Zum Menü Zum Inhalt
Go Top

Gesellschaft

Der Manhwa-Künstler Lee Jong-beom, Schöpfer des Webtoons „Dr. Frost“

2016-01-26

Am 6. Januar fand an der Korea Manhwa Contents Agency (KOMACON) in Bucheon in der Gyeonggi-Provinz ein besonderer Vortrag über die Erstellung von Webtoons statt. Der Sprecher war der Manhwa-Künstler Lee Jong-beom, der Schöpfer des immens populären Webtoons „Dr. Frost“. Lee ist der erste Manhwa-Künstler in der Geschichte der koreanischen Webtoons, der einen Psychologen als Hauptfigur kreierte. Er sprach über digitales Zeichnen mittels SketchUp. Professor Hahn Chang-wan von der Abteilung für Zeichentrick an der Sejong-Universität erklärt uns, was das ist.

SketchUp ist ein digitales Zeichenbrett. Anstatt einen Comic-Strip einzuscannen und online zu stellen, zeichnet der Künstler, koloriert und fügt sogar Spezialeffekte direkt auf dem Digitalfeld hinzu. Mit Hilfe von SketchUp spart ein Künstler bei der Erstellung von Szenen und Figuren oder beim Geschichtenerzählen viel Zeit. Von allen Manhwa-Künstlern kennt sich Lee Jong-beom mit dieser Technik am besten aus. Deswegen ist sein Vortrag über SketchUp bis zum Bersten gefüllt.



Für den Vortrag standen zwei Stunden zur Verfügung. Wer sich für das Thema interessierte, nutzte die Zeit für Fragen.

Frau 1: Ich habe mit SketchUp ein Manhwa gemacht, aber es hat nicht wirklich gut funktioniert. Ich kann heute eine Menge lernen, denn Lee hat mit SketchUp Bücher geschrieben und kann das gut erklären.

Mann 1: Ich möchte herausfinden, wie Künstler das machen, wenn sie Geschichten entwickeln oder ihre Ideen zeichnerisch umsetzen. Natürlich bin ich auch an Tipps und Tricks für die digitale Arbeit interessiert.


Manhwa-Zeichner wollen nicht nur wissen, wie man SketchUp verwendet, sondern auch etwas über den gesamten kreativen Prozess lernen, von Vorarbeiten über die Entwicklung des Handlungsverlaufs bis zur Planung der einzelnen Bilder. Manch ein erfahrener Künstler mit jahrzehntelanger Erfahrung könnte diese Fragen beantworten. Lee Jeong-beom ist zwar erst sieben Jahren im Manhwa-Geschäft, doch das macht er durch sein außergewöhnliches Talent wieder wett. Der Zeichentrick-Professor Hahn Chang-wan erzählt uns mehr über ihn.

Interessanterweise hat Lee als Englischlehrer und Jazzmusiker gearbeitet. Dabei war er nie im Ausland und hat nie Musik studiert. Er hat sich alles selbst beigebracht. Er hat auch das Zeichnen allein gelernt. Er ist ein Genie. Lee ist der intellektuellste unter den jungen koreanischen Webtoon-Künstlern und stellt die gründlichsten Recherchen zu seinen Themen an. Er ist ganz anders als andere.

Der Webtoon-Künstler Lee Jong-beom debütierte im Jahr 2009 mit „The Queen of Investment“, einem Webtoon über Finanzinvestitionen. Seine Webcomic-Serie „Dr. Frost“ über einen Psychologen läuft seit 2011 und machte viele seiner Leser erstmals mit dem Thema psychische Störungen vertraut. Lee hat mit „Dr. Frost“ gezeigt, wie fesselnd eine Manhwa-Serie über Psychologie sein kann. Er gewann den Online Manhwa Award der Webtoon-Leser und den Preis des Ministeriums für Kultur, Sport und Tourismus beim Korea Content Awards 2012. Lee war erst 8 Jahre alt, als er etwas erlebte, das ihn später zu einem Manhwa-Künstler machen sollte. Hören wir ihn selbst:



Ich hatte nur eine Szene aus „Dragon Ball“ gezeichnet. Aber meine Freunde haben buchstäblich gegeneinander um die Zeichnung gekämpft. Eine solche Reaktion bedeutet für einen achtjährigen Jungen einen Wink mit dem Schicksal. Als Kind war es mir wichtig, gelobt zu werden und dass meine Freunde mich mochten. Wenn ich in einer Hinsicht etwas Besonderes bei ihnen war, war es nur natürlich, wenn ich mich darauf konzentrierte.

Die Anerkennung seiner Freunde trieb Lee dazu, jeden Tag Comics zu zeichnen. Als Jugendlicher fand er die Schule sinnlos und langweilig. So nahm sich dieser mutige Teenager seine Bilder und suchte einen Zeichner in der Nachbarschaft auf, um bei ihm zu lernen. Doch er erlebte eine schöne Überraschung. Lee erinnert sich:

Der Comic-Zeichner sagte, dass es nur Zeichnungen wären, keine Manhwas. Er sagte, ein Manhwa müsse eine Geschichte haben, und um eine Geschichte zu schreiben, sollte ich lernen und Kenntnisse erwerben. Sein Ratschlag brachte mich dazu, mich auf die Schule zu konzentrieren. Das war meine größte Motivation für das Lernen.

Dieser wichtige Ratschlag, durch Klugheit und Bildung ein guter Manhwa-Künstler zu werden, ließ den jungen Lee zurück zur Schule gehen. Zum Glück gab es an seiner High School eine Manhwa-Hobbygruppe.

Ich ging jeden Tag nur wegen des Manhwa-Clubs zur Schule. Mein Leben drehte sich um die Arbeit als Leiter des Clubs, die Veröffentlichung von Comic-Büchern und die Organisation von Ausstellungen. Alles, was ich in der Schule lernte, hatte mit Manhwas zu tun. Ich lernte Geschichte für historische Comics und Physik für Science-Fiction-Comics in der Zukunft. Diese Motivation hat sehr gut funktioniert. Ich hatte dieses blinde Vertrauen, dass die Schulfächer mir beim Manhwa-Zeichnen helfen würden.

Für den jungen Lee diente die Schule eigentlich nur als Mittel, um Manhwas zu kreieren, nicht als Sprungbrett auf die Universität. Aber was auch immer der Grund für seine harte Arbeit war, am Ende konnte er sich an der renommierten Yonsei-Universität für das Fach Psychologie einschreiben. Interessanterweise zeichnete er in den nächsten sieben Jahren nicht ein einziges Comic-Bild.

Ich glaube, ich war erschöpft. Ich hatte mich als Jugendlicher zu viel mit Manhwas beschäftigt. Als ich zur Uni ging, fand ich etwas anderes, das mit genauso viel Spaß wie Comics machte, und das war Musik. Ich liebte die Musik, aber ich glaube nicht, dass ich gut darin war. In der High School wusste ich, dass ich eine Begabung fürs Zeichnen habe, aber nicht für Musik. Dann lernte ich, ein Musikinstrument zu spielen und es machte so viel Spaß. Ich hatte fast jeden Tag einen Auftritt. Ich hatte mit Musik angefangen, um ein Musik-Manhwa zu zeichnen, aber nach ein paar Monaten war ich der Musik selbst verfallen.



Sein Interesse verlagerte sich also von Manhwas zur Musik, doch irgendwann erkannte er, dass seine Begeisterung für Musik sein Publikum nicht so sehr fesselte wie sein Talent für Manhwas. Diese Erkenntnis ließ ihn den Zeichenstift wieder in die Hand nehmen. Doch leider hatte er absolut keine Ideen mehr.

Ich war voller Selbstzweifel und Selbstvorwürfe. Wenn ich auf diese Zeit meines Lebens zurückblicke, erkenne ich jetzt, dass ich einen Umweg machte, aber damals verfluchte ich mich selbst, weil ich nicht das machte, was ich am besten konnte und stattdessen alle Energie in die Musik investierte. Andere Webtoon-Künstler waren so talentiert, dass ich das Vertrauen in meine Fähigkeiten verlor. Ich verbrachte damals meine Zeit hauptsächlich mit Selbstmitleid.

Lee spürte, wenn er jetzt aufgeben würde, dann würde er nie mehr in der Lage sein, Manhwas zu zeichnen. Daher bat er einen Freund, der eine Jazz-Zeitschrift herausgab, dort eine Manhwa-Serie zu starten. Lee bat nicht einmal um eine Bezahlung. So begann er seine erste Manhwa-Serie.

Er fühlte sich wie getrieben. Er legte sein Portfolio verschiedenen Online-Verlagen vor, doch der Markt für aufstrebende Manhwa-Künstler war hart umkämpft. Schließlich zahlte sich seine Hartnäckigkeit endlich aus. Er erhielt Unterstützung von der Korea Creative Content Agency und machte mit „The Queen of Investment“ sein Debut als Webtoon-Künstler. Nach der siebenmonatigen Arbeit hatte er schließlich genug Mut angesammelt, um sein Glück bei einem der großen Internet-Portale zu versuchen.

Ich hatte das ganze Jahr lang Ablehnungen gesammelt. Wenn ich einem Webtoon-Manager eine Serie vorschlage, muss ich einen Überblick vorlegen und eine erste Folge zeichnen. Das ist immer ziemlich viel Arbeit. Ich erhielt in zehn Monaten Absagen für sieben verschiedene Projekte.

Die endlosen Ablehnungen untergruben Lees Energie. Er machte noch einen letzten Versuch und bekam endlich eine positive Antwort.

Jeder meiner Bekannten gratulierte mir zum Start einer eigenen Serie. Doch dann bekam ich einen Anruf: die Serie wurde abgesagt! Es war wie ein Schock! Ich war so entmutigt, ich wollte einfach nur noch alles hinschmeißen.

Doch er erkannte, dass er nicht einfach aufgeben durfte. Er musste dafür kämpfen oder es für den Rest seines Lebens bereuen.



Ich blätterte durch mein Notizbuch. Es war gefüllt mit Ideen für Geschichten, die das ganze Jahr über abgelehnt worden waren. Der letzte Eintrag war nur eine Zeile lang: eine Geschichte über einen Psychologen. Ich dachte, ich hatte eh nichts zu verlieren, also fragte ich einen Webtoon-Manager: „Wie wäre es mit einer Geschichte über einen Psychologen?“ Der antwortete: „Sie haben Psychologie studiert, oder? Wann können Sie anfangen?“ Das ganze dauerte nur ein paar Sekunden!

Nachdem die Webtoon-Serie angenommen war, machte Lee drei Monate lang psychologische Recherchen. Er fragte Studienfreunde nach Analysen von Therapiefällen und Behandlungsmethoden und entwickelte dazu seine Geschichten. Die Hauptfigur in seinem Webtoon war Dr. Frost, ein silberhaariger, gut aussehender und brillanter Psychologe in seinen 30ern, der eine Person in nur 0,3 Sekunden durchschauen konnte. Am 9. Februar 2011 wurde die erste Dr. Frost-Geschichte endlich veröffentlicht und wurde bei den Webtoon-Fans gleich ein Hit.

Die Serie befindet sich bereits in der zweiten Fortsetzung. Parallel zur eigentlichen Geschichte veröffentlicht der Autor online Informationen über verschiedene psychische Störungen, von Schlafstörung und Unsicherheit bis zu Liebeskummer und Minderwertigkeitskomplexen. Lee erklärte, dass jeder zum Opfer derartiger Leiden werden kann. Vielleicht war das ausschlaggebend dafür, dass die Serie bei den Lesern so gut angekommen ist.

Frau 1: Seine Geschichten sprechen einen persönlich an und sind massentauglich. Ich kann nicht warten, bis die nächste Folge kommt. Ich bin süchtig danach.

Frau 2: Ich glaube, er bereitet sich gründlich vor. Er ist ein Profi, der sein Bestes tut. Ich denke, er ist einer der besten Manhwa-Künstler.


Vor kurzem zeichnete Lee einen Webtoon über einen Schüler der Danwon High School, der das tragische Fähreunglück im Frühjahr 2014 überlebt hatte.



Als ich mit der Serie anfing, bekam ich einen Anruf von einem überlebenden Schüler. Er sagte nur, dass er den Webtoon mit seinen Freunden sehen wollte. Ich dankte ihm dafür, dass er den Kontakt zu mir hergestellt hatte. Ich fühlte mich erlöst, weil ich nicht sicher war, ob ich ihre Geschichte richtig erzählen konnte.

Mit den Worten von Dr. Frost bittet Lee seine Leser, zu ihrem wahren Selbst zu finden. Er macht ihnen klar, dass die Verdrängung der Probleme, die Vertuschung der Leiden und die Selbsttäuschung, dass alles in Ordnung sei, die Probleme nicht lösen können.

Zuerst wollte ich den Leuten nur Trost und Unterstützung spenden. Das war ein arroganter Gedanke. Jetzt denke ich anders. Ich will, dass mein Webtoon die Leser dazu bringt, sich über ihre Gefühle wirklich klar zu werden. Wenn sie zu dem Schluss kommen, dass sie Probleme haben, dann will ich, dass mein Webtoon sie dazu motiviert, zu einem Psychologen zu gehen und darüber zu sprechen.

Aus dem verträumten Jungen, der eigentlich nur Comics zeichnen wollte, ist ein verantwortungsvoller junger Mann geworden, der seinen Lesern hilft, ihr wahres Selbst zu finden.

Die Redaktion empfiehlt

Close

Diese Webseite verwendet Cookies und andere Techniken, um die Servicequalität zu verbessern. Die fortgesetzte Nutzung der Webseite gilt als Zustimmung zur Anwendung dieser Techniken und zu den Richtlinien von KBS. Mehr >