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Kultur

Lee Hyo-seok: „Das Feld“

2022-02-22

ⓒ Getty Images Bank

Ein paar läufige Hunde vergnügten sich dort auf dem Feld in der Nähe des Baches. Vollkommen ungeniert brachten sie nach Herzenslust ihre Freiheit zum Ausdruck, ohne den Himmel zu fürchten, ohne sich des offenen Feldes zu schämen, ohne sich um menschliche Augen zu kümmern. Wenn es jemandem peinlich war, dann eher mir.

Es musste an der Jahreszeit liegen. Solch ein Treiben habe ich niemals mitten im Winter erlebt. Männchen und Weibchen vergnügen sich, wenn die Felder grün sind und die Vögel verspätet ihre Eier legen. Ich hätte mich über das, was ich da sah, nicht lustig machen oder wütend werden sollen.


Die Erdbeerzeit war eigentlich schon vorbei, aber dennoch lugten Erdbeeren hinter dem Gartenzaun hervor. Jedes Mal, wenn ich am Obstgarten vorbeikam, konnte ich meinen Appetit nicht zurückhalten.

Wie ich nun meinen Blick nur auf die verlockenden Früchte gerichtet hatte und schon über den Zaun geklettert war, hatte ich keinen Grund, mein Gewissen mit Schuldgefühlen oder Bedauern zu plagen. Über Obstgartenzäune zu steigen, lag doch gewiss in der Natur der Landbewohner.

Aber da erblickte ich im Schatten eines Apfelbaums unerwartet eine menschliche Gestalt, sprang eilig über zurück über den Zaun und riss dabei meine Kleidung auf.



Literaturkritikerin Jeon So-yeong:

Die Geschichte spielt auf dem Feld im Frühling. Die Hauptfigur hätte die Paarung der Hunde einfach ignorieren können, aber in der Natur und im Frühling können alle Verhaltensweisen der Lebenwesen toleriert und als schön angesehen werden, auch die Paarung von Tieren oder das menschliche Liebesspiel. Hak-bo kann seinem fleischlichen Verlangen nicht widerstehen, als er Erdbeeren hinter dem Gartenzaun sieht. Der Zaun stellt eine Grenze dar, die er nicht überschreiten sollte, ein Tabu, das er nicht brechen sollte. Aber er spürt den Drang, diese Grenze zu überschreiten. Tatsächlich wohnt eine solches Verlangen jedem Menschen inne und muss manchmal erfüllt werden. 



Da kam die Angst.

Sie kam nicht vom Feld, sondern aus dem Dorf, von den Menschen.

Es war nicht die Natur, die Angst erzeugte, sondern die Gemeinschaft der Menschen.


Drei Nächte lang war ich eingesperrt, bevor ich freigelassen wurde, aber ich hatte noch nichts von Mun-su gehört. Es würde einige Zeit dauern, bis ich von ihm hörte. Wir hatten tolle Pläne für den Sommer gemacht, aber alleine konnte ich nichts unternehmen.


Ballonblumen und Forsythien blühen auf dem Feld. Und im Sumpf der Adlerfarn. Der weiße Reiher landet scheu am Wasser. Die Zeit ist reif.




Lee Hyo-seok (1907-1942): „Das Feld“

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