro, die die Familie des Dichters bei der Beerdigung von den Trauergästen erhielt, überlebten nicht lange. Seine Schwiegermutter versteckte sie im Kamin, seine Ehefrau machte Feuer - und schon war das Geld wieder verschwunden. Cheon Sang-byeong und Geld - das schien einfach nicht zusammenzupassen. Das spricht auch aus dem folgenden Gedicht mit dem Titel "Meine Armut ist":



Heute morgen dachte ich, dass ich ziemlich glücklich bin.
Denn auch nach einer Tasse Kaffee, einer vollen Packung Zigaretten und einer Suppe gegen den Kater
hatte ich immer noch genug Geld für den Bus.


Mit dieser Einstellung spricht er auch 21 Jahre nach seinem Tod die Menschen noch an.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >