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Kultur

Kurzgeschichten als Animationsfilm

2014-09-09

Am 6. August fand in der Innenstadt von Seoul im Kino für Independent Movies eine kleine, aber bedeutungsvolle Pressekonferenz statt, auf der ein besonderer Animationsfilm vorgestellt wurde. Ahn Jae-hoon안재훈, der Schöpfer dieses Film, erklärt, worum es geht:

Ahn Jae-hoon: Weil die Geschichten, aus denen wir nun diesen Film gemacht haben, irgendwann nicht mehr in die Schulbücher aufgenommen wurden, konnten viele Kinder sie nie kennenlernen, obwohl sich viele Erwachsene sicher noch daran erinnern. Daher wollte ich sowohl den Kindern als auch den Erwachsenen die Gelegenheit geben, diese Geschichten zu erleben, bevor sie ganz in Vergessenheit geraten. Es wäre schön, wenn diejenigen, die sich jetzt vielleicht in ihren 40ern oder 50ern befinden, sich durch die Filme an ihre Kindheit erinnern könnten.

Der Titel des Films lautet „Buchweizenblüte, glücklicher Tag und Frühling“, in Anlehnung an die Titel der drei ihm zugrundeliegenden Kurzgeschichten von Lee Hyo-seok이효석, Hyun Jin-geon현진건 und Kim Yu-jeong김유정. Professor Han Chang-wan한창완 von der Abteilung für Cartoon und Animation an der Sejong-Universität erläutert Näheres zu diesem Film.



Han Chang-wan: Koreas Animationsfilmindustrie befindet sich derzeit in einem tiefen Loch. Es gibt einfach kein richtig guten Stoff, weder im Bereich der literarischen Erzählung, noch im Bereich des Romans. Das Projekt, aus den Geschichten „Buchweizenblüte“, „Glücklicher Tag“ und „Frühling“ einen Animationsfilm zu machen, wurde gesponsort von einem Fernsehsender und von einem großen Verlagshaus. Das Ziel war es, koreanischen Teenagern, die keine Bücher mehr lesen, und Erwachsenen, die die alten Werke vergessen haben, die Schönheit der klassischen koreanischen Literatur wieder näherzubringen, nicht in Worten, sondern in Bildern. Es waren die guten Geschichten, die dieses Projekt möglich gemacht haben.

Die Geschichte „Wenn der Buchweizen blüht“ von Lee Hyo-seok ist eine der bekanntesten Geschichten der koreanischen Literatur. Sie bringt die Gefühle, die Lee, der in Pyeongchang in der Provinz Gangwon aufwuchs, seiner ländlichen Heimat gegenüber hegte, zum Ausdruck. Die Romanze des fahrenden Händlers erscheint als Bild des blühenden Buchweizens im silbrigen Mondlicht. Ahn Jae-hoon:

Ahn Jae-hoon: Schauplatz der Geschichte sind der Berge und Flüsse zwischen dem Markt Bongpyeong und dem Markt Daehwa. Die Bilder der Landschaft sollten etwas so Inniges und Wunderschönes haben, dass der fahrende Händler seine intimsten Gefühle von ganz alleine preisgibt. Eine solche Atmosphäre zu schaffen, war wirklich nicht einfach.

Der Film beginnt damit, dass sich eine Gruppe reisender Händler in einem kleinen Gasthaus in Bongpyeong unterhält. Dabei finden sie heraus, dass ein junger Kaufmann namens Dong-i ein Verhältnis mit einem Mädchen hat.

Der erboste Heo Saeng-won beschuldigt Dong-i, Schande über die gesamte Händlerschaft zu bringen und verprügelt ihn. Doch dann erinnert sich Heo plötzlich an seine eigene Jugend und an eine verhängnisvolle Nacht.

Jene klare Sommernacht von Bongpyeong war Heo Saeng-won unauslöschlich im Gedächtnis geblieben.

Heo Saeng-won war zum nahegelegenen Fluss gegangen, um sich von der Hitze des Tages abzukühlen. Schließlich kam es dazu, dass er dort die Nacht mit einer jungen Frau verbrachte, die als das hübscheste Mädchen von Bongpyeong bekannt war. Dies sollte ihr erstes und einziges Treffen bleiben.

Der junge Dong-i und die anderen Händler sind ganz Ohr, als Heo Saeng-won von jener unvergesslichen Sommernacht erzählt. Als Heo seine Sachen zusammenpackt, um das Lokal zu verlassen, folgt ihm Dong-i und erzählt nun seine eigene Geschichte.

So erzählt Dong-i, dass er seinen eigenen Vater nie kennengelernt habe und dass seine Mutter wegen des unehelichen Kindes aus der Familie verstoßen worden sei, so dass sie Bongpyeong habe verlassen müssen. Heo Saeng-won wird plötzlich von quälenden Gefühlen ergriffen, und während er noch versucht, seiner Gedanken Herr zu werden, rutscht er aus und fällt in den Fluss.

Mithilfe Dong-is nun wieder auf dem Trockenen, schlägt er dem jungen Mann vor, gemeinsam zum großen Markt nach Jecheon zu gehen, wo dessen Mutter nun leben soll.

Als sie nach Jecheon aufbrechen wollen, erblicken die Augen des alten Mannes plötzlich Dong-is linke Hand, in der dieser die Peitsche hält.

So endet der Film damit, dass Heo Saeng-won in Dong-i, der wie er selbst Linkshänder ist, seinen eigenen Sohn erkennt.
Die Geschichte „Frühling, Frühling“ von Kim Yu-jeong spielt im Jahre 1935 in einem kleinen Dorf. Es handelt sich hierbei um die satirische Darstellung einer Beziehung zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn. Ahn Jae-hoon erklärt:

Ahn Jae-hoon: Die hierarchische Beziehung zwischen Schwiegervater und Schwiegersohn in der Geschichte „Frühling, Frühling“ ist nicht so sehr konfrontativ, sondern eher amüsant. Damit wollt ich ein wenig spielen, und die Geschichte so im Gleichgewicht halten.
NN: Um den humorvollen Teil zu betonen, entschied sich der Regisseur, auch traditionelles Pansori in den Film einzubauen.

Weil der Vater seiner Angebeteten so lange mit der Heiratserlaubnis zügert, muss der junge Mann erst einmal drei Jahre lang für dessen Familie schuften. Seine Gefühle bringt er in dem Pansori-Teil zum Ausdruck. Professor Han Chang-wan erklärt:

Han Chang-wan: Pansori bringt die vielfältigen Gefühle der Figur besonders gut zum Ausdruck. In „Frühling. Frühling“ geht es um das Leid eines jungen Mannes, der lange warten muss, bevor er sein Mädchen heiraten darf. Das lässt sich sehr gut durch Pansori ausdrücken. Die Dialoge blieben unverändert und nur die Bilder wurden hinzugefügt. Regisseur Ahn war der Auffassung, dass Pansori den Text am besten transportiert.

Der junge Mann hält um die Hand seiner Geliebten an, doch der Vater befindet, seine Tochter Jeom-sun점순 sei noch zu jung. Der junge Mann wiederum sorgt sich, dass sie ihn nun für einen Feigling und Versager hält. Eines Tages fordert sie ihn auf, nun doch endlich etwas zu unternehmen.
Ermutigt durch ihre unerschütterliche Liebe und ihr Vertrauen, tritt der junge Mann dem Vater gegenüber. Doch lässt er sich von seinen eigenen Gefühlen so mitreißen, dass er die Kontrolle über sich verliert und seinen Schwiegervater in spe einfach am Bart packt.

Nun hofft er natürlich, das Jeom-sun ihm beistehen möge – aber nein, die Geschichte endet damit, dass sie ob seines ungebührlichen Verhaltens dem Vater gegenüber bittere Tränen vergießt und ihn ratlos zurücklässt.

Im Gegensatz zu diesen beiden Geschichten über die unschuldige Liebe, handelt die dritte Geschichte, „Ein glücklicher Tag“, vom Leid der Unterschicht zur Zeit der japanischen Kolonialisierung.



Ahn Jae-hoon: Hyun Jin-geon, der Autor von „Ein glücklicher Tag” beschreibt die tragische Situation der Koreaner zur Zeit der japanischen Besatzung. Die Animation zeigt, wie die alte Hauptstadt damals wohl ausgesehen hat. Gezeigt werden die Straßen des alten Seoul und das gefühlsmäßige Auf und Ab der Hauptfigur, das schließlich zum tragischen Tode seiner Frau führt.

Die Geschichte erschien im Jahre 1924. Sie beginnt damit, dass sich die Hauptfigur, ein Rikscha-Fahrer namens Kim, um seine kranke Frau sorgt.
So wechseln die Szenen, in denen er seine Hilflosigkeit fühlt mit solchen, wo er Rikscha fährt. Obwohl seine Frau dies eigentlich nicht möchte, geht er eines Tages wieder zur Arbeit. Und dieser Tag soll, so scheint es, sein großer Glückstag werden.

Das Wetter ist schlecht, und so kommen viele Leute, um Kims Dienste in Anspruch zu nehmen und sich teils sogar über lange Strecken chauffieren zu lassen. Dies bedeutet guten Verdienst.

Von dem vielen Geld kauft sich Kim etwas zu trinken und Fischsuppe und sogar Rindfleischsuppe für seine kranke Frau. Doch als er nach Hause kommt, findet er sie tot dort liegen, und neben ihr das schreiende Baby.

Die Geschichte beschreibt eine düstere Zeit, scheinbar ohne jeden Ausweg, eine Zeit, in der jede Vorstellung von Glück trügerisch scheinen mochte.

Jede der handgezeichneten Szenen von „Buchweizenblüte, glücklicher Tag und Frühling“ erzählt in wunderschönen Bildern von der Sorge und dem tiefen Groll des koreanischen Volkes. Durch den Animationsfilm werden die alten Geschichten nun wieder lebendig, und vielleicht bringen sie die jungen Zuschauer, die diese Geschichten noch nicht kennen, und die älteren Zuschauer, die sich von
früher noch an sie erinnern, ein wenig näher zusammen.

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