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Nordkorea

Das Leichtwasserreaktor-Projekt für Nordkorea von 1994

2018-05-24

Schritte zur Wiedervereinigung

Das Leichtwasserreaktor-Projekt für Nordkorea von 1994
Beim innerkoreanischen Gipfeltreffen am 27. April hat der südkoreanische Präsident Moon Jae-in mit dem nordkoreanischen Machthaber Kim Jong-un auch über seine Vision einer „neuen wirtschaftlichen Landkarte für die koreanische Halbinsel“ gesprochen. Die südkoreanische Regierung verbindet mit ihren Plänen auch die hohe Erwartung, die Zusammenarbeit mit Nordkorea im Wirtschafts- und Energiebereich zu fördern. Die bilaterale Energiekooperation geht auf das Jahr 1994 zurück, als der Bau von zwei Leichtwasserreaktoren in Nordkorea geplant wurde. Der frühere Direktor des Büros für das Reaktorprojekt, Moon Dae-geun, sagt:

Das Leichtwasserreaktor-Projekt entstand im Rahmen des Rahmenabkommens von 1994. Der Zusammenbruch der kommunistischen Staaten in Osteuropa und der Sowjetunion nach 1989 versetzte Nordkorea in eine Krisenstimmung und bewog es, die Entwicklung von Atomwaffen voranzutreiben. Ein Bild des Nuklearkomplexes Yongbyon in Nordkorea wurde damals von einem französischen Satelliten aufgenommen, und die USA reagierten beunruhigt. Nordkorea wies den Vorschlag der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) ab, Inspekteure zu einigen verdächtigen Orten in Nordkorea zuzulassen. Das führte zur ersten Nordkorea-Atomkrise. Um die Probleme zu lösen, nahmen Nordkorea und die USA Verhandlungen auf. Pjöngjang sagte, dass es seine Nuklearprogramme im Gegenzug zur Lieferung von Leichtwasserreaktoren aufgeben will. Südkorea und die USA besprachen also die Lieferung der Reaktoren nach Nordkorea.

Nordkorea hatte sich 1993 vom Atomwaffensperrvertrag (NPT) zurückgezogen, dem es 1985 unter dem Versprechen beitrat, auf die Produktion und den Besitz von Nuklearwaffen zu verzichten. Die US-Regierung ging so weit, eine Bombardierung von Yongbyon zu erwägen. Doch nach einem Besuch des früheren US-Präsidenten Jimmy Carter in Pjöngjang nahmen beide Seiten Verhandlungen auf. Im Oktober 1994 unterzeichneten sie in Genf das sogenannte Rahmenabkommen. Dieses sah vor, dass Nordkorea seine Atomeinrichtungen einfriert und im Gegenzug zwei Leichtwasserreaktoren (LWR) mit einer Leistung von zwei Millionen Kilowatt erhält. Auch sollte Nordkorea Schweröllieferungen erhalten. LWR lassen sich schwieriger für die Produktion von atomwaffentauglichem Material verwenden als andere Reaktortypen. Südkorea, die USA, Japan und die EU traten im März 1995 der Energie-Entwicklungsorganisation für die koreanische Halbinsel (KEDO) bei. Japan sollte als Mitglied 22 Prozent der Baukosten für die geplanten Reaktoren schultern. Die Bauarbeiten begannen jedoch erst im August 1997. Es war das erste Mal seit der Teilung der Halbinsel, dass Regierungsvertreter und Arbeiter aus Südkorea wegen eines innerkoreanischen Bauprojekts vorübergehend in Nordkorea wohnten:

Zuerst traten sich Süd- und Nordkoreaner befremdet gegenüber. Es gab in der Anfangsphase viele Probleme. Die Nordkoreaner sorgten sich wegen der Sicherheit des Regimes. Die Südkoreaner waren vor allem wegen der Haltung der Nordkoreaner gegenüber ihrem geliebten Führer überrascht. Wenn sich Südkoreaner zum Beispiel auf einer Zeitung mit dem Bild des nordkoreanischen Machthabers Kim Jong-il hinsetzten, gab es große Probleme. Doch mit der Zeit verstanden sie sich besser. Die Nordkoreaner begannen, der südkoreanischen Technologie zu vertrauen. Im Zuge des Reaktorprojekts wurde auch das Kumgang-Reiseprogramm auf den Weg gebracht und der Kaesong-Industriepark geöffnet.

Für das Reaktorprojekt besuchten 14.000 Südkoreaner das Nachbarland. Die Baustelle in Sinpo in der Provinz Süd-Hamgyeong wurde zu einem Ort des innerkoreanischen Austausches. Vom südkoreanischen Hafen Sokcho an der Ostküste wurden Materialien nach Sinpo gebracht:

Das Projekt war direkt von internationaler Politik beeinflusst. Zudem war mit Nordkorea der am stärksten abgeschottete Staat betroffen. Auch verfolgten die Verwaltungsratsmitglieder von KEDO aus Südkorea, Japan und Europa ihre eigenen Interessen. Das Projekt kam daher nur langsam voran. Hinzu kam, dass die US-Regierung unter Bush das Rahmenabkommen mit Nordkorea nach dem Prinzip „keine Belohnung für schlechtes Verhalten“ unter die Lupe nahm. Das Genfer Abkommen wurde praktisch für ungültig erklärt, nachdem Nordkorea 2002 in den Verdacht geriet, Atomwaffen unter Verwendung von hoch angereichertem Uran zu entwickeln.

James Kelly, der 2002 als Sondergesandter der USA Nordkorea besuchte, sagte damals:

Wir beobachten sehr genau, ob Nordkorea Maßnahmen ergreift. Wir und die internationale Gemeinschaft fordern, dieses Atomprogramm sofort und sichtbar zu beenden.

Kelly gab zu Protokoll, dass Nordkorea zugegeben habe, heimlich ein Anreicherungsprogramm zu betreiben. Der Bau der Reaktoren sowie die Öllieferungen an Nordkorea wurden beendet. Später wurden multilaterale Verhandlungen, einschließlich der sogenannten Sechs-Parteien-Gespräche aufgenommen, um den Streit mit Nordkorea beizulegen. Doch weil es keine Fortschritte gab, beendete KEDO im Juni 2006 offiziell das Reaktorprojekt. Park Byung-yun war damals der stellvertretende Direktor:

Wir wurden gezwungen, das Leichtwasserreaktor-Projekt zu stoppen, weil Nordkorea gegen internationale Abkommen verstoßen hat, darunter dasjenige mit KEDO.

Moon hatte damals als Experte der innerkoreanischen Wirtschaftskooperation im Vereinigungsministerium die Aufgabe, das Reaktorprojekt zu beenden:

Persönlich glaubte ich, dass es ein Verlust war. Als wir uns im Dezember 2005 von der Baustelle zurückzogen, sagten die nordkoreanischen Funktionäre und Arbeiter, dass sie alles intakt halten wollen. Das hat mich sehr beeindruckt.

Als das Reaktorprojekt zum Erliegen kam, waren nur 34 Prozent der Anlage fertiggestellt:

Zwar wurde das Projekt komplett gestoppt, doch hoffte ich sehr, dass es eines Tages wieder in Gang gesetzt wird. Süd- und Nordkorea konnten damals ihre Beziehungen und den Austausch ausbauen. Viel Geld und diplomatische Bemühungen wurden für das Reaktorprojekt aufgewendet. Ich hoffe, das einmal gescheiterte Projekt wird kein unerfüllter Traum bleiben und neu starten, und als Schritt für den Frieden in der Region und die Wiedervereinigung Koreas dienen.

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