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Kultur

Südkorea trainiert die Sicherheit

2014-06-17

Im Abflugbereich des Seouler Flughafens Gimpo. Vor dem Einsteigen wird den Fluggästen die Sicherheitsausrüstung an Bord demonstriert. Herr Ahn Gyeong-won, der bei der Fluggesellschaft Asiana für die Ausbildung des Kabinenpersonals zuständig ist.

Mit diesem Angebot wollen wir die Fluggäste mit den Sicherheitsvorkehrungen an Bord vertraut machen, die sonst leicht übersehen werden. Damit wollen wir sicherstellen, dass alle eine angenehme und sichere Reise haben. Ich habe hier 20 Ausrüstungsgegenstände aus 13 Kategorien. Die Fluggäste können die Geräte für den Notfall kennenlernen und Sicherheitsgurte und Rettungswesten ausprobieren. Auch Wiederbelebungsmaßnahmen können sie hier lernen. Seit dem Untergang der Fähre Sewol ist das Interesse an der Sicherheit stark gestiegen. Deswegen nehmen auch hier am Flughafen wesentlich mehr Menschen an diesem Angebot teil.



Das Fährunglück im April war nur der Anfang. Seitdem stießen in Seoul zwei U-Bahnen aufeinander, bei einem Brand in einem Alters- und Pflegeheim im Kreis Jangseong starben zahlreiche Menschen, und auch im Busbahnhof der Stadt Goyang brannte es. Diese zahlreichen Zwischenfälle haben die koreanische Bevölkerung sensibilisiert, und auch bei dem Sicherheitstraining am Flughafen ist das Interesse so groß wie nie zuvor.

Vor allem die Technik der Herz-Lungen-Wiederbelebung wollen viele lernen.

Auch Sauerstoffmasken, Rettungswesten, Laiendefibrillatoren und Rettungsbote für bis zu 25 Personen werden hier präsentiert und können sogar ausprobiert werden. Bei den Fluggästen, die kurz vor dem Einsteigen sind, kommt das Programm gut an.

Ich hatte mir Sorgen gemacht, wie ich mich bei einem Absturz verhalten müsste. Nach dem ich das jetzt gelernt habe, fühle ich mich beruhigt.

Es war gut, es auszuprobieren. Ich wusste zwar theoretisch, was ich machen muss. Aber in der Anwendung merkte ich dann, dass meine Haltung falsch war und ich zu wenig Kraft habe. Durch die Übung habe ich jetzt das Gefühl, im Ernstfall zumindest ein wenig helfen zu können.


Seit dem Fährunglück hat sich unter den Südkoreanern ein tiefes Misstrauen gegenüber den Behörden breit gemacht. Man hat das Gefühl, dass man sich um seine eigene Sicherheit selbst kümmern muss. Dadurch ist auch der Umsatz mit Sicherheitsausrüstung wie Rettungswesten und Feuerlöschern hochgegangen. Bei einer Onlineshoppingseite ist der Umsatz mit solchen Produkten um ganze 45 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen. Besonders gefragt waren Gas- und Branddetektoren, deren Umsatz um 460 Prozent gestiegen ist, und Feuerlöscher, deren Verkaufszahlen um 240 Prozent hochgegangen sind. Die Reflektion über die Versäumnisse, die mit zum Untergang der Fähre Sewol geführt haben, äußert sich also auch in einem stark gestiegenen Interesse am Thema Sicherheit.

Auch bei den Sicherheitserlebniszentren des Seouler Brand- und Katastrophenschutzes sind die Besucherzahlen deutlich gestiegen. Herr Kim Chang-ho vom Sicherheitserlebniszentrum Boramae.

Die Anfragen sind um rund das Doppelte gestiegen. Früher waren außerdem 60 Prozent unserer Besucher Gruppen, aber jetzt gibt es mehr Individualbesucher. Die Anfragen steigen weiter an, aber wir können nur eine begrenzte Zahl an Besuchern annehmen.

In Seoul gibt es zwei solcher Sicherheitserlebniszentren: das Gwangnaru-Zentrum im Bezirk Gwangjin und das Boramae-Zentrum im Dongjak-Bezirk. Das 2003 eröffnete Gwangnaru-Zentrum war das erste seiner Art in Südkorea. Das Boramae-Zentrum folgte dann im Jahr 2010. In den Zentren wird das Thema Sicherheit nicht theoretisch, sondern praktisch vermittelt. Durch Simulationen von Erdbeben, Taifunen, Bränden, Verkehrsunfällen und vielem mehr können die Besucher die richtigen Verhaltensweisen in diesen Situationen ganz realistisch lernen. Das dreistöckige Boramae-Zentrum bietet auf jedem Stockwerk ein anderes Thema: Im 1. Untergeschoss geht es um U-Bahn-Unfälle, im Erdgeschoss um Erdbeben und Taifune, im 1. Stock um Brände und Verkehrsunfälle, und im obersten Stock kann man Erste-Hilfe-Maßnahmen und den Umgang mit Feuerlöschausrüstung lernen. Der Besucher beginnt im 1. Untergeschoss mit einer Einführung und kann dann zunächst im Erdgeschoss Naturkatastrophen erleben. Als erstes geht es um Erdbeben.



Bei den Erdbeben gibt es drei verschiedene Simulationen: Man kann ein Erdbeben in Innenräumen erleben, aus einem zusammengestürzten Gebäude entkommen und kennenlernen, wie sich ein Erdbeben im Freien anfühlt. Beim Erdbeben im Inneren wackelt der Boden mit einer Stärke von 7,0 auf der Richterskala, und bei der Flucht aus einem zusammengestürzten Gebäude muss man durch einen dunklen Flur entkommen. Beim Erdbeben im Freien erlebt man ein Erdbeben der Stärke 5,0 in einer nachgestellten Außenfläche.

Zunächst sehen die Besucher ein Video, in dem das richtige Verhalten bei Erdbeben erklärt wird. Danach können sie das Gelernte dann bei einer Simulation in einer nachgebauten Küche gleich ausprobieren.

Eine Gruppe von Drittklässlern darf hier erleben, wie die Erde wackelt.

An der nächsten Station wird man in ein Gebäude geführt, das durch ein Erdbeben zusammengestürzt ist. Der Strom ist ausgefallen und es ist stockduster. Auch hier lernen die Besucher, wie sie sich richtig verhalten müssen, um aus der Situation heil herauszukommen.

Mit der linken Hand tastet man sich an der Wand entlang, und mit einer Tasche oder etwas anderem Weichen schützt man seinen Kopf vor Stößen und herabfallenden Gegenständen. Auch wenn es sich nur um eine Simulation handelt - die Dunkelheit jagt den Grundschülern doch etwas Angst ein.

Als nächstes gelangt man zur Taifunsimulation. Hier erleben die Besucher, wie sich Orkanböen anfühlen. Herr Kim Chang-ho.

Bei Taifunen geht es vor allem um den starken Wind und Regen. Grundschüler erleben hier, wie sich ein Wind mit einer Geschwindigkeit von 30 Metern pro Sekunde anfühlt. Das sind 108 Kilometer pro Stunde. Zum Vergleich: bei dem Taifun Haiyan auf den Philippinen vor einiger Zeit herrschten im Zentrum des Sturms Geschwindigkeiten von 370 Kilometern pro Stunde. Außerdem weiß man bei Taifunen im Voraus, dass sie kommen, bei Erdbeben ist das nicht so. Hier erlebt man also einen Taifun mittlerer Stärke.

Die Orkanböen in der Simulation sind so stark, dass die Museumsmitarbeiter die Grundschüler vor Beginn gut darauf vorbereiten müssen.

Der Wind war so stark, dass mir kalt wurde, und so laut... ich habe mich richtig erschrocken.

Die Winde waren stärker als erwartet. Selbst ich als Erwachsene hatte Angst! Ich fände es gut, wenn alle Kinder das so einmal erleben und sich damit auf die Situation vorbereiten könnten.


Nach diesem Erlebnis ist den Kindern die Macht der Naturgewalten nun deutlich bewusst geworden.

Einen Stock darüber geht es dann um Brände und Verkehrsunfälle. Zunächst wird den Besuchern erklärt, wie sie sich im Falle einer Evakuierung richtig verhalten.

Auch die Verwendung von Feuerlöschern wird demonstriert - und kann dann gleich selbst ausprobiert werden.

Und dann wird die Flucht aus einem brennenden Gebäude geübt.



Neben den Naturkatastrophen spielen auch Unfälle von U-Bahnen und Bussen eine wichtige Rolle. In Südkorea denkt man da vor allem an den Brand in der U-Bahn von Daegu im Jahr 2003, bei dem es mehr als 300 Tote und Verletzte gab. Im Sicherheitserlebniszentrum Boramae lernen die Besucher daher auch, wie man eine Gasmaske richtig anlegt.

Außerdem wird die Fahrt mit einem außer Kontrolle geratenen Bus simuliert - eine Erfahrung, die die Bedeutung von Sicherheitsgurten mehr als deutlich macht.

Südkorea ist unter den OECD-Mitgliedsstaaten das Land mit den meisten Unfalltoten. Das ist ein Rekord, der sich mit einem ausreichenden Sicherheitsbewusstsein und entsprechendem Training durchaus vermeiden ließe. Durch den Untergang der Fähre Sewol ist das Thema Sicherheit nun in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses gerückt - es bleibt zu hoffen, dass dies zu nachhaltigen Bemühungen um eine Verbesserung führt.

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