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Nordkorea

Die Gemeinsame Erklärung vom 4. Juli 1972

2018-03-08

Schritte zur Wiedervereinigung

Die Gemeinsame Erklärung vom 4. Juli 1972
Korea ist seit 73 Jahren geteilt. Jedoch hat es beständig Bemühungen gegeben, die Teilung der koreanischen Halbinsel zu überwinden. So wie im kalten Winter Wasser unter einer Eisschicht fließt, beschreiten auch beide Koreas trotz der Teilung den Pfad des Dialogs und der Kooperation. In Zukunft beleuchten wir im zweiten Teil der Sendung die wichtigsten Etappen auf dem Weg zu einer Wiedervereinigung. Heute stellen wir die Gemeinsame Erklärung vom 4. Juli 1972 vor.

Um 10 Uhr am 4. Juli 1972 wurde die koreanische Halbinsel von Emotionen und Begeisterung erfasst. Seoul und Pjöngjang veröffentlichten jeweils zur selben Zeit eine Erklärung. Es war der Moment, als wieder Hoffnung auf eine Wiedervereinigung aufkeimte.

Im Oktober letzten Jahres erinnerte sich der amtierende südkoreanische Präsident Moon Jae-in daran, wie sein Vater ein Sportfest für Übersiedler aus den nordkoreanischen Provinzen besuchte. Damals im Jahr 1972 hätten die aus Nordkorea stammenden Teilnehmer die große Hoffnung gehabt, dass sie ihre Heimatstädte wieder besuchen könnten.

Vor der Annahme der Erklärung befanden sich Süd- und Nordkorea in einem erbitterten Konflikt. Mit Japans Kapitulation im Zweiten Weltkrieg am 15. August 1945 war Korea von der Kolonialherrschaft befreit. Doch die USA und die Sowjetunion teilten das Land entlang des 38. Breitengrads. Die ideologischen Unterschiede führten 1948 zur Gründung von zwei verschiedenen Regierungen in beiden Militärzonen. Nach dem Koreakrieg schien die Teilung des Landes auf ewig zementiert zu sein. Wie konnte den Teilstaaten die Einigung auf die bahnbrechende Erklärung gelingen? Der frühere Vereinigungsminister Kang In-deok erinnert sich:

Ich war im Geheimdienst seit dessen Gründung 1961 für Nordkorea-Angelegenheiten zuständig. 1972 kam es nach dem Besuch des damaligen US-Präsidenten Richard Nixon in China zu grundlegenden Veränderungen in der internationalen Diplomatie. Südkorea beschloss daher, von unnützer Konfrontation Abstand zu nehmen und stattdessen den Frieden aufrechtzuerhalten. Am 15. August 1970 schlug der damalige südkoreanische Präsident Park Chung-hee in einer Rede vor, dass Süd- und Nordkorea in einen Wettstreit treten, um den Menschen ein besseres Leben zu ermöglichen. 1971 präsentierte Nordkorea einen acht Punkte umfassenden Plan für die Wiedervereinigung. Südkorea spürte damals die Notwendigkeit einer Gegenmaßnahme und diese waren Rotkreuzgespräche.

1969 verkündete Richard Nixon seine Nixon-Doktrin, dernach die Verbündeten ihre Verteidigung selbst in die Hand nehmen sollten. Dies signalisierte den Beginn einer Entspannung im Kalten Krieg. 1972 sagte er bei seinem Besuch in China, dass die USA die Spannungen auf der koreanischen Halbinsel reduzieren und den Austausch fördern würden. Diese Entwicklungen führten zu einem Korea-Dialog, wenngleich der Prozess schwierig war.

Die Vorbereitung der Rotkreuzgespräche war die schwierigste Aufgabe meines Lebens. Bei Vorgesprächen ging es keinen Zentimenter voran. Wir schlugen daher Gespräche hinter verschlossener Tür vor. Im Mai 1972 schickte Südkorea den Geheimdienstchef Lee Hu-rak auf eine Geheimmission in Nordkorea und Nordkoreas Vizeministerpräsident Pak Song-chol kam nach Seoul. Nach deren Rückkehr präsentierten wir einen ersten Entwurf. Nordkorea akzeptierte diesen und beide Seiten gaben ihn als Gemeinsame Erklärung vom 4. Juli bekannt.

Seoul hatte 1971 Rotkreuzgespräche vorgeschlagen, um über die seit dem Koreakrieg getrennten Familien zu sprechen. Weil es kaum Fortschritte gab, wurden daraus politische Gespräche. Über den Inhalt der Gemeinsamen Erklärung sagt Kang:

Damals sagte Südkorea, dass sich beide Seiten mit einer Wiedervereinigung nicht beeilen und niemals einen Krieg wagen sollten. Stattdessen sollte es Schritt für Schritt vorangehen. Die Erklärung enthält die Prinzipien Unabhängigkeit, Frieden und nationale Einheit. Um diese umzusetzen, wurde vereinbart, einander nicht zu kritisieren, keine bewaffneten Provokationen zu starten und stattdessen einen Kommunikationskanal für Notfälle einzurichten.

In der Folge verzichteten beide Seiten auf gegenseitige Diffamierungen, setzten sich für die Vorbeugung von militärischen Zusammenstößen ein und brachten den Austausch in Gang. Auch erkannten sich beide Koreas erstmals seit der Teilung gegenseitig an. Trotz des positiven Ansatzes, gestaltete sich die Umsetzung der Vorgaben schwierig

Es gab Probleme bei der Umsetzung der Prinzipien. In Bezug auf die Unabhängigkeit zum Beispiel forderte Nordkorea so wie heute noch den Abzug der US-Truppen aus Südkorea. Für den Frieden forderte es den Stopp der Stationierung strategischer Waffen in Südkorea und eine Abrüstung. Hinsichtlich der nationalen Einheit wurde verlangt, dass Südkorea sein Anti-Kommunismus-Gesetz und das Nationale Sicherheitsgesetz abschafft. Doch Südkorea konnte diese Forderungen nicht akzeptieren, da es eine Wiedervereinigung auf der Grundlage einer liberalen Demokratie und seiner Verfassung anstrebt.

Später verschlechterten sich die Umstände weiter. Südkorea verkündete im Oktober 1972 seine Yushin-Verfassung und Nordkorea setzte im Dezember desselben Jahres seine sozialistische Verfassung in Kraft. Damit wurde auf beiden Seiten die Diktatur gestärkt. Dennoch war die Gemeinsame Erklärung vom 4. Juli die erste ihrer Art und sorgte für wichtige Veränderungen.

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